Der Wolf der Wall Street: Die Geschichte einer Wall-Street-Ikone (German Edition)
Meinung nach verflucht noch mal nichts an. Auf jeden Fall hatte mir der Therapeut mitgeteilt, ich bekäme eine Geldbeschränkung und eine Masturbationsbeschränkung - ich dürfte nur so viel Geld haben, wie ich für die Automaten brauchte, und ich dürfte nur alle paar Tage einmal onanieren. Ich nahm an, dass letztere Beschränkung auf Ehrenwort beruhte.
Ich fragte Gwynne, ob sie es schaffen würde, ein paar Tausend Dollar in zusammengerollte Socken zu stecken und sie mir per UPS zu schicken. Hoffentlich würden sie an der Gestapo vorbeikommen, aber das war das Mindeste, was sie tun konnte, vor allem da sie neun Jahre lang eine meiner wichtigsten Stützen gewesen war. Von der Masturbationsbeschränkung erzählte ich Gwynne lieber nichts, auch wenn ich den leisen Verdacht hatte, dass das für mich ein größeres Problem sein würde als die Geldbeschränkung. Ich war zwar erst seit vier Tagen sauber, aber schon jetzt bekam ich bei jedem Windhauch spontane Erektionen.
Dann wurde es eher traurig, denn nach dem Gespräch mit Gwynne kam Channy ans Telefon und fragte: „Bist du in Atlantica, weil du Mami die Treppe runtergeschubst hast?" Ich antwortete: „Das ist einer der Gründe, Däumelinchen. Papi war sehr krank und wusste nicht, was er tat." „Wenn du immer noch krank bist, kann ich dann wieder dein Aua wegküssen?" „Hoffentlich", sagte ich traurig. „Vielleicht kannst du beide Auas wegküssen, das von Mama und das von Papa." Ich spürte, wie mir Tränen in die Augen stiegen. „Ich versuche es", sagte sie mit größtem Ernst.
Ich biss mir auf die Lippe und wehrte mich dagegen, offen zu weinen. „Ich weiß, dass du das tust, Baby. Ich weiß, dass du das tust." Dann sagte ich ihr, dass ich sie liebe, und legte auf An jenem Abend ging ich vor dem Schlafengehen auf die Knie und sprach ein Gebet - dass Channy unsere Auas wegküssen könnte. Dann würde alles wieder gut werden.
Am nächsten Morgen hatte ich nach dem Aufwachen eine Begegnung mit Adolf Hitler, oder vielleicht mit Dr. Josef Mengele? Auf jeden Fall versammelte sich an diesem Morgen die gesamte Entziehungsklinik - Patienten und Personal - in der Aula zu einer planmäßigen Gruppenbesprechung. Das war ein riesiger Raum ohne Trennwände. 120 Stühle waren in einem großen Kreis aufgestellt; im vorderen Bereich des Saals war ein kleines Podest mit einem Rednerpult, von dem aus der Redner des Tages seine Geschichte über die Sorgen und Nöte der Drogensüchtigen erzählen würde. Jetzt saß ich als Patient unter anderen in dem großen Kreis von süchtigen Ärzten und Pflegern (die ich für mich inzwischen als Marsianer vom Planeten Talbot Mars bezeichnete). Jetzt waren aller Augen auf die Gastrednerin gerichtet - eine Mitleid erregende Frau Anfang 40 mit einem Hintern so groß wie Alaska und mit fürchterlichen Pickeln, etwa so wie bei Patienten, die während der meisten Zeit ihres Lebens bewusstseinsverändernde Drogen genommen haben.
„Hi", sagte sie schüchtern. „Mein Name ist Susan und ich bin ... äh ... Alkoholikerin und drogensüchtig." Alle anwesenden Marsianer einschließlich meiner Person antworteten pflichtbewusst: „Hi, Susan!" Darauf hin errötete sie und senkte besiegt den Kopf - oder als Zeichen des Sieges? Jedenfalls hatte ich keinen Zweifel, dass sie ein Alki erster Güte war. Dann herrschte Stille. Anscheinend war Susan keine große Publikumsrednerin oder vielleicht hatten die ganzen Drogen, die sie genommen hatte, in ihrem Gehirn einen Kurzschluss verursacht. Während Susan ihre Gedanken sammelte, schaute ich mir Doug Talbot genauer an. Er saß im vorderen Bereich des Saals mit je fünf Mitarbeitern zu beiden Seiten neben sich. Er hatte kurze, schneeweiße Haare und er sah aus wie Ende 50 oder Anfang 60. Seine Haut war weiß und teigig und mit seinem eckigen Kinn hatte er einen Gesichtsausdruck wie ein bösartiger Wärter - einer der einem zum Tode Verurteilten in die Augen schaut, bevor er den Schalter für den elektrischen Stuhl umlegt, und zu ihm sagt: „Ich tue das nur zu Ihrem Besten."
Endlich sprach Susan weiter. „Ich ... bin ... äh ... jetzt schon ... seit fast 18 Monaten clean und ohne ... äh ... die Hilfe und die Anregungen von äh ... Doug Talbot hätte ich das nicht geschafft." Sie drehte sich zu Doug Talbot und neigte den Kopf, und in diesem Moment stand der ganze Saal auf und begann zu klatschen - der ganze Saal außer mir. Mich schockte der Anblick von über 100 arschkriechenden Marsianern, die versuchten,
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