Der Widerstand
offenbar wollte er über das schweigen, was er gesehen hatte. Auch wenn sein Schwager kein Problem damit hatte, sich in Heldenpose zu schwingen, das Kinn vorzuschieben und den Blick entschlossen in weite Ferne zu richten, ließ er sich nicht im Mindesten zu den Einzelheiten aus, was Dvorak zu der Schlussfolgerung brachte, dass alles noch viel kritischer gewesen sein musste, als er gedacht hatte.
Er wusste nur, dass er unverschämtes Glück gehabt hatte, denn das Projektil hatte nicht die Schlagader getroffen. Und genauso konnte er von Glück reden, dass Wilson während seiner Karriere als Marine fünf Jahre bei der Rettungs- und Bergungseinheit gewesen war. Das Wissen aus dieser Ausbildung hatte er sofort in die Tat umsetzen können, nachdem Dvorak getroffen worden war, indem er einen Druckverband anlegte, der die Blutung weitestgehend stoppte. Dann hatten er und der zu Hilfe geeilte Dennis Vardry ihn gemeinsam vom Schauplatz des Geschehens weg und in die Hütte oder genauer gesagt die Höhle gebracht, bevor sich weitere Shongairi blicken lassen konnten.
Tatsächlich war am nächsten Tag eine Shongair-Patrouille zur Hütte gekommen, die von einem »Führer« der North Carolina State Troopers begleitet wurde. Zum Glück hatte Letzterer den Besuch lange im Voraus angekündigt, sodass Sharon und Jessica mit den Kindern »zufällig« unten am Damm waren, um dort zu schwimmen, während beide Schäferhunde zu Dvorak in die Höhe gebracht wurden.
Die beiden großen Hunde hatten schon immer einen ausgeprägten Beschützerinstinkt gegenüber »ihren« Leuten unter Beweis gestellt, und seit Nimue die sechs Welpen zur Welt gebracht hatte, war sie noch wachsamer. Daher hatte Sharon – aus Dvoraks Sicht völlig richtig – entschieden, unter den gegebenen Umständen die Hunde nicht mit den Aliens in Kontakt kommen zu lassen. Es hätte ihnen gerade noch gefehlt, dass ihre Tiere erschossen worden wären, nur weil sie einen Shongair angeknurrt hatten.
Die Vorwarnzeit reichte auch, um alle Waffen aus der Hütte zu schaffen, ausgenommen ein paar Schrotflinten, Dvoraks altes SMLE .303 Jagdgewehr, dazu vier Handfeuerwaffen, mit denen keiner von ihnen jemals richtig glücklich gewesen war. Wichtig war nur, dass es keine Waffe zu entdecken gab, die in der Lage war, die improvisierte Panzerung der Transportfahrzeuge zu durchschlagen. Nicht nur, dass das unangenehme Folgen nach sich gezogen hätte, sie mussten auch alles abgeben, weil die Shongairi jegliche Waffenfunde beschlagnahmten. Den Aliens fiel auch sonst nichts Verdächtiges auf, weshalb sie sich damit begnügten, Wilson und Alec zu befragen (Veronica als ausgebildete Pflegehelferin hielt sich währenddessen in der Höhle auf, um auf Dvorak aufzupassen). Den Weg zum Damm, den sie hätten zurücklegen müssen, um auch Sharon, Jessica oder die Kinder zu befragen, ersparten sich die Shongairi.
Dvorak war froh darüber, dass er während dieser Zeit immer nur kurzzeitig bei Bewusstsein gewesen war. Wie er hatte einsehen müssen, gab es einige Dinge, bei denen ihm der Mut gefehlt hätte, um sich mit ihnen auseinanderzusetzen. So wäre er wohl vor Angst verrückt geworden, wenn er gewusst hätte, dass die Shongairi in seinem Zuhause waren, ohne zu wissen, was genau mit seiner Familie gerade geschah. Nicht auszudenken, wenn einem der Kinder unabsichtlich irgendetwas herausrutschte.
Die Kinder waren brav und klug, aber sie waren nun mal Kinder , und Erwachsene konnten sie mit geschickten Fragen dazu bringen, dass sie mehr verrieten, als ihnen selbst eigentlich klar war. Vor allem, wenn ein Kind Angst hatte. Und welches Kind war nicht verängstigt, wenn es sah, was mit der Welt ringsum geschah? Ob sie es ihren Eltern gegenüber zugeben wollten oder nicht, all ihre Kinder hatten von Zeit zu Zeit Albträume, und die waren häufiger geworden, seit man ihn angeschossen hatte. Er und Sharon hatten es sich stets zum Prinzip gemacht, auf die Fragen zu antworten, die ihre Kinder ihnen stellten, ganz gleich ob es angenehme Fragen waren oder nicht. So hatten sie es auch gehalten, seit sie sich in die Hütte zurückgezogen hatten. Natürlich gab es immer wieder mal Themen, denen sie lieber aus dem Weg gingen, aber das machten sie dann auf eine Weise, die ihre Kinder nicht erkennen ließ, dass sie eigentlich keine Antwort erhalten hatten. Doch generell verheimlichten sie ihnen nichts, und deswegen waren sie auch auf dem Laufenden, was die gegenwärtige Situation anging. Und sie verstanden auch,
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