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Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Titel: Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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einverständigen Seitenblick.
    »Madame«, sagte die Stimme meines Vaters hinter mir, »ich bin untröstlich, Euch einen Eurer Anbeter entführen zu müssen, zumal ich nichts Lieberes täte, als mich zu ihnen zu gesellen, aber die Sache duldet keinen Aufschub. Der König befiehlt es.«
    Ich erhob mich auf diese Ankündigung hin, mehr tot als lebendig, und auch Joinville war aufgestanden, tiefbleich, verstört und indem er meinen Vater mit Augen anblickte, aus denen heftigste Angst sprach.
    »Bin ich derjenige«, stammelte er, »den der König sprechen will?«
    »Aber nein, Monsieur. Es ist mein Sohn.«
    Joinville stieß einen großen Seufzer der Erleichterung aus, und Bassompierre, der seinerseits aufstand, legte ihm den Arm um die Schulter und drückte ihn an sich. Die Prinzessin von Conti erhob sich nun auch, und obwohl ich zitterte und Joinville noch ganz verwirrt war, glaube ich mich zu erinnern, daß sie einigen Ärger zeigte, auf einen Schlag ihre knienden Getreuen zu verlieren, und nicht ohne Schärfe zu ihrem Bruder sagte: »Ihr müßt nur warten. Wer Wind sät, wird Sturm ernten.«
    Diese Bemerkung, die zumindest unnötig war, mußte meinem Vater mißfallen, denn er, der Damen gegenüber sonst so liebenswürdig war, grüßte die Prinzessin respektvoll, doch ohne ein Wort, und zog mich am Arm mit sich fort.
    »Wird der König mich tadeln wegen dieser Volte?« fragte ich an seinem Ohr.
    »Aber nein, seid ganz ruhig, darüber hat er nur gelacht. ›Gutes Blut verleugnet sich nicht‹, scherzte er, ›und von beiden Seiten.‹«
    »Was meinte er mit ›von beiden Seiten‹?«
    »Daß Ihr ein Siorac und ein Bourbone seid und also zwiefach ein Damenfreund.«
    »Wie liebenswürdig von ihm. Aber was will er dann von mir?«
    »Daß ich Euch ihm und der Königin vorstelle.«
    »Heißt das, er empfängt mich an seinem Hofe?«
    »Ja. Mit dem heutigen Tag betretet Ihr die Arena. Dort werdet Ihr auf Gladiatoren, Bären, Löwen, Schakale und auch süße Monster mit Frauenköpfen treffen, die nicht minder schrecklich sind. Ihr werdet mit aller Gewandtheit leben müssen: alle Eure Irrtümer werden bestraft werden, und manchmal auch Eure Vorzüge.«
    Obwohl diese Worte mit einem Lächeln gesagt wurden, sprach aus ihnen eine Herausforderung und die Einladung, sich ihr zu stellen. Meine Verwirrung schwand, ich blickte meinen Vater an und lächelte voll Vertrauen.
    »Wir müssen warten«, sagte er innehaltend, »bis die Musik schweigt.«
    »Ich sehe den König nicht.«
    »Er tanzt mit Eurer Patin.«
    »Wie? Bevor er die Moret aufgefordert hat?«
    »Er ist wütend auf sie«, sagte er mir ins Ohr. »Sie soll Joinville gegen ein Eheversprechen nachgegeben haben.«
    »Ein schriftliches?« fragte ich im selben Ton. »Joinville ist doch ein großer Tor.«
    »Pierre«, sagte mein Vater, »urteilt nicht vom hohen Roß Eurer jugendlichen Weisheit herab. Wer weiß, zu welchen Torheiten die Schönen Euch noch verleiten werden! Es gibt mehr als eine Charlotte auf dieser Welt.«
    Er begleitete seine Worte mit einem kleinen Lächeln, das ihnen die Spitze nahm. Und ich steckte sie in die Jagdtasche meines Gedächtnisses, um bei Gelegenheit darüber nachzudenken und mein Wort künftig nicht mehr so leicht zu verpfänden. Armer Joinville! Ich bereute, ihn als Tor abgetan zu haben, denn sicherlich schickte ihn der König nun ins Exil nach Saint-Dizier, was, wie er ja sagte, ›sein Tod‹ sein werde.
    Die Violinen verstummten, die Paare gingen auseinander, mit Ausnahme des Königs und Madame de Guises, die im Gespräch verharrten und, von aller Augen begafft, mitten in dem großen Saal stehenblieben. Diese Neugier wurde mehr als belohnt, denn wenn man auch nicht hörte, was Henri sagte, sah man dafür, wie er aus dem Ärmel seines Wamses ein Samtbeutelchen zog und es der Herzogin wie ein Geschenk überreichte. Sie öffnete das Säckchen eiligst und holte einen hellglänzenden Gegenstand, nicht größer als eine Rosine, hervor, den sie zwischen dem rechten Daumen und Zeigefinger hielt. Selig lachend hob sie ihre Rechte hoch in die Luft und drehte sich zweimal um sich selbst, sie zeigte ihn der Gesellschaft, die zu klatschen begann und Beifall rief. Rot vor Freude, tat Madame de Guise den Stein wieder in das Säckchen und das Säckchen in eine Tasche ihres Reifrocks, dann fiel sie mit ihrem gewohnten Ungestüm Henri um den Hals, der unter dem Ansturm einen Schritt zurückwich, woraufhin alles lachte. Er lachte auch und umarmte seine Cousine

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