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Der Wolf

Der Wolf

Titel: Der Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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sich zu Mrs. Böser Wolf umsah. Auch sie hatte sich eine abgewetzte Baseballkappe mit dem Namen der Schule aufgesetzt.
    »Nein, Schatz«, antwortete er mit einem Schmunzeln. Wie ein Teenager, der zum ersten Mal verliebt ist, nahm er seine Frau bei der Hand. »Ich denke, für heute habe ich mehr als genug gesehen.«
     
    Tritt aus der Tür. Drücke einfach auf die Klinke und geh durch die Tür. Du weißt, du schaffst das.
    Sarah Locksley zuckte vor Anspannung, als sie in der schmalen Diele ihres Hauses stand. Sie trug braune Lederstiefel, enge Jeans und einen langen hellbraunen Wintermantel. Sie hatte geduscht und sich die Haare gebürstet, sogar Augen und Wangen dezent geschminkt. Sie hatte sich ihre große, bunte Handtasche über die Schulter gehängt und das Gefühl, als zöge das Gewicht der geladenen . 357  Magnum an ihr wie ein Ziegelstein. Sie wusste, dass sie eine gepflegte, präsentable Erscheinung war und jeder Fremde, der sie im Vorbeigehen wahrnahm, sie für eine ganz normale junge Frau von Anfang dreißig halten würde, die auf dem Weg zum Einkaufen oder einer anderen Erledigung war und Mann und Kind zu Hause ließ. Vielleicht ein kurzer Ausflug zur Mall oder zu einem Treffen mit Freundinnen auf ein paar Snacks und kalorienarme Salate vor irgendeiner romantischen Komödie im Multiplexkino. Dass Sarah vor Verzweiflung wie gelähmt war, sah ihr niemand an. Sie brauchte nur durch die Tür ihres Hauses in das blasse Licht des Spätnachmittags zu treten, die paar Schritte zu ihrem Wagen zu gehen, den Motor anzuwerfen, den Gang einzulegen und loszufahren wie jeder normale Mensch, der an einem Wochenendabend etwas vorhatte.
    Doch sie wusste, dass sie kein normaler Mensch war. Sie zitterte, als wäre ihr kalt.
Nicht die Spur von normal. Nicht mehr.
    Sarah spukten seltsame, widersprüchliche Gedanken durch den Kopf: Er ist irgendwo hier draußen. Er wird mich umbringen, bevor ich auch nur die Chance habe, Teds Waffe rauszuholen. Aber wenigstens sehe ich heute nett aus. Falls ich in der nächsten Minute sterbe, wird der Notarzt und danach der Gerichtsmediziner, der meine Leiche untersucht, mich für einen sauberen, gut organisierten Menschen halten und nicht für das, was ich in Wahrheit bin. Wieso aber sollte das wichtig sein?
    Sie wusste keine Antwort darauf, doch es war wichtig, so viel stand fest.
    Er ist nicht da draußen. Noch nicht. Der Böse Wolf handelt nicht überstürzt. Vielmehr stellt er Rotkäppchen nach.
    Ein Teil von ihr hätte sich am liebsten im Haus verschanzt und dort gewartet, bis der Böse Wolf auftauchte, hustete und pustete und das Haus umpustete. Allerdings ist das das falsche Märchen, rief sie sich kopfschüttelnd ins Gedächtnis. Ich bin nicht eins der drei Schweinchen. Mein Haus mag zwar aus Stroh sein, aber es ist trotzdem die falsche Geschichte.
    Wieder zögerte sie, als sie die Hand um die Klinke legte. Sie hatte nicht wirklich Angst – ein Teil von ihr sehnte den Tod herbei. Das Problem war eher die Ungewissheit. Sie hatte das Gefühl, in einen Strudel, einen Mahlstrom geraten zu sein, der sie herumwirbelte und unter die dunklen Wellen zu drücken drohte. Sie hörte ihr rasselndes Keuchen – nahm ihre eigene Kurzatmigkeit aber nicht wahr. Fast schienen die Geräusche von jemand anderem zu kommen.
    Sie schloss die Augen.
    Na schön. Sollte es das gewesen sein, dann geht es wenigstens schnell.
    Genau wie bei Ted und Brittany. Sie haben den Laster nicht einmal kommen sehen. Eben noch waren sie am Leben, haben gelacht und ihren Spaß gehabt, und im nächsten Moment waren sie tot. Vielleicht wird es bei mir genauso sein.
Also dann, Böser Wolf. Erschieß mich am besten gleich!
    Mit einer ungestümen Bewegung zog sie an der Klinke und stand in der offenen Tür.
    Schieß schon, verdammt!
    Sie schloss die Augen. Wartete.
    Nichts.
    Die abendlichen Temperaturen kühlten sie ab, und sie merkte erst jetzt, dass sie schwitzte, als käme sie vom Sport.
    Sie zwinkerte.
    Ihre Straße lag vor ihr wie immer – ruhig, menschenleer.
    Sie holte einmal tief Luft und trat nach draußen. Vielleicht hat er in meinem Wagen eine Bombe installiert, und wenn ich den Motor anwerfe, explodiert sie wie in einem Gangsterstreifen aus Hollywood.
    Sie setzte sich ans Lenkrad und drehte, ohne zu zögern, den Zündschlüssel im Schloss. Der Motor sprang an und schnurrte wie eine Katze beim Streicheln.
    Vielleicht lässt der Böse Wolf ja auch einen großen Lkw in meinen Wagen rasen, und ich kann sterben wie Ted

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