Der wilde Planet
das Sprache sehr nahekommt.«
»Rechtfertigen Ihre Beobachtungen eine gründlichere Untersuchung?«, fragte Soltan. »Ihrer Meinung nach?«
Chen blickte zur Richterin auf, als hätte sie etwas sehr Dummes gesagt. »Soll das ein Witz sein?«
»Sie befinden sich hier vor Gericht, Dr. Chen«, grollte Soltan.
»Verzeihung, Euer Ehren«, sagte Chen. »Ich bin nur etwas aufgeregt, weil das alles so unglaublich ist. Jeder Xenolinguist betet, dass ihm so etwas passiert. Was sind das für Wesen? Woher stammen sie?«
»Sie sind von hier«, sagte Holloway.
»Tatsächlich?«, sagte Chen. Dann ging ihm wieder ein Licht auf. »Oh«, sagte er und blickte sich im Saal um. » Oh, Mann! «
»Ja«, sagte Holloway. »Oh, Mann.«
Soltan wandte sich an Meyer. »Haben Sie noch irgendwelche Fragen an Dr. Chen?«
Meyer schüttelte den Kopf. Sie wusste, was nun kommen würde.
Soltan entließ Chen. Holloway musste ihm das Infopanel praktisch aus den Händen reißen.
»Auf Grundlage der Informationen, die mir heute vorgetragen wurden«, sagte Soltan, nachdem Holloway und Chen sich wieder gesetzt hatten, »beschließe ich, dass kein hinreichender Grund besteht, die Zarathustra Corporation anzuweisen, eine Meldung mutmaßlicher Intelligenzwesen einzureichen. Doch allem Anschein nach sind diese Wesen offenbar mehr als nur Tiere. Ob sie die Entwicklungsstufe bewusster Intelligenz erreicht haben, ist eine Frage, die hier niemand – mit allem gebührenden Respekt gegenüber Dr. Wangai und Dr. Chen – definitiv beantworten kann. Hier handelt es sich eindeutig um einen Fall, der weiterer Untersuchung bedarf. Ich werde einen Antrag bei der Kolonialen Umweltschutzbehörde stellen, unter deren Schirmherrschaft die Untersuchung stattfinden wird. Sie wird die benötigten Experten für die weitere Erforschung entsenden, um zu einer Entscheidung bezüglich der Intelligenz der ›Fuzzys‹ zu gelangen. Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Zarathustra Corporation ihren gewohnten Geschäftsbetrieb fortführen, wobei sie sich nun den Richtlinien der KUB , die Nutzung von Welten mit fraglichen Intelligenzwesen betreffend, zu unterwerfen hat. Ich werde diesen Beschluss im Laufe des Tages veröffentlichen. Irgendwelche Einwände, Mrs. Meyer?«
»Keine, Euer Ehren«, sagte Meyer.
»Dann ist diese Anhörung beendet«, sagte Soltan. Sie erhob sich und verschwand in ihrem Büro.
19
Holloway war mit Carl unterwegs und suchte nach einer geeigneten Stelle, wo der Hund sein Geschäft verrichten konnte, als wie aus heiterem Himmel Wheaton Aubrey VII . vor ihm stand.
Holloway blickte über Aubreys Schulter. »Wo ist Ihr Schatten?«, fragte er. »Ich dachte, Sie dürften sich ohne Ihre Leibwache nirgendwo außer im Badezimmer frei bewegen.«
Aubrey ging nicht darauf ein. »Ich will wissen, warum Sie vor Gericht diese Nummer durchgezogen haben.«
»Ich frage mich, welchen Teil Sie als ›Nummer‹ bezeichnen«, sagte Holloway. »Den Teil, dass ich die Wahrheit gesagt habe, oder den Teil, dass ich Ihnen nicht gesagt habe, dass ich die Wahrheit sagen werde.«
»Hören Sie auf mit dem Quatsch! Wir hatten eine Vereinbarung.«
»Nein, das haben wir nicht«, widersprach Holloway. » Sie sagten, dass wir eine Vereinbarung haben. Ich kann mich nicht erinnern, dem zugestimmt zu haben. Daraufhin haben Sie gedacht, wir hätten eine Vereinbarung, und ich habe mir nicht die Mühe gemacht, Sie auf Ihren Irrtum hinzuweisen.«
»Verdammt, das kann doch nicht Ihr Ernst sein!«
»Es ist mein verdammter Ernst«, sagte Holloway. »Und wenn Sie damit vor Gericht gehen wollen, werden Sie feststellen, dass es jede Menge Präzedenzfälle gibt, die meinen Standpunkt stützen. Mündliche Verträge sind ohnehin eine wacklige Angelegenheit, aber mündliche Verträge, bei denen eine Partei nicht hörbar und ausdrücklich ihr Einverständnis gibt, sind nicht einmal die Schallwellen wert, mit denen sie gesprochen wurden. Nicht, dass Sie ernsthaft erwägen, damit vor Gericht zu gehen, versteht sich. Eine Aufforderung zum Meineid ist etwas, das von den Richtern, die ich kenne, nicht allzu gern gesehen wird. Nun weiß ich allerdings nicht genau, ob eine Aufforderung zur Falschaussage vor einer solchen nicht ganz offiziellen Anhörung ein Vergehen darstellt, das einer Freiheitsstrafe würdig ist, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass die vorgeschlagene Vereinbarung auf gar keinen Fall rechtlich bindend ist.«
»Nehmen wir für einen Moment an, dass sowohl Sie als auch ich genau wissen, dass
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