Der Wolf aus den Highlands
an jenen Tag vor drei Jahren dachte, verspürte er nur einen Anflug des Bedauerns über den Tod einer jungen, unschuldigen Frau. Allerdings hatte er ein schlechtes Gewissen, weil er Mary mehr hätte lieben sollen und ihm ihr Tod weitaus größeres Leid hätte bereiten sollen. In gewisser Weise schmälerte es die Bedeutung der Ärmsten, dass er sie nicht ausreichend geliebt hatte und seine Trauer schnell vergangen war. Und schlimmer noch – James fiel bis auf seine Tochter niemand ein, dem es anders ergangen wäre als ihm. Die süße, schüchterne Mary hatte nicht viele Spuren in der Welt hinterlassen. Ihr einziges Vermächtnis war Margaret, und da hatte sie sich selbst übertroffen.
»Aye, so war es.« Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht einmal, was sie dort draußen zu suchen hatte. Mary hat nie größere Spaziergänge gemacht, und dieses Cottage lag ziemlich weit weg. Sie hatte auch keinen Grund, dorthin zu gehen, zumindest kenne ich keinen. MacKay hat viele Leute überzeugt, dass ich sie dorthin gelockt, getötet und dann die Hütte angezündet habe in der Hoffnung, mein Verbrechen zu vertuschen.«
»Aber warum sollte jemand glauben, dass du so etwas Abscheuliches getan hast?«
»An jenem Tag haben Mary und ich uns gestritten, und zwar recht lautstark. Mary war normalerweise eine schüchterne, stille junge Frau, aber damals war sie mehrere Wochen lang sehr gereizt.« Er zuckte mit den Schultern. »Ich dachte, dass sie vielleicht wieder schwanger war. Es heißt doch, dass sich die Stimmung einer Frau verändern kann, wenn sie ein Kind unterm Herzen trägt. Ich wusste nicht, warum sie so verstimmt war und mich ständig herumkommandierte, bis auch ich verärgert war, aber ich konnte nicht bleiben und versuchen, sie zu beruhigen. Die Aussaat stand an, und ich hatte alle Hände voll zu tun.«
Er runzelte die Stirn, während er darüber nachdachte, wie sehr sich Mary in den letzten Wochen vor ihrem Tod verändert hatte. Er entsann sich, dass er verwirrt und gereizt gewesen war. Er hatte wirklich wenig Zeit gehabt, sich mit einer launischen Frau herumzuschlagen. Das war einer der Gründe für sein schlechtes Gewissen – ihre letzten gemeinsamen Momente hatten zornige Worte gefüllt. Andererseits bezweifelte er, dass er sich besser gefühlt hätte, wenn damals Frieden zwischen ihnen geherrscht hätte.
»Aber das reicht doch noch lange nicht, um dich, einen Laird, für vogelfrei zu erklären und deinen Grundbesitz dem zu übereignen, der dich beschuldigte.«
»Wie schon gesagt – MacKay hat bald das Gerücht verbreitet, dass ich Mary in das Cottage gelockt hätte. Außerdem hieß es, ich sei verstimmt, weil sie mir nur eine Tochter geboren hatte und sich nicht beeilte, mir den Sohn zu schenken, den ich wollte und brauchte. Es wurde sogar behauptet, ich hätte eine andere Frau, die es gar nicht erwarten könne, mich zu heiraten, eine Robuste, die keine Probleme hat, Kinder zu gebären. Mein Fehler war es, dass ich all diese Gerüchte einfach überhört habe; ich bin damit so umgegangen wie mit allem Gerede, das bei einem unerwarteten Tod aufkommt. Ich hätte versuchen müssen, die Quelle dieser Lügen aufzuspüren.«
»Und das war wahrscheinlich mein Cousin.«
»Aye, dessen war ich mir ziemlich sicher. Was ich nicht wusste, war, dass er die Anklage wegen Mordes bei Leuten vorbrachte, die die Macht hatten, mich mit weit mehr als nur mit Gerüchten zu verletzen.« James schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, wie er es gemacht hat. Ob er den Leuten einfach eingeredet hat, seine Lügen zu glauben wie die Lügen der Leute, die er bestochen oder denen er befohlen hatte, Lügen über mich zu verbreiten? Oder ob er gegen manche ein dunkles Geheimnis in der Hand hatte und es benutzte, um sie zu zwingen, ihm bei meiner Vernichtung zu helfen? Mir kommt es vor, als ob ich noch am Grab meiner Frau stehend für vogelfrei erklärt worden war und um mein Leben rennen musste. Ich hatte keine Zeit, die Wahrheit herauszufinden, auch wenn ich es versucht habe. Aye, und meine Verwandten haben es natürlich auch versucht, bis einige von ihnen nur knapp mit dem Leben davongekommen waren. Auf meine Bitten hin, sich nicht in Gefahr zu bringen, haben sie dann ihre offenkundigeren Versuche eingestellt.«
»Hast du in Donnells Arbeitszimmer etwas gefunden?«, fragte sie und schmiegte den Kopf an James Schulter. Trotz der düsteren Geschichte genoss sie das Gefühl seiner warmen Haut auf ihrer Wange.
»Ich fand ein Buch, in dem
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