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Der Wolf

Der Wolf

Titel: Der Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Zwei«, sagte Jordan wie aus der Pistole geschossen. »Das ist mal das Wichtigste, finden wir Rote Zwei.«
    »Das leuchtet ein.«
    »Es sei denn, Rote Zwei ist der Wolf«, fügte Jordan hinzu.
    Karen schwirrte der Kopf. Das schien unmöglich, andererseits, so unheimlich der Gedanke auch war, nicht auszuschließen. Im Moment jedenfalls nicht.
    Sie sah, wie das junge Mädchen die Achseln zuckte. »Wir sollten besser nicht spekulieren. Finden wir sie, und dann können wir zu dritt weiterplanen.«
    Karen nickte, auch wenn sie ungläubig staunte. Sie hatte angenommen, es würde an ihr liegen, dem Teenager zu sagen, wie es weitergehen sollte, und nicht umgekehrt, auch wenn sie angesichts ihrer Situation ratlos war.
    »Gut, wie …«
    »Ich weiß, wie ich sie finden kann«, sagte Jordan. »Das übernehme ich.«
    Karen atmete langsam aus. Übers Internet, nahm sie an, auch wenn sie keine Ahnung hatte, wie. Überlasse das getrost dem jungen Mädchen, dachte sie. Wenn Jugendliche uns irgendwo voraus sind, dann rund um den Computer. Sie bückte sich nach ihrer Tasche. »Hier«, sagte sie und holte drei Prepaid-Handys heraus. »Die habe ich heute Morgen gekauft. Eins für dich … sagen wir du, einverstanden? Eins für dich, eins für Rote Zwei, falls wir sie finden, und eins für mich. Auf diese Weise können wir uns gegenseitig erreichen, ohne dass er es mitbekommt.«
    Jordan grinste. »Das ist clever.«
    »Ich bin nicht völlig unterbelichtet«, sagte Karen, auch wenn sie sich im Moment ein bisschen so fühlte. »Ich werde versuchen, noch ein paar sichere Orte zu finden, an denen wir uns, wenn nötig, alle treffen können«, sagte Karen. Sie deutete auf die Cafeteria.
    »In Ordnung, das ist auch eine gute Idee.«
    »Ja«, sagte Karen, »Aber damit bin ich mit meinen guten Ideen auch schon ziemlich am Ende.«
    »Also«, fing Jordan an und schüttelte den Kopf. »Ich hab nachgedacht. Und ich glaube, die Sache ist ziemlich einfach.«
    »Einfach?«
    »Ja. Wir müssen ihn finden, bevor er uns findet.«
    »Und was machen wir …«
    Wieder sprach Karen langsam. Das junge Mädchen vor ihr schien ihr einerseits so vertraut, als würden sie sich seit Jahren kennen, und zugleich vollkommen fremd.
    »Du weißt, was wir dann machen«, antwortete Jordan.
    »Nein, weiß ich nicht«, erwiderte Karen.
    Doch es stimmte nicht. Sie wusste es, bevor Jordan das Schweigen brach.
    »Wir bringen ihn zuerst um«, sagte Jordan.
    Ganz sachlich, so als klatschte sie eine Mücke tot, die auf ihrem Arm gelandet war.
    Das Mädchen lehnte sich zurück. Sie war über ihre eigenen Worte verblüfft. Sie wusste nicht genau, wie sie auf den Gedanken gekommen war, doch sie ahnte, dass er unter all ihren Ängsten geschlummert und nur auf diese hell erleuchtete, übertrieben saubere Umgebung gewartet hatte, um an die Oberfläche zu kommen. Doch im selben Moment war sie mit sich zufrieden. Zum ersten Mal seit Tagen, vielleicht sogar Monaten, gefiel ihr die Richtung, die sie einschlug. Kaltblütig und entschlossen. Sie merkte, wie sich ihr Puls beschleunigte. Es war ein bisschen wie beim Sprung zum Korb, wie beim Abwurf des Balls, wenn sie merkte, dass sie mit den Fingerspitzen den Ring von unten berührt hatte. Jungen, dachte sie, träumen von hochfliegenden Volltreffern, damit sie sich für ihre Bravourleistung auf die Brust schlagen können. Ich stecke meine Ziele bescheidener. Ich will nur das Tor machen und dabei den Korb berühren.

[home]
    15
    R ote Zwei spähte aus der zweifelhaften Geborgenheit ihres Hauses zu dem Wagen hinüber, der auf der gegenüberliegenden Straßenseite parkte. Das erste Mal hatte sie ihn vor vielleicht einer Viertelstunde bemerkt, als sie, den Revolver in der einen Hand, ein paar Tabletten in der anderen, ziellos durch ihr Wohnzimmer tappte und nicht recht wusste, wovon sie zuerst Gebrauch machen sollte. Normalerweise hätte sie einem unauffälligen Pkw, der außerhalb des von einer Straßenlaterne ausgeleuchteten Bereichs am Rinnstein stand, keine Beachtung geschenkt. Jemand, der nach einer Adresse suchte. Jemand, der angehalten hatte, um mit dem Handy zu telefonieren. Jemand, der sich verfahren hatte und sich zu orientieren versuchte. Bei der letzten Variante schickte Sarah den Gedanken hinterher: vielleicht jemand wie ich.
    Doch Sarah Locksley hegte den Verdacht, dass in ihrem Leben nichts mehr normal war, und obwohl sich gerade die Nacht wie ein dichter, grauer Schleier über die Szene legte, konnte sie gerade noch erkennen, dass

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