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Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman

Titel: Der wilde Tanz der Seidenröcke: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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ist.«
    »Vielleicht fürchtet sie eine Auferstehung?«
    »Papperlapapp! Cousin, werft doch einen Blick in die Runde und sagt mir, ob Ihr meine Mutter seht.«
    »Ich sehe nur Lüster, die schimmern, und Paare, die sich drehen.«
    »Seht noch einmal hin.«
    »Ah, doch! ich sehe zwei Edelleute, die auf mich zukommen. Der eine ist Eures Blutes, und der andere ...«
    »Der andere?«
    »Ist derjenige, dem Ihr zur Begrüßung entgegeneiltet, als er hier eintraf.«
    Ich warf über die Schulter einen Blick auf sie und sah sie erröten.
    »Monsieur, ›eilen‹ ist zuviel gesagt. Ihr seid ungezogen. Eure Zunge sollte vergessen, was Euer Auge sah.«
    »Was mein Auge sah, war ein Gang – der Eure, Madame –, der Anmut und Majestät verband. Soll ich den Herren sagen, daß Ihr hinter meinem Rücken kauert?«
    »Überlaßt die Entscheidung mir.«
    »Mein Kleiner«, sagte Bassompierre, »spielt Ihr schon wieder das Veilchen unter diesem Blätterdach? Joinville und ich, wir suchen Euch. Habt Ihr den König mit Charlotte tanzen sehen?«
    »Welcher Charlotte?« fragte ich. »Mit der, die ihn reizt, oder mit der, die ihn aufreizt?«
    »Wie boshaft!« sagte Joinville. »Natürlich meine ich Charlotte des Essarts.«
    »Dieser Schuft«, sagte Bassompierre, indem er Joinville herzlich beim Arm faßte, »behauptet doch gegen alle Offensichtlichkeit, er habe den König nicht mit Charlotte des Essarts tanzen sehen. Mein Kleiner, was sagt Ihr?«
    »Ich habe den König mit jener Charlotte tanzen und mit dieser Charlotte heftig äugeln sehen.«
    »Hundert Livres verloren, Joinville«, sagte Bassompierre.
    »Nur schade, schade«, meinte Joinville mit einer kleinen Grimasse, »daß ich keinen blanken Sou in der Börse habe. Arme Börse! Es ist so einfach, aus ihr herauszukommen, und so schwer, in sie hineinzufinden! Aber faß dich in Geduld, Bassompierre, ich werde mir das lumpige Sümmchen von der Prinzessin von Conti borgen.«
    »Cousin«, sagte die Prinzessin von Conti hinter meinem Rücken, »bitte, tretet beiseite, damit ich diesen leichtsinnigen Bruder Aug in Auge sehen kann.«
    Ich gehorchte. Als Joinville seine Schwester erblickte, fiel er vor ihr auf die Knie, und Bassompierre auch. Mit leichter Verspätung ahmte ich sie nach, da ich mir so stehend dumm vorkam. Doch gab es Nuancen in den Kniefällen. Joinville kniete aus Berechnung, Bassompierre aus Liebe und ich zum Spiel.
    »Ah!« sagte sie, »so wollte ich alle Edelleute dieses Königreiches sehen: zu meinen Füßen.«
    Sie lachte bei diesen Worten, aber sie sprach die Wahrheit, als Frau und obendrein als hochmütige Frau. Einst hatte der König sie, von ihrer Schönheit und Heiterkeit angezogen, zu seiner Königin machen wollen. Doch auch wenn die Schöne stolz, gewandt, ränkevoll und sehr gewitzt war, befürchtete der König, daß er mit ihr die Familie Guise heiraten und dem Ehrgeiz und der Raubgier dieses schrecklichen Clans zur Beute fallen würde. Allerdings war unser armer Henri mit Maria von Medici dann auch nicht besser gefahren.
    »So, mein Herr Bruder«, fuhr die Prinzessin von Conti fort, »nun zeigt mir doch, wie Ihr es anstellen wollt, von mir diese hundert Livres zu borgen.«
    »Ehrlich gesagt«, sagte Joinville mit einer Mischung aus Demut und Einsicht, die ich ziemlich rührend fand, »ich weiß es nicht. Mir scheint, es läuft schief.«
    »Tatsächlich«, sagte sie. »Ich bin ja bereit, für Monsieur de Bassompierre so mancherlei zu tun, nur nicht, Eure Schulden bei ihm zu bezahlen.«
    In demselben Satz eine schroffe Weigerung für den einen und ein zärtliches Versprechen für den anderen einzuschließen dünkte mich sehr geschickt. Und ich sah wohl, daß Bassompierre, so vorsichtig er auch sein mochte, gierig anbiß.
    »Aber das ist doch nicht der Rede wert!« sagte er. »Ein Wort von Euch, Madame, und ich tilge die kleine Schuld aus meinem Gedächtnis.«
    »Dieses Wort werdet Ihr nicht hören«, sagte die Prinzessin von Conti, indem sie sich auf einmal hinter einer weiblichen Zurückhaltung verschanzte, an der sie es soeben kühn hatte fehlen lassen. »Um nichts in der Welt, Monsieur, möchte ich die großmütigen Gefühle mißbrauchen, die ich an Euch mir gegenüber erkenne. Und überdies würde ich meinem Bruder einen üblen Dienst erweisen, wenn ich seine kleine Sünden auf mich nähme – ich habe an den meinen genug!« schloß sie mit einem kleinen, sehr hübschen Lachen und schenkte Bassompierre, indem sie den Kopf elegant umwandte, einen höchst

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