Der Wind über den Klippen
Espooer Rettungsdienstes und einen Kommissar der Schutzpolizei erkannte.
»Hauptkommissarin Kallio vom Gewaltdezernat, guten Tag.
Man hat uns gerufen, weil Verdacht auf Brandstiftung besteht.
Gibt es Hinweise auf den Täter?«
Ein großer, durchtrainiert wirkender Mann ohne Atemmaske gab mir die Hand und stellte sich als Betriebsleiter Kaarela vor.
»Das waren bestimmt dieselben Nachwuchsterroristen wie im letzten Frühjahr. Damals hat die Polizei auch keine eindeutigen Beweise gefunden«, sagte er verbittert. »Und der Staat lässt das zu! Wir werden daran gehindert, unser Gewerbe auszuüben, Menschen sind in Lebensgefahr, und die stehen da drüben und lachen sich ins Fäustchen. Ist die Polizei denn machtlos?«
Den Schutzpolizisten zufolge gab es bisher keinen Hinweis darauf, dass die Revolution der Tiere den Brand gelegt hatte.
Allerdings waren die Demonstranten sicher nicht zufällig gerade jetzt aufgetaucht.
»Da sind Menschen drin, zum Donnerwetter!«, rief Kaarela verzweifelt. »Diese Kinder da werden noch zu Mördern, nun nehmt sie doch endlich fest, verdammt nochmal!«
Ich zog den Kommissar der Schupo beiseite. Nach kurzer Beratung kamen wir zu dem Ergebnis, dass wir guten Grund hatten, die Aktivisten aufs Präsidium mitzunehmen. Die Entwicklung gefiel mir gar nicht. Der Krawall vor dem Ham-burgerrestaurant und das Aufschlitzen der Reifen waren vergleichsweise geringfügige Delikte, auch wenn ich als Polizistin Sachbeschädigung nicht gutheißen konnte. Die vorsätzliche Gefährdung von Menschenleben war etwas ganz anderes. Zudem irritierte es mich, dass Jiri Merivaara bei allen RdT-Aktionen in vorderster Front dabei war. Hatten die anderen Mitglieder der Bewegung ihn womöglich dazu angestiftet, seinen Vater zu töten? Wer organisierte die Anschläge eigentlich? Es gab Gerüchte. Die englische Animal Liberation Front wurde mit den verschiedensten Terroristengruppen in Verbindung gebracht, während einige der finnischen Tierschutzorganisationen angeblich vom Ausland gesteuert wurden.
Gegen meine Überlegungen sprach allerdings, dass man Juha Merivaara keineswegs als Umweltfeind Nummer eins ansehen konnte, im Gegenteil. Er stand ja wie die RdT auf der Seite der Natur.
Der vom Hubschrauber aufgewirbelte Wind trieb mir den Rauch direkt ins Gesicht, ich bemühte mich vergeblich, den Atem anzuhalten. Der Rauch trübte mir die Augen, drang in Hals und Lunge ein. Es war höchste Zeit für die Gasmaske. Das Gescheiteste war, so bald wie möglich zur Dienststelle zu fahren und die Vernehmung der RdT-Mitglieder in die Wege zu leiten.
Ich musste nicht unbedingt Zeugin sein, wenn zwei Menschen zwischen gefrorenen Tierkadavern an Rauchvergiftung starben.
Von den Feuerwehrleuten ließ ich mir Gasmasken für mich und Puupponen geben, der immer noch im Auto saß. Die Feuerwehrmänner hatten schwer zu kämpfen, um die Ausbrei-tung des Feuers zu verhindern. Drei Polizisten gingen auf die schweigenden Demonstranten zu. Deren Lautlosigkeit strahlte mehr Kraft und Hass aus als laut gebrüllte Parolen.
Ich öffnete die Wagentür.
»Wir bringen die Leute da drüben zum Verhör aufs Präsidium«, sagte ich zu Puupponen. »Komm mit!«
Wir stapften über den lehmigen Acker, die drei Polizisten waren uns etwa hundert Meter voraus. Über Funk gab ich Anweisung, Gewalt zu vermeiden. Die Gasmaske hing mir um den Hals, Puupponen hatte seine vor das Gesicht gezogen und sah aus wie ein rothaariges Insekt aus dem Märchenbuch. Als die Kollegen bei den Demonstranten eintrafen, ging das Spekta-kel los.
Die etwa zwanzig Aktivisten, überwiegend Mädchen, warfen ihre Schilder hin und rannten weg. Ich bedeutete Puupponen mitzukommen, und sprintete los, so gut es mit Straßenschuhen auf dem feuchten Gras ging.
»Stehen bleiben, Polizei!«, rief ich den vier in Pullover und Anoraks gekleideten Mädchen nach, die nach Osten liefen. Sie sahen sich verängstigt um, als erwarteten sie, in die Mündung einer Waffe zu blicken. Wir Kriminalbeamten hatten gar keine dabei, und zum Glück hatten auch die Uniformierten ihre Dienstwaffe nicht gezückt. Zwei der Polizisten, die den Verkehr an der Brandstelle regelten, eilten uns zu Hilfe, einer fuhr im Streifenwagen quer über den Acker. Auch einige Schaulustige schwangen sich zu Hilfssheriffs auf. Ihre Einmischung behagte mir nicht, doch dank ihrer Hilfe gelang es uns, die jungen Leute zusammenzutreiben wie ein Rudel entlaufener Füchse. Die meisten gaben auf und ließen sich widerstandslos
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