Der Willy ist weg
hungrig, jetzt, wo sie sich ausgeschissen hatte. Doch erst mal musste ich die Kacke wegmachen. Bloß wie . reiben, wischen, oder warten, bis es eingetrocknet war, und staubsaugen .
Ja, gut. Ja, ich komm ja schon! Ja, hier. Friss deinen Glibber und halt die Schnüss.
Schließlich griff ich mir ein Messer und schnitt kurz entschlossen einen großen Kreis um den Haufen, nahm das Stück heraus, rollte es zusammen und stopfte es draußen in die Tonne. Sah nicht so toll aus, jetzt, mein Boden, aber die Alternativen waren undenkbar gewesen.
Scheiß drauf, sozusagen.
Ich steckte mir eine Pudelmütze und eine Willy-HeckhoffBrille ein und holte den Toyota aus der Seitenstraße, in der ich ihn versteckt hatte. Keiner brauchte fürs erste von der Existenz dieses Autos zu erfahren.
Mit einem Stadtplan und der Liste der D-Punkt-Meiers auf den Knien rollte ich los, die Gedanken halb woanders.
Was für ein Interesse könnte Roth-Bichler an einer Entführung seines Mündels haben? Gar keins. Er konnte ja noch nicht mal das Lösegeld raustun, um es dann selber einzusacken. Es ließ sich also für ihn nichts verdienen daran, kein Nutzen daraus ziehen. Außer, wenn Willy nicht wieder auftauchte .
An der Ecke der Johann-Wolfgang-von-Goethe-Allee parkte ein unauffälliger VW Passat. Obwohl ich eigentlich geradeaus weitergewollt hatte, bog ich ab in die Allee und strich sie in normalem, eher zügigem Tempo hinunter. Vor dem Fuckers' Place parkte ein unauffälliger Ford Granada, und am Ende der Straße eine weiterer, unauffälliger Passat. Allen drei Autos war gemein, dass sie in nicht aufpreispflichtigen Farben wie Senfgelb, Ketchuprot und Mayonnaiseweiß lackiert und mit jeweils drei männlichen Passagieren besetzt waren.
Keine hundert Meter weiter, auf dem Parkplatz eines Hotelrestaurants, wartete ein voll besetzter Mannschaftswagen in offiziellem Polizeigrün.
Mir rang sich ein tiefes Seufzen ab, fast schon ein Stöhnen. Musste das jetzt sein? Hatte ich nicht genug an den Hacken?
Von der Telefonzelle an der Ecke rief ich zu Hause an und hörte, noch während ich mit Charly sprach, schon diverse Klospülungen rauschen, dann stellte ich den Wagen wieder in der Seitenstraße ab, ließ Pudelmütze und Brille auf dem Sitz liegen und ging gemessenen Schrittes zurück ins Haus.
Kaum drin und Dingdong, schon klingelte es ziemlich laut an der Türe.
»Alle Mann in die Küche«, rief ich, »mit den Händen auf dem Tisch. Und lasst sämtliche Türen offen stehen!«
»Hast du jetzt das Kommando?«, maulte Schisser, und Charly knurrte ihn an, wenn's ihm nicht passe, könne er sich ja mit einem Messer bewaffnen und in seinem Zimmer verbarrikadieren. Nur solle er sich anschließend, bitteschön, nicht beschweren, wenn er über den Haufen geschossen werde.
Dingdongdingdong, und ich ging hin und öffnete. Mendenkommissarkripomülheim stand da, einen Schritt dahinter flankiert von Baer und dessen Assi Wolfgang, beide, anders als ihr Anführer, sichtlich nervös und, man spürte es, nicht völlig einverstanden mit dessen Vorgehensweise. Ihr Anblick zeigte mir, wie klug und weitsichtig es mal wieder von mir gewesen war, Poppel nach Duisburg geschickt zu haben.
Menden holte seine Dienstmarke aus der einen, einen richterlichen Durchsuchungsbefehl aus der anderen Manteltasche, während seine beiden Kollegen steif dastanden und kratzig knarzende Kurzwellenempfänger und dunkel dräuende Dienstwaffen umklammert hielten.
»Aber kommen Sie doch bitte herein«, bat ich, nach einem förmlichen Blick auf Wisch und Marke, und überhörte das hässlich nachgeäffte Aber kommen Sie doch bitte herein aus der Küche. Draußen, auf dem Rasen und der Einfahrt, schwärmte ein olivgrün kampfangezogenes Kommando in Springerstiefeln, Schutzwesten, Sturmhauben und schwarzer Schminke um die Sehschlitze nach allen Seiten aus, automatische Angriffswaffen im Anschlag, und machte, zumindest wie ich es sah, jede Form von Outlaw-Biker-Macho-Widerstandsgehabe ebenso überflüssig wie lächerlich wie letzten Endes gefährlich. Alles hat seine Grenzen, und die der Auflehnung gegen die Staatsmacht sind viel enger gezogen, als man es, selbst vor sich selber, zugeben mag.
Menden kreuzte die Schwelle, als ob er einer Einladung zum Kaffeekränzchen folgte, doch Baers und Assi Wolfgangs Blicke zuckten wie die von Reptilien, und ich konnte hinter ihren fiebrigen Stirnen die Schlagzeile >Kripobeamte als Geiseln genommen und bei Erstürmungsversuch tödlich verletzt<
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