Der Willy ist weg
neue Frontscheibe von der Autoverwertung Sültenfuß. Ein langer Blick auf das Werkzeug, dann zog ich die Schiebetüre zu. Überprüfte noch mal, ob die beiden Leitern auf dem Dachgepäckträger auch richtig verzurrt waren. Waren sie. Wir konnten los.
Poppel kam wieder raus, in Jeans und Turnschuhen, das graue Haar hinten durch den Riemen einer Basketballmütze mit der Aufschrift 49ers gezogen, das Gesicht darunter noch einen Hauch röter als normalerweise. Er wirkte wie ein Muster von einem deutschen Handwerker, mit einem Brummschädel am Montagmorgen und null Bock.
Wir stiegen ein, ich kontrollierte noch mal im Innenspiegel den Sitz meiner Original-Willy-HeckhoffSeitenscheitel-Perücke, setzte mir das Original-Willy-Heckhoff-Glasbaustein-Modell von Brille auf die Nase und zwängte mir das Original-Willy-Heckhoff-Replica-Gebiss über die Schneidezähne. Lauter Artikel, die im Fuckers' Place zu Dutzenden herumflogen. Seit Willys letzter Geburtstagsparty, der unvergesslichen Fete unter dem schönen Motto: >Wir sind alle Willy<.
Zu meiner Zufriedenheit kostümiert startete ich den Motor, und wir röhrten die Einfahrt hinunter.
Niemals zuvor und niemals wieder danach habe ich jemanden so lachen sehen wie Willy an jenem Abend.
Wir bogen im Zockeltempo in die Bleichstraße, und am anderen Ende setzte der Manta von Schissers Mama den Blinker, zog aus einer Parklücke und fuhr davon.
Die Luft ist rein, hieß das.
Das Haus zeigte mit seinem Giebel zur Straße, von der es nur durch einen schmalen Vorgarten getrennt wurde, dunkel und trist um diese Jahreszeit, ein mächtiger Rhododendron das einzige Grün. Gedrehte, gebogene und verschnörkelte Gitter vor sämtlichen Erdgeschossfenstern, von denen die meisten bunt- und bleiverglast waren wie die von Vorortkneipen. Dazu die vom Alter nachgedunkelte Klinkerfassade, und die ganze Hütte sprach: Spießerhölle.
Zwischen den Platten in der Einfahrt rechts vom Haus wuchs das Gras, was zeigte, dass sie selten benutzt wurde. Fußgängerhaushalt. Auch die Hausnummer stimmte, wir waren also richtig. Ich lenkte den Transporter die Einfahrt hoch bis vor die Garage. Stieg aus, zog mir ein Paar Arbeitshandschuhe über und klingelte ausgiebig an der massiven Haustür. Nur für den Fall.
»Ftell fonmal die Leiter auf«, rief ich Poppel zu. Diese Scheiß-Zähne. Davon abgesehen gab es nicht den geringsten Grund, sich leise zu verhalten. Im Gegenteil. Ich klingelte noch mal. Niemand öffnete.
Ein Blick auf die Uhr verriet mir, uns blieben etwa zweieinhalb Stunden. Ein Blick in den Himmel, und von Westen her schienen Wolken heranzuziehen. Das war nun nicht so schön, aber nicht zu ändern.
Also, dachte ich, prüfte die Leiter auf sicheren Stand und begann den Aufstieg.
»Jetft gib mir die Dachleiter an.«
Poppel spurte nur so. Er mochte von mir als Detektiv nicht viel halten, dieses ganze Junkie-Reimport-Business beeindruckte ihn nicht die Bohne, doch als Einbrecher hatte ich den Ruf eines Profis, und er schien begierig, etwas zu lernen.
Ich hängte die Dachleiter in einen Leiterhaken, legte sie auf die Fläche der Pfannen und kraxelte hoch bis knapp unter den First. Obwohl ich meinen Atem sehen konnte, war mir eigentümlich warm, und obwohl ich dabei war, ein Delikt zu begehen, war mir eigentümlich heiter zumute. Bei den Nachbarn zur Rechten, den mit den Hausangestellten, wenn ich mich recht erinnerte, erschien das verkniffene Gesicht einer mittelalten Frau hinter einer der Scheiben im ersten Stock und wollte und wollte sich nicht weiterbewegen. Ein Fan. Nach kurzer Überlegung schickte ich ihr eine richtige Breitseite von einem Heckhoff'schen Smile rüber und kniff ihr ein scharfes Auge durch meine dicken Gläser, doch anstatt sanft errötend dahinzuschmelzen, zog sie nur mit einem scharfen Ruck die Vorhänge zu und ward nicht mehr gesehen.
Dann nicht, dachte ich und fing an, Pfannen aufzunehmen.
»Pack daf Werkpfeug unten vor die Hauftür!«, kommandierte ich, schließlich hatte ich den Mann nicht nur zum Zukucken mitgenommen.
»Den Brenner und Gas und Sauerstoff auch?«, kam es von unten, und ich zuckte ein bisschen. Nicht unbedingt die übliche Antennenbauer-Ausrüstung, das. Mehr was für Klempner. Oder Schränker.
»Nein«, antwortete ich, verhalten, und wünschte, ich könnte ihm eins vor sein Schienbein geben für seine Blödheit, »erftmal nicht!«
Nach und nach legte ich eine Fläche von ziemlich genau einem Quadratmeter frei und spähte durch das Loch. In den
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