Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wolf

Der Wolf

Titel: Der Wolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Zimen
Vom Netzwerk:
wolfsfeindlichen Verhältnisse betrachtet, nimmt
die neuerliche Renaissance des großen Jägers doch einigermaßen wunder. Wie also macht er das, wo liegen die
begünstigenden Faktoren ?
    Das Wiedererstarken einiger Wolfspopulationen in Südeuropa (z. B. Italien) oder in Osteuropa (z. B. Polen,) und ihre
Ausbreitung in nördliche und westliche Richtung (z. B. in
den Seealpen, im Wallis, Böhmerwald, nach Sachsen, entlang der Oder in Brandenburg und Vorpommern, nach Südund Mittelskandinavien) ist durch verschiedene Faktoren
begünstigt worden :
    ▶ Der Weideauftrieb von Schafen und Ziegen im Gebirge
und im Wald – in den klassischen Wolfsgegenden – ist
stark zurückgegangen. Dadurch konnten sich Gebiete ökologisch regenerieren, in denen zu viele Nutztiermäuler über
lange Zeiträume hinweg die Naturverjüngung (Bäume und
Büsche vermehren sich eigenständig) stark eingeschränkt
hatten. Die Folge : Die natürlichen Beutetiere des Wolfes
(z.B. Hirsch und Wildschweine in Italien) erlebten – von
der Schaf- und Ziegenkonkurrenz weitgehend befreit – heftige Aufschwünge. Viel Wild ernährt viele Wölfe. Der Erfolg steht in den feuchten Sand geschrieben : Wolfsspuren,
wo lange keine waren – etwa in Böhmen, Ostdeutschland,
Skandinavien.
▶ Die Gründung großer Schutzgebiete (vor allem Nationalparks) in den Ursprungsgebieten (z. B. Abruzzo, Bialowieza) oder in den Zielgebieten (z.B. Le Mercantour und
Muskauer Heide, ein ehemaliger Truppenübungsplatz).
▶ Verstärktes Umweltbewusstsein sowie eine zunehmende
Idealisierung des Wolfes (insbesondere in der städtischen
Bevölkerung und unter Jugendlichen) als Symbol von Ursprünglichkeit und Wildnis. Das gilt für die Ursprungsländern wie auch für die Zielländer.
▶ Der Totalschutz des Wolfes, zuerst in Schweden und in
Italien, später auch (bedingt) in der gesamten EU, sowie
die Einführung eines beschränkten Jagdrechts in Polen,
in der Slowakei, in Tschechien und Rumänien, schafften
dem Wolf gewisse Freiräume.
    Das klingt ganz hoffnungsfroh ; aber es gibt mindestens
zwei Berufsgruppen, die sich den Wölfen – zum Teil sehr
erfolgreich – in den Weg stellen :
    1. Jäger : Illegale Abschüsse durch Jäger (z. B. Ostpommern,
Brandenburg, Böhmerwald) sind immer noch an der Tagesordnung.
    2. Schäfer : Starke Konflikte mit den Herdenbesitzern in den
verbliebenen, traditionellen Schafzuchtgebieten, namentlich
in solchen, in denen die Schafherden nicht mehr kontinuierlich von Hirten und Hunden bewacht werden (z. B. Le
Mercantour, Wallis) oder noch nicht eingezäunt in Koppeln beweidet werden (z.B. Norwegen). Hier entsteht ein
derart starker politischer Druck, dass die Behörden nachgeben und es schlussendlich (wieder) zu staatlich legalisierten Jagden kommt – mit der Vernichtung der Gründerpopulationen als Folge.
    Betrachten wir uns einen »hot spot« der Wolfs-Renaissance : die Situation im Bayerisch-Böhmischen Grenzgebirge.
Aus dem Böhmerwald war der Wolf spätestens Mitte des
19. Jahrhunderts verschwunden.
    Als Ursachen vermutet man fehlende natürliche Beutetiere und – aufgrund der hohen Schneelagen im Winter –
beschränkten Weidebetrieb im Wald. Seit 1978 wird vereinzelt aber regelmäßig wieder von Wölfen im Böhmerwald berichtet.
    Im Sommer 1991 hielt sich ein Wolfsrüde im Grenzgebirge
zwischen Falkenstein und Dreisessel auf. Im folgenden Winter fanden wir mehrmals Spuren am und im Wintergatter
in Mauth, die nach Wolf aussahen. Im Frühjahr 1992 entdeckten wir Spuren und Kot entlang der Grenze zwischen
Mauth und Vorderfirmiansreut. Hier konnten wir einen
Wolf zwei Mal zum Heulen bringen. Im Juni 2001 gelang
es einem Wanderer einen Wolf frühmorgens auf den Verlorenen Schachten im Nationalpark zu fotografieren.
    In der Jägerschaft auf beiden Seiten der Grenze kursieren Gerüchte von großen Zahlen abgeschossener Luchse;
auch von einigen illegal erlegten Wölfen wird getuschelt
    – Tiere, die erst in jüngerer Zeit zur Strecke gebracht worden sein sollen. An handfeste Zahlen kommt man natürlich nicht.
    Die Wölfe, die durch den Böhmerwald auf die deutsche
Seite vordringen (ihre genaue Herkunft ist unklar), finden
im Grenzgebiet annehmbare Lebensbedingungen vor :
    ▶ Die Dimensionen des Gebietes sind wolfsfreundlich.
Schließlich handelt es sich um das größte geschlossene
Waldgebiet Mitteleuropas, und es liegt nicht isoliert. Es
hat in südlicher und westlicher Richtung über Mühl- und
Waldviertel mit den Alpen Verbindung.

Weitere Kostenlose Bücher