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Der Winterschmied

Der Winterschmied

Titel: Der Winterschmied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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»Boffo!«, rief sie. »Boffo, Boffo, Boffo!« Plötzlich war es totenstill. Nach einer Weile schaute Fräulein Verrat an Tiffany vorbei und sagte: »Ihr Größten! Verschwindet auf der Stelle! Ich merke es, wenn jemand von euch bleibt! Das hier geht nur Hexen etwas an!«
    Eine Art Wusch! ging durchs Zimmer, und die Küchentür fiel zu.
    »So«, sagte Fräulein Verrat, »du weißt also über Boffo Bescheid, wie?«
    »Ja«, bestätigte Tiffany schwer atmend. »Ja, allerdings.« »Na schön. Und hast du jemandem davon erzählt?« Fräulein Verrat hielt inne und hob den Zeigefinger an die Lippen. Dann schlug sie mit einem Stock auf den Boden. »Ich hab gesagt, ihr sollt verschwinden, ihr Schlingel! Ab in den Wald mit euch! Seht nach, ob der Winterschmied wirklich weg ist! Und wehe, ihr gehorcht nicht - ich sehe euch mit euren eigenen Augen!«
    Man hörte, wie im Keller Kartoffeln durch die Gegend rollten, als die Größten durch das kleine Belüftungsgitter hinauskletterten.
    »Jetzt sind sie weg«, sagte Fräulein Verrat. »Und sie werden wegbleiben. Dafür wird Boffo schon sorgen.« Irgendwie war Fräulein Verrat innerhalb weniger Sekunden viel menschlicher und viel weniger furchterregend geworden. Nun, zumindest etwas weniger furchterregend. »Wie hast du es herausgefunden?«, fragte Fräulein Ver rat. »Hast du danach gesucht? Hast du herumgestöbert und meine Sachen durchwühlt?«
    »Nein! So was mache ich nicht! Ich habe es eines Tages durch Zufall herausgefunden, als du geschlafen hast!« Tiffany rieb sich die Hand.
    »Tut es sehr weh?«, fragte Fräulein Verrat und beugte sich vor. Sie mochte blind sind, aber wie allen tüchtigen alten Hexen entging ihr nichts.
    »Jetzt nicht mehr. Aber vorhin schon. Weißt du, ich...«
    »Dann wirst du lernen zuzuhören! Glaubst du, dass der Winterschmied fort ist?«
    »Er schien einfach zu verschwinden... noch mehr zu verschwinden, meine ich. Ich glaube, er wollte mir nur meine Halskette zurückgeben.«
    »Glaubst du wirklich, der Geist des Winters, der über Schneestürme und Eis gebietet, würde so etwas tun?«
    »Ich weiß es nicht, Fräulein Verrat! Er ist der einzige Winterschmied, dem ich begegnet bin!«
    »Du hast mit ihm getanzt.«
    »Das wusste ich vorher nicht!«
    »Trotzdem.«
    Tiffany wartete und fragte dann: »Trotzdem was?«
    »Nur ganz allgemein. Das kleine Pferd hat ihn zu dir geführt... Aber jetzt ist er nicht mehr hier, da hast du Recht. Wenn doch, wüsste ich es.«
    Tiffany ging zur Tür, zögerte kurz, öffnete sie und trat auf die Lichtung hinaus. Hier und dort lag ein wenig Schnee, und der Tag verwandelte sich in einen ganz normalen grauen Wintertag.
    Ich wüsste es ebenfalls, wenn er hier wäre, dachte sie. Und er ist nicht hier. Und ihre Zweiten Gedanken sagten: Ach? Woher willst du das wissen?
    »Wir haben beide das Pferd berührt«, sagte Tiffany leise. Sie sah sich um, ließ ihren Blick über die leeren Zweige und schlafenden Bäume streichen und betastete dabei die silberne Kette in ihrer Hand. Die Wälder kuschelten sich zusammen, bereit für den Winter.
    Er ist dort draußen, aber nicht in der Nähe. Bestimmt hat er viel zu tun. Muss einen ganzen Winter machen... »Danke!«, sagte sie automatisch, denn ihre Mutter hatte ihr beigebracht, dass Höflichkeit nichts kostet. Dann kehrte sie in die Hütte zurück. Drinnen war es mittlerweile sehr warm. Fräulein Verrat verfügte stets über einen großen Holzvorrat. Dafür war das Geheimnis von Boffo verantwortlich. Die hiesigen Holzfäller sorgten dafür, dass der Holzstapel nie schrumpfte. Eine frierende Hexe konnte womöglich unangenehm werden.
    »Ich möchte jetzt eine Tasse schwarzen Tee«, sagte die Alte, als Tiffany mit nachdenklicher Miene hereinkam. Sie wartete, bis das Mädchen die Tasse ausgewaschen hatte, und fragte dann: »Hast du die Geschichten über mich gehört, Kind?« Die Stimme klang freundlich. Sie hatten geschrien und Dinge gesagt, die man netter hätte ausdrücken können. Zorn und Trotz hatten sich Luft verschafft. Aber sie hockten hier nun mal aufeinander und konnten sich nicht aus dem Weg gehen. Die freundliche Stimme war ein Friedensangebot, und Tiffany nahm es dankbar an.
    »Ah, dass du einen Dämon im Keller hast?«, erwiderte Tiffany, den Kopf noch immer voller ungelöster Fragen. »Und dass du Spinnen isst? Und dass dich Könige und Prinzen besuchen? Und dass alle in deinem Garten gepflanzten Blumen schwarz blühen?«
    »Oh, das sagen die Leute?«, fragte Fräulein Verrat

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