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Der Wind der Erinnerung

Der Wind der Erinnerung

Titel: Der Wind der Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kimberley Wilkins
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warm, ehrfürchtig. Wie im Fieber drückte sie sich an ihn.
    »Komm mit mir nach oben, Charlie«, murmelte sie.
    »Ich bin voller Ruß und Asche.« Er machte sich lachend von ihr los. Dann aber wurde er wieder ernst. »Beattie, bist du dir wirklich sicher?«
    »Ja, das bin ich.«
     
    Danach lagen sie lange im Sonnenschein, der durch die offenen Vorhänge hereinfiel, ein Gewirr aus Gliedmaßen und abgelegten Kleidungsstücken. Durch das Fenster drang die warme Morgenluft herein, vermischt mit dem beißenden Geruch von Rauch und zerdrücktem Eukalyptus. Charlies Finger malten Muster auf ihre linke Schulter, während sie auf seinen Herzschlag horchte.
    »Ich muss dir etwas sagen, Beattie.« Seine Stimme klang rauh von Rauch und Müdigkeit.
    »Na los.«
    »Ich liebe dich schon lange.«
    Sie lächelte, obwohl er ihr Gesicht nicht sehen konnte.
    »Was machen wir jetzt?«
    »Die Welt vergessen und einander lieben.«
    Er schwieg, und als sie das nächste Mal zu ihm sah, war er eingeschlafen.

[home]
    Dreiundzwanzig
    H enry saß bei laufendem Motor im Wagen und fragte sich, warum zum Teufel Molly so lange brauchte. Sie hatten Lucy zu Beattie gebracht und auf dem Rückweg in Lewinford angehalten, weil Molly unbedingt etwas zu essen für unterwegs kaufen wollte.
    In letzter Zeit hörte sie gar nicht mehr auf zu essen, ihre Kleider wurden allmählich zu eng. Henry hatte die Vorstellung verdrängt, wie schlank und durchtrainiert Beattie dagegen aussah.
    Nicht dass er sie zurückhaben wollte. Seine Gefühle waren vor langer Zeit erkaltet.
    Warum musste Molly nur so trödeln? Sie wusste doch, dass er immer schlechter Stimmung war, wenn er sich von seinem kleinen Mädchen verabschiedet hatte. Das Kind war das Einzige auf der Welt, das ihn glücklich machte: Alles andere – Geld, eine gute Stelle, eine treue Ehefrau – war nichts dagegen. Nur Lucy erfüllte sein Herz wirklich mit Glück.
    Henry schaltete den Motor aus, überquerte die Straße und betrat den Kolonialwarenladen. Molly stand mit fasziniertem Gesichtsausdruck am Tresen. Die junge Frau und der schmierige Mann dahinter sprachen abwechselnd mit leiser Stimme auf sie ein.
    »Molly? Bist du so weit?«
    Sie drehte sich um. Ihr Gesicht war ganz blass.
    »Was ist denn los?«, fragte er ungeduldig. Sie regte sich immer über alles so auf.
    »Ich habe gerade etwas ganz Fürchterliches über Beattie erfahren.«
    Henrys Rücken kribbelte gereizt. Er liebte sie nicht mehr, doch sie war Lucys Mutter, und alles, was Beattie herabsetzte, setzte auch Lucy herab.
    »Komm jetzt, Molly«, sagte er.
    Sie nahm ihre Einkäufe und eilte aus dem Laden. Dann funkelte er das Paar hinter der Theke wütend an und ging hinaus in den Sonnenschein.
    Molly wartete im Wagen, in der Hand eine Schachtel Pralinen.
    »Ich wünschte, du würdest nicht auf diesen Klatsch hören, Molly.« Er ließ den Motor an und fuhr auf die Straße. »Das ist unter deiner Würde.«
    »Wir sollten doch wohl wissen, welcher Frau wir unser Kind anvertrauen, Henry. Wenn wir es nicht tun, sind wir schlechte Eltern.«
    Unser Kind.
Henry zuckte zusammen. »Lucy ist ebenso sehr Beatties Tochter wie meine.«
    »Ja, aber du hast eine gute, fromme Frau geheiratet, und ich bin Lucy eine gute Mutter. Der Mann, den Beattie für sie als Vater ausersehen hat, ist hingegen entsetzlich.«
    Er verspürte einen leisen Stich der Eifersucht. Woher kam der nur? Er wollte Beattie nicht mehr, ganz sicher nicht. »Wie meinst du das?«
    »Es heißt, sie hätte sich einen Liebhaber genommen.«
    Henry schaute zu Molly hinüber, die sich die Finger ableckte.
    »Weiter.«
    Sie legte eine dramatische Pause ein. »Charlie. Den Schwarzen.«
    Henry starrte auf die Straße, die unter dem Wagen verschwand, und schwieg lange. In Wirklichkeit war es ihm egal, ob Menschen schwarz, weiß oder grün waren. Charlie schien ein einfacher Kerl zu sein, aber anständig. Dennoch verstörte ihn die Neuigkeit. Lag es daran, dass er sich ausmalte, wie der Bursche Beattie so berührte, wie er es früher getan hatte? Oder lag es an Mollys Hinweis, sie könnten schlechte Eltern sein?
    »Ich sehe, du denkst genau wie ich«, sagte Molly. »Wir müssen etwas unternehmen.«
    »Beattie kann sich aussuchen, wen sie liebt«, sagte Henry, doch seine Stimme klang gepresst.
    »Ich finde es abscheulich«, fuhr sie fort, als hätte er nichts gesagt; und bald zweifelte er selbst an seinen Worten. »Stell dir nur vor, wie er unserem kleinen Mädchen einen Gutenachtkuss gibt.«
    Sein

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