Der Willy ist weg
auf dem Flyer, dem Band an der Brücke, der Plakatwand, und dann fummelte ich den Haustürschlüssel ins Schloss, stutzte heftig und sah noch mal hoch in den Himmel, doch da war das Flugzeug samt Banner schon hinter dem Nachbargiebel verschwunden, also sprang ich zurück zum Wagen, holte den Flyer heraus und zerrte auch eine in Gelb und Rot gehaltene Wurfsendung aus dem Briefkasten, überflog beides, zerknüllte beides, stürmte ins Haus und krallte mir das Telefon.
»Was soll das heißen?«, bölkte ich, kaum dass am anderen Ende jemand abgenommen hatte, »Neueröffnung am Zweiundzwanzigsten?«
»Tja«, kam es mit einiger Selbstzufriedenheit zurück, »auch ich habe schon mal gute Ideen. Einfach einen Tag vorverlegt, den Termin! Die Monteure sind natürlich ein bisschen bitter, doch damit, denke ich, schlagen wir dem Attentäter ein Schnippchen. Vermasseln ihm seine große Tour, bei der Eröffnung und am Tag mit einer Primzahl zuschlagen zu können. Haha. Trotzdem werden wir natürlich alles andere wie besprochen arrangieren. Nur, dass Ihre Leute halt schon heute Abend erscheinen müssen, anstatt morgen erst, und dann sowohl morgen als auch übermorgen den ganzen Tag ihren Security-Dienst versehen werden.«
Heute Abend schon? Die verfluchten Entführer würden heute Abend anrufen, und ich würde es nicht wagen, sie noch mal hinzuhalten .
»Das wird nicht gehen«, begann ich, fieberhaft nach einer Lösung suchend.
»Sie machen wohl Witze«, schnappte Ragobert mit im Umgang mit Lieferanten und unterbezahlten Angestellten gewohnter Autorität. »Wir haben einen Vertrag, Herr Kryszinski. Lesen Sie sich mal den Absatz über Konventionalstrafen durch«, riet er und hängte ein.
Ich trommelte alle, die da waren, in der Küche zusammen und verabreichte ihnen die Neuigkeiten. Die meisten nahmen die Dinge gelassener als ich. Zumindest, so die Haltung, geschah etwas.
»Falls es zu einer Geldübergabe kommt, müssen wir so oder so improvisieren«, meinte Charly. »Die werden das kurzfristig durchziehen wollen. Ich vermute mal, heute Nacht noch. Schließlich sind die Moppen dann ja endlich da. Und um die Frittenbude heute Nacht zu bewachen, dazu reichen zwei, drei Mann. Der Rest wird wohl mal für zwei Stunden weg können, um den Ort der Übergabe auszuspähen, oder was meinst du?«
Was ich meinte? Oh, ich meinte eine Menge. Ich meinte zuviel auf einmal. So meinte ich, zum Beispiel, dass dem Fuckers' Place ein Einbruch oder ein Überfall ins Haus stand, weil Dr. Roth-Bichler alles daran setzen würde, seine inkriminierenden Akten zurückzukriegen und wahrscheinlich uns verdächtigte. Und der gute Notar hatte, wenn ich Lazio Cinosils Ausführungen glaubte, höchst unangenehme Verbindungen.
Um nicht zuviel erklären zu müssen, machte ich nur ein paar Andeutungen über erhöhte Wachsamkeit, die mit routinierter Abgeklärtheit zur Kenntnis genommen wurden. Erhöhte Wachsamkeit war fast so etwas wie Alltag bei uns.
Dann ging ich mit Charly das Ergebnis seiner Telefonbuchrecherche durch.
»Deliah Meier habe ich keine einzige gefunden, aber dafür siebzehn D. Meiers im näheren Umkreis und in sämtlichen bekannten Schreibweisen. Vier davon habe ich erreicht, und man kennt dort keine Deliah. Das sind die Durchgestrichenen. Bei fünfen ging der Anrufbeantworter dran mit entweder 'nem anderen Vornamen oder nur die Wiederholung der Rufnummer, allerdings nicht mit Deliahs Stimme. Da habe ich mal überall ein Fragezeichen hintergemacht. Bei den restlichen acht Nummern hat keiner abgehoben.«
Alle acht Nummern waren auch mit Adressen versehen.
Gut.
»Hast du schon mal dran gedacht, dass sie auch bei ihrer Mutter wohnen könnte? Dann aber gute Nacht.«
Hatte ich nicht. Scheiße. Darum tat ich es jetzt. Und schüttelte den Kopf.
»Sie wohnt allein«, sagte ich. »Sonst hätte sie die verfluchte Katze nicht mit hierhin gebracht.« Apropos ...
Die verfluchte Katze hatte mir inzwischen fett auf den Teppich geschissen. Das verfluchte Katzenklo stank nämlich in der Halle vor sich hin, und ich hatte beim Rausgehen heute Morgen wie immer die verfluchte Türe zugemacht. Und jetzt beschwerte sie sich auch noch, das blöde Vieh. Dabei war ich es, der ihren Dreck wegmachen musste . Dünnpfiff, natürlich. Komplett eingezogen in die dämliche Auslegware. Vierhundert Mark hatte ich dafür gelatzt. Und dann noch selbst verlegt.
In den höchsten Tönen quietschend schlich mir das kleine schwarze Miststück um die Beine. War wahrscheinlich
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