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Der Wind der Erinnerung

Der Wind der Erinnerung

Titel: Der Wind der Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kimberley Wilkins
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Stunden entfernt. Wenn sie nicht im Dunkeln laufen wollten, mussten sie jetzt aufbrechen.
    Doch wie sollte sie ihrem kleinen, erschöpften Mädchen erklären, dass es im Regen gehen musste? Und so stand sie da wie angefroren und wartete auf ein Zeichen. Doch das gab es nicht, nur die grausame Realität, diesen schweren Moment.
    »Lucy«, sagte sie, »es tut mir leid, aber wir müssen wieder auf die Straße und weitergehen.«
    »Wieso?«
    »Weil starke Leute weitermachen, auch wenn alles ganz schlimm aussieht.«
    Lucy stellte sich entschlossen neben sie und streckte die Hand aus. »In Ordnung, Mummy.«
    Beattie nahm die kleine Kinderhand, und sie gingen in den Regen hinaus.
    Sie liefen Meile um Meile, während der Regen zwar weniger wurde, jedoch nicht aufhörte. Der Pappkarton unter ihrem Arm war durchnässt und fiel allmählich in sich zusammen. Tapfer setzte Lucy einen Fuß vor den anderen, und Beattie sah den ersten Hoffnungsschimmer. Sie würden es nach Lewinford schaffen, weit konnte es nicht mehr sein, und Margaret würde sie aufnehmen. Dort würden sie ein neues, einfaches Leben ohne Angst beginnen. Allmählich wurde der Regen leichter und hörte schließlich ganz auf. Tief unten am Horizont kämpfte sich ein Sonnenstrahl durch die Wolken.
    Sie bogen um eine Kurve, gewiss konnte es nur noch eine halbe Stunde sein. Dann sah sie es.
    Die Straße war durchschnitten, der Damm, der über den Bach führte, überflutet. Der Bach selbst war zu einem reißenden braunen Strom geworden. Beattie blieb stehen, und Lucy stoppte hinter ihr.
    Sie konnte keinen klaren Gedanken fassen. Was sollte sie jetzt tun? Umzukehren und eine andere Überquerung zu suchen war unmöglich. Sie kannte den Weg nicht, und Lucy war erschöpft. Sie konnte nicht warten, bis das Wasser abfloss. Vielleicht regnete es weiter, dann würden sie noch nasser als zuvor. Außerdem wurde es nun immer kälter. Sie würden sich den Tod holen, wenn sie nicht ins Warme und Trockene gelangten. Sie wollte nur noch weinen. Sich hinsetzen, den Kopf auf die Knie legen und schluchzen.
    »Warte hier«, sagte sie zu Lucy und stellte den Karton auf den Boden.
    Sie näherte sich dem Damm und bemerkte, dass sich Äste und Unrat am Rand gesammelt hatten. Also konnte das Wasser nicht allzu tief sein. Ganz vorsichtig stellte sie einen Fuß auf den Damm. Das Wasser umtoste ihre Knöchel. Noch ein Schritt. Auch nicht tiefer. Ganz langsam ging sie vorwärts und maß so die gesamte Überquerung ab. Das Wasser floss schnell, war aber nicht tief. Wenn sie Lucy hinübertrug …
    In diesem Augenblick drehte sie sich um und sah, dass ihre Tochter nicht auf sie gewartet hatte. Sie kämpfte sich durch das Wasser, das ihr bis zu den Waden reichte, vorwärts.
    »Nein, Lucy!« Sie watete zurück, doch ihre schlammigen Schuhe und das reißende Wasser verlangsamten ihren Schritt.
    Dann bewegte sich der Unrat am Rand des Damms. Zuerst rutschte er zur Seite, riss sich dann mit einer gewaltigen Bewegung los und zog Lucy den Boden unter den Füßen weg. Sie stürzte und wurde vom Damm gespült. Ein Stück weiter klammerte sie sich an einen niedrigen Ast.
    »Lucy! Lucy!«, schrie Beattie. Sie rannte zurück ans Ufer, streckte sich flach auf dem Boden aus und angelte nach Lucys Arm.
    »Daddy! Daddy!«, heulte das kleine Mädchen.
    »Nimm meine Hand!«
    Lucy griff danach … doch es fehlte ein winziges Stück.
    »Ich will zu Daddy!«
    Beattie schob sich weiter vor, wohl wissend, dass sie beide verloren wären, wenn auch sie in den angeschwollenen Bach fiel. »Bitte, versuch es noch einmal.«
    Wieder streckte Lucy den Arm aus, verlor aber den Halt am Ast. Beattie spürte noch ihre Finger, dann war sie im Wasser verschwunden.
    » NEIN !«
    Plötzlich ertönte ein lautes Klatschen. Ein Mann sprang vom anderen Ufer des Baches ins Wasser. Sie hatte keine Ahnung, woher er gekommen war, sie sah nur einen glatten, nackten Rücken, der die Farbe von Milchkaffee hatte, im Wasser verschwinden. Kurz darauf tauchte er wieder auf und hielt Lucy in den Armen.
    »Lucy!«, schrie sie.
    »Mummy«, stöhnte das Mädchen ängstlich und wand sich in den Armen des Fremden.
    Wenigstens atmete sie. »Halt dich an ihm fest! Ganz fest!«
    Der Mann kletterte aus dem Wasser und legte Lucy vorsichtig auf das mit Gestrüpp bewachsene Ufer. Dann richtete er sich auf und lächelte strahlend. »Ich komme rüber und hole Sie.«
    Tränen brannten in ihren Augen. »Danke. Vielen, vielen Dank.«
    Sie lief los, um ihren Karton zu

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