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Der Wolkenatlas (German Edition)

Der Wolkenatlas (German Edition)

Titel: Der Wolkenatlas (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Mitchell
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sich um. ‹Du hättest die Zizzi in den Franchise zurückbringen und deiner Seele den Kaufpreis erstatten lassen sollen, als ich es dir gesagt habe. Sie war von Anfang an kaputt. Nicht mal singen konnte sie. Das Mistding hat mich gebissen.›
Fettarsch sagte zuckersüß: ‹Ein Wunder, dass sie nicht daran krepiert ist, Liebste.› Seine Frau murmelte eine obszöne Beschimpfung. Während der Mann meine genomisch vergrößerten Brüste musterte, fragte er Hae-Joo mit onkelhafter Miene, ob wir auf Urlaub seien oder geschäftlich in diesem abgelegenen Winkel zu tun hätten.
‹Ok-Kyun Pyo, zu Ihren Diensten.› Hae-Joo verbeugte sich und identifizierte sich als Assistent der Fünften Schicht in einer kleinen Abteilung des Steuerberater-Franchise Eagle.
Die leichte Neugier des Xecs erlosch wieder. Er manage die Golfküste zwischen P’yōnghae und Yōngdōk, erzählte er. ‹Spielen Sie Golf, Pyo? Nein? Golf ist nicht bloß ein Spiel, Golf ist ein Karriereplus.› Der Paegam-Club, versprach der Manager, würde bald ein, zwei neue Mitglieder aufnehmen; ein Allwetterplatz mit vierundfünfzig Löchern, eins a gepflegten Grüns, einer Seenlandschaft und Springbrunnen, so prächtig wie die in den Wassergärten des Geliebten Vorsitzenden. Sein Kichern verursachte mir Brechreiz. ‹Wir haben für den Zugang zum Grundwasser ein höheres Angebot gemacht als der ortsansässige Subschichtpöbel. Erwähnen Sie in unserem Mitgliederbüro einfach meinen Namen: Seher Kwon.›
Ok-Kyun Pyo bedankte sich überschwänglich.
Seher Kwon begann erfreut, seine Xec-Lebensgeschichte zu erzählen, aber seine Frau warf ihre Marlboro der Zizzi Hikaru hinterher, stieg in den Ford und drückte auf die Hupe, worauf die schwarzweißen Papageien hinauf in den Himmel schossen. Der Xec schenkte Hae-Joo ein bedauerndes Grinsen und riet ihm, bei seiner Heirat die Xtradollars für das Recht auf einen Sohn zu bezahlen. Als der Ford davonfuhr, betete ich zu Siddhartha, er möge ihn durch das Geländer krachen lassen.
     
    Du hieltest ihn für einen Mörder?
Einen so oberflächlichen, dass er sich dessen nicht einmal bewusst war.
     
    Aber wenn du Männer wie Seher Kwon hasst, musst du die ganze Welt hassen.
Nicht die ganze Welt, Archivar: nur die Juche und die konzernokratische Pyramide.
     
    Wann kamt ihr in Pusan an?
Bei Einbruch der Dunkelheit. Hae-Joo zeigte auf die Exxon-Wolken aus der Pusaner Raffinerie, die sich von Melonenrosa zu Anthrazitgrau färbten. ‹Wir sind da›, sagte er.
Über eine Eyesat-freie Landstraße erreichten wir den Norden von Pusan. Hae-Joo stellte den Ford in einem Vorort namens Sōmyōn in einer Garage ab, und wir fuhren mit der Metro zur Galleria am Ch’oryang-Platz; die Franchises waren dieselben wie im Wangshimni Orchard. Nannyduplikanten rannten ihren Xec-Schützlingen hinterher; flanierende Pärchen taxierten andere flanierende Pärchen; konzerngesponserte 3Ds wetteiferten mit grellen Bildern um die Konsumentengunst. In einer älteren Seitengalleria gab es ein Fest im alten Stil. Straßenhändler verkauften Kuriositäten im Kleinformat, ‹Freunde fürs Leben›: zahnlose Krokodile, Minihühner mit Affenköpfen, Jonawale in Gläsern. Hae-Joo sagte, sie würden achtundvierzig Stunden nach dem Kauf sterben. Ein Anreißer warb über ein Megafon für seinen Zirkus: ‹Bestaunen Sie den schizoiden Mann mit den zwei Köpfen! Werfen Sie einen Blick auf Madame Matrioschka und ihr schwangeres Embryo!› In den Bars flirteten Reinblütersoldaten aus ganz Nea So Copros unter den wachsamen Augen von Zuhälter-Konzernlern mit den Trösterinnen. Ich sah ledrige Himalajaner, Hanchinesen, weißhäutige, behaarte Baikalesen, bärtige Usbeken, drahtige Alëuter, kupferfarbene Viets und Thais. Trosthäuser-AdVs versprachen die Erfüllung aller sündigen Wünsche. ‹Wenn Seoul die treue Gattin eines Vorstands ist›, sagte Hae-Joo, ‹ist Pusan seine barbusige Geliebte.›
Die Gassen wurden enger; der pfeifende Wind blies Flaschen und Dosen vor sich her; vermummte Gestalten eilten vorbei. Hae-Joo fasste mich am Arm und zog mich durch eine Geheimtür in einen spärlich beleuchteten Tunnel, der zu einem fallvergitterten Eingang führte. HAUS KUKJE stand über einem Fenster. Hae-Joo drückte auf die Klingel. Hunde bellten; die Jalousie wurde hochgezogen, und zwei Schnauzen mit gefletschten Reißzähnen drückten sich geifernd gegen die Scheibe. Ich sprang vor Schreck zurück. Eine schnurrbärtige Frau zog die Hunde vom Fenster weg und starrte

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