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Der Wolfsthron: Roman

Der Wolfsthron: Roman

Titel: Der Wolfsthron: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cinda Williams Chima
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ausgerechnet mich ausgewählt hast?«
    »Spielt irgendetwas davon eine Rolle?«, fragte Crow und wandte den Blick ab, sodass Han seinen Gesichtsausdruck nicht sehen konnte. »Das hier ist ein Zweckbündnis, nichts weiter. Genügt das nicht?«
    »Ich hab gelernt, dass das, worüber du nicht sprechen willst, genau das ist, was ich wissen will, egal, worum es geht«, sagte Han und dachte nach. Wenn ich weiß, warum du dich an den Bayars rächen willst, wenn ich weiß, was dich antreibt, kann ich besser vorhersehen, wann ich die Klinge in den Rücken gerammt bekomme.
    »Wie ich schon sagte – du wirst mir sowieso nicht glauben, wenn ich dir die Wahrheit verrate.« Crow ging auf und ab, und das Bild seiner Gestalt verschwamm wieder zu wogenden Wellen – was Han zu der Annahme brachte, dass es ein Zeichen seiner Aufregung war. War die Erinnerung für Crow so schrecklich, dass er sie nicht ertragen konnte?
    »Versuch es«, sagte Han, während Crow weiter herumlief. »Komm schon. Erzähl mir wenigstens eine richtig gute Lüge, die mich überzeugen könnte.«
    »Es spielt keine Rolle für dich, was passiert ist«, sagte Crow. »Es war lange vor deiner Geburt.«
    So alt bist du nun auch wieder nicht, dachte Han, bevor er sich daran erinnerte, dass Crow jedes Alter haben konnte.
    »Nichts von dem, was du sagst, wird mich schockieren können«, sagte Han. »Aber solange ich deine Geschichte nicht kenne, wird hier gar nichts passieren.«
    Crow drehte sich abrupt herum und sah Han an. Ein bitteres Lächeln verzerrte sein Antlitz. »Das werden wir ja sehen«, sagte er. »Wir werden sehen, wie dumm du wirklich bist.« Seine Gestalt veränderte sich ein bisschen, wurde schärfer, klarer. Seine Haare blieben hell, sie glänzten und umrahmten seine kultivierten blaublütigen Gesichtszüge – mit Augen, die die Farbe von Bergastern hatten, und einem erstaunlich fröhlichen Mund. Wie schon bei ihren früheren Zusammentreffen wirkte er auch jetzt nur wenige Jahre älter als Han.
    Seine Kleidung wurde kunstvoller – er trug jetzt einen edlen, wenn auch merkwürdig altmodisch geschnittenen Mantel aus Satin und Brokat. Der champagnerfarbene Ton war ein paar Nuancen dunkler als seine Haare. Er strahlte vor Macht und war der reinste Bilderbuchschönling.
    »Du wolltest wissen, wie ich wirklich aussehe«, sagte Crow und drehte sich einmal im Kreis. Er streckte die Arme von sich. »Weide deine Augen. So habe ich ausgesehen, als ich es mit den Bayars aufgenommen habe.«
    Auf den Magierstolen um seinen Hals waren Krähen zu sehen, und auf seinem Mantel befand sich eine Stickerei – eine Schlange, die sich um einen Stab wand, dessen oberes Ende durch eine kunstvolle Krone ragte, in die Wölfe eingraviert waren. Das Ding kam Han vertraut vor – wo hatte er es nur schon einmal gesehen?
    »Es war eine aufregende und gefährliche Zeit«, sagte Crow. »Ich war jung und kräftig, und ich habe mich mit den Bayars in allen Bereichen gemessen – politisch, magisch, und auch« – hier stolperte er etwas über seine Worte – »hinsichtlich jeglicher Beziehungen. Als es gerade so aussah, als hätte ich sie auf allen Ebenen endgültig besiegt, wurde ich verraten, und die Bayars nahmen mich gefangen. Als das geschah, suchte ich Zuflucht in dem Amulett, das ich so lange getragen hatte.«
    Han klopfte mit seinem Zeigefinger auf das Amulett. »Willst du damit sagen, dass du dich in einem Zauberstück versteckt hast?«
    Crow lächelte. »Ich sehe Ungläubigkeit – wie ich es erwartet hatte. Ich genieße es so sehr, immer recht zu behalten. Wie ich dir schon sagte, war ich sehr erfinderisch, wenn es um die Anwendung von Magie ging. Ich hatte gehofft, dass das Amulett letztlich in freundliche Hände gelangen würde. Unglücklicherweise begriffen die Bayars, dass der Schlüssel zu allem, was sie sich ersehnten, genau in diesem Zauberstück lag. Doch obwohl sie seit mehr als tausend Jahren versuchen, ihm seine Geheimnisse zu entreißen, sind sie außergewöhnlich erfolglos geblieben.«
    Han bemühte sich, die Häppchen zusammenzusetzen, die er von Crow bekommen hatte. Es war so ähnlich, als würde er an einem Puzzle arbeiten, das das große Ganze erst enthüllte, wenn er das letzte Stück an seinen Platz gelegt hatte.
    Abgesehen davon, dass das Bild, das sich herauskristallisierte, einfach unglaublich war.
    Als hätte Crow Han’s Gedanken gelesen, erschien ein Amulett an Crows Hals. Es hing an einer schweren Goldkette – und war das Spiegelbild von Han’s

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