Der Wolfsmann
Kriegern für den Weg zurück in die Katakomben unter Lockwergen und zum Hafen gebraucht hatte, waren seine Gedanken nur um diesen Mann gekreist, den er für tot gehalten hatte.
Mythor war nicht nur den Spinnenungeheuern im Meer entkommen, sondern auch den Barbaren an der Küste von Dandamar. Mehr noch - er musste Kampfgefährten gefunden haben, denn allein hätte auch er nichts gegen Corchwll ausrichten können. Er war schuld, dass Drundyr nun mit leeren Händen vor Drudin hintreten musste. Weder hatte er etwas über die gefährlichen Nebenwirkungen der magischen Waffe herausgefunden, noch war es ihm gelungen, mit der Beschwörung Corchwlls und seiner Wölfe Lockwergen zu einer Bastion der Dunklen Mächte zu machen.
Dieser doppelte Misserfolg würde ihn bei Drudin mehr als nur in Ungnade fallen lassen. Jetzt musste er nicht nur befürchten, in der Hierarchie der Priester zurückgestuft zu werden, sondern gar, dass Drudin ihn mit dem Verlust seiner magischen Kraft bestrafte.
Drundyr bemerkte die fragenden Blicke der Krieger, die darauf warteten, dass er als erster das Schiff betrat.
Drundyr fasste einen verwegenen Entschluss. Sofort meldete sich der Dämon in ihm, doch unter Aufbietung aller Willenskraft gelang es ihm, ihn vorerst noch zurückzudrängen, bis er allein war.
»Geht allein an Bord!« befahl er den Kriegern. »Ich bleibe mit der Frau zurück und warte ab, ob unsere Männer die Wolfsmeute besiegen konnten. Allein würden sie verloren sein.«
»Aber großer Drundyr«, wagte einer der Krieger einzuwenden. »Drudin erwartet deinen Bericht, und es...«
»Schweig!« herrschte Drundyr den Mann an. »Ihr habt meine Befehle zu befolgen, nichts weiter! Segelt nach Akinborg. Ich werde mit den Überlebenden versuchen, mich auf dem Landweg zum von Caer beherrschten Teil Tainnias durchzuschlagen!«
Die Krieger wagten nicht mehr zu widersprechen. Wortlos gingen sie an Bord des schwarzen Schiffes und nahmen ihre Plätze ein. Ein leichter Wind war aufgekommen und blähte die Segel. Nur diesem Umstand war es zu verdanken, dass das Schiff überhaupt den Hafen mit kaum zwanzig Mann Besatzung verlassen konnte. Nur wenige Ruder wurden bewegt.
Drundyr und Nyala warteten, bis das Schiff im offenen Meer war. Nyala blickte ihn erwartungsvoll an. Zumindest diese Genugtuung hatte Drundyr, dass sie sich kaum verändert hatte und ihm sofort wieder hörig war. Der Wolfsmann hatte ihm Andeutungen darüber gemacht, dass er sie zur Wolfsfrau umwandeln wolle. Er war nicht dazu gekommen.
Drundyr dachte nicht daran, nach Tainnia zurückzukehren, wie er es den Kriegern gesagt hatte. Unter den gegebenen Umständen wäre es sein persönliches Verderben gewesen. Er konnte Drudin nicht unter die Augen treten - jetzt nicht. Vielleicht ergab sich eine Möglichkeit zur Ehrenrettung. Auf jeden Fall musste er einen Weg finden, der Bestrafung durch Drudin zu entgehen. Er brauchte Zeit.
Und der Dämon wusste, was er vorhatte. Nun griff er mit aller Macht nach Drundyrs Bewusstsein. Der Caer-Priester stöhnte, griff sich an die Schläfen und musste sich auf eine Truhe setzen, eines der vielen Frachtgüter, die für die verlassenen Handelsschiffe im Hafen bestimmt gewesen und nie an Bord gelangt waren.
»Was ist mit dir?« fragte Nyala. In ihrer Stimme lag die Angst um den Mann, der allein sie jetzt schützen konnte.
»Sieh mich nicht an!« befahl Drundyr barsch. Seine helle Stimme überschlug sich. Noch fester presste er die Hände gegen die Schläfen und schloss die Augen. Der Dämon in ihm wollte mit aller Kraft seine Pläne durchkreuzen. Er gehörte zu den Mächten des Dunkels und wusste, dass Drundyr für sein Versagen bestraft und dass Drudin über das Vorgefallene in Kenntnis gesetzt werden musste.
Unter Aufbietung all seines Willens gelang es Drundyr nach einer Weile, die Kräfte des Dämons zu unterdrücken. Er wusste, dass es von nun an aller Wachsamkeit und Willenskraft bedurfte, um den Dämon unter Kontrolle zu halten.
Er stand auf und nahm Nyala bei der Hand. Er wartete nicht auf zurückkommende Krieger. Es würden keine Caer aus den Katakomben zurückkehren.
Drundyr zog Nyala mit sich. Willig folgte sie ihm. Drundyrs Weg führte nach Süden, und in seinem Inneren keimte nun ein ebenso reizvoller wie scheinbar absurder Gedanke.
Warum sollte er nicht versuchen, sich dem dunkelhaarigen Heroen anzuschließen? Warum sollte er sich die unheimliche Kraft, die Mythor innezuwohnen schien, nicht zunutze machen? Wenn überhaupt, konnte
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