Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Willy ist weg

Der Willy ist weg

Titel: Der Willy ist weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
Vom Netzwerk:
Bemerkungen kommen: Ich rede von den Bewegungen auf der Landkarte. Und reagiere auf jede Form von Anspielung auf meine Ex-Geliebte etwas empfindlich. Also, Vorsicht.
    Der Schwede hatte sich bei unserem gemeinsamen Frühstück als den >verlängerten Arm eines verlängerten Armes< bezeichnet. Ich hatte nicht ganz verstanden. »Diese Schutzgeldschiene ist somit Einnahmequelle und, wenn man so will, Deckmantel zugleich. Denn was immer ich auch tue, es wird sich selbst bei Aufdeckung stets als kriminelle Machenschaft erweisen. Als ordinäres Verbrechen. Und das ist gut so.«
    So richtig verstand ich, ehrlich gesagt, immer noch nicht. Und was das mit Deliah und Willys Entführung zu tun haben könnte, verstand ich am allerwenigsten.
    »Sagt Ihnen der Name >VS Fertest< etwas?«, hatte er mich gefragt. Es war der Name eines Kontos, auf das Roth-Bichler großzügige Summen weitergeleitet hatte, überwiesen von zahlreichen, wie es schien, Spendern, denn Rechnungen oder Ähnliches waren für die eingegangenen Beträge nie gestellt worden. Und genau diese Kontenbewegungen waren es, die dem Schweden eine Kühlbox voll falscher Dollars wert gewesen waren. »Wer oder was steckt hinter VS Fertest?«, hatte er gefragt, und ich hatte es ihm auch nicht beantworten können.
    Ich rannte. Zwei Kilometer in, wie es schien, unter zehn Sekunden. Schlitterte in die Tankstelle, pumpte die fünf Liter ab, zahlte und rannte zurück.
    Wir mussten sämtliche Essener D-Punkt-Meiers ausfindig machen und die Verfolgung wieder aufnehmen, wir mussten großräumig ausschwärmen, alle Mann. Keuchend ließ ich den Sprit in den Tank gurgeln, schmiss den Kanister ins Gebüsch, fiel hinters Lenkrad, orgelte den Motor ins Leben und boxte mich mit einem Ruck hinein in den fließenden Verkehr.
    Gab es eine Verbindung von >VS Fertest< zu Deliah? Wer war >Er<, von dem Roth-Bichler gesprochen hatte? Was sollte das Gefasel vom >Großen Knall    Doch all das sollte mich im Moment nicht jucken. Ich trat das Gas.
    Zum Abschied hatte er noch mal sein Angebot einer Zusammenarbeit zwischen ihm und uns wiederholt, und ich hatte versprochen, es weiterzuleiten. Für mich, hatte ich entschieden, war das allerdings nichts. Genau wie mir unser Geldeintreibergewerbe bis dorthin stand. Schon lange. Ich sah meine Zukunft woanders.
    Zukunft, ja.
    Mit einem Hitzeschwall fiel mir McDagobert's ein. Ich sah auf die Uhr. Instinktiv verstärkte ich meinen Druck aufs Gas. Was fruchtlos blieb. Das Pedal lag schon platt auf dem Boden, Drosselklappen voll am Anschlag.
    Das Fuckers' Place lag im Dunkeln. Ich war entsetzt.
    »Wo sind die Externen?«, schrie ich Scuzzi an, den ich einsam und allein in der Halle sitzend vorfand, auf Armlänge neben dem Telefon.
    »Wir sind gefickt«, war seine wenig präzise und meinen Zustand nicht unbedingt stabilisierende Antwort.
    »W-w-w?«, machte ich, atemlos. Das Haus sollte schwärmen vor Gran-Canaria-Heimkehrern, der Parkplatz voll sein mit Motorrädern, ich hatte vorgehabt, eine hochmobile kleine Streitmacht zu kommandieren, und jetzt stand ich hier, allein mit Scuzzi, dem Drogisten, dem Popsoftie, dem führerscheinlosen Gelegenheitsschwarzfahrer.
    »Fluglotsenstreik«, erklärte er.
    »Vierundzwanzigstündiger Warnstreik. Vor morgen Abend keine Flüge hin oder her. Und sowohl die Entführer als auch Edwin Knauff haben schon angerufen und gefragt, wo du bleibst.«
    Ach du Scheiße. Immer alles auf einmal. Aber immer. Ich hatte den Vertrag mit McDagobert's - von mir eilig, ja hastig unterschrieben, repräsentierte er doch, selbst abzüglich der Bezahlung der Jungs, immer noch den Gegenwert einer Elfhunderter Suzuki - nach dem letzten Gespräch mit Ragobert noch mal vorsichtig hervorgeholt und mit spitzen Fingern die eine Ecke hoch gehoben, unter der man die Klausel >Vertragsstrafen< erspähen konnte, und war seitdem das Gefühl nicht mehr losgeworden, mit einer Schlinge um den Hals an den Eiern eines verkaterten Elefantenbullen festgezurrt zu sein.
    Doch da war ich, wie es schien, und wie es ja angeblich immer ein Trost ist, nicht der einzige. Edwin Knauffs angehende McDagobert's-Filiale schwärmte nur so vor Handwerkern mit nur für sie sichtbaren Stricken um ihre Verbindung zwischen Kopf und Rumpf.
    Der erste, und bleibende, Eindruck war der, Leuten beim unendlich verzögerten Umfallen zuzusehen. Schwer zu sagen, wie viele Stunden ohne Pause die Monteure mittlerweile hinter sich gebracht hatten, doch es waren eindeutig ein paar Dutzend zuviel. Das

Weitere Kostenlose Bücher