Der Wolkenpavillon
wird jemand anders die Regentschaft übernehmen. Und dieser neue Herrscher wird kaum Verwendung für jene Leute haben, die dem Shōgun nahestanden.« Für den Fall, dass Setsu seine Anspielung nicht verstanden hatte, fügte er hinzu: »Leute wie Ihr.«
Mit einem Mal spiegelte sich Furcht auf Setsus Zügen, doch sie entgegnete trotzig: »Und Leute wie Ihr.«
»Das stimmt.« Yanagisawa nickte. »Deshalb möchte ich mich sicher fühlen, wenn Japan demnächst einen neuen Herrscher bekommt. Geht es Euch nicht genauso?«
Widerstrebend gestand Setsu: »Ja. Und ich weiß auch, worum es Euch geht.«
»Ich nicht!« Chocho zog eine Schnute, weil sie nicht an dem Gespräch beteiligt wurde.
Yanagisawa schenkte ihr sein verführerischstes Lächeln. »Es geht mir darum, Eure und Setsus Freundschaft zu gewinnen, weil wir so viel gemeinsam haben.«
»Oh, das freut mich!« Chocho kicherte albern.
Setsu musterte sie abfällig, ehe sie sich wieder Yanagisawa zuwandte. »Wie sieht Euer Vorschlag denn aus?«
So sehr Yanagisawa auch innerlich triumphierte, dass er die beiden Frauen fast schon auf seine Seite gezogen hatte - er musste immer noch vorsichtig sein. »Der erste Schritt wäre eine Hochzeit.«
»Ich liebe Hochzeiten!« Chocho klatschte in die Hände. »Wer heiratet denn?«
Allmähliches Begreifen zeichnete sich auf Setsus Gesicht. »Ihr schreckt wirklich vor nichts zurück!«, sagte sie. »Einem Mann wie Euch bin ich noch nie begegnet.«
»Ich auch nicht«, seufzte Chocho und musterte Yanagisawa mit schmachtendem Blick.
»Euch ist doch klar, dass Ihr gewaltige Hindernisse überwinden müsstet?«, sagte Setsu.
»Macht Euch keine Sorgen«, entgegnete Yanagisawa. »Ich weiß, wie ich diese Hindernisse umgehen kann.«
Erstaunt hob Setsu die aufgemalten Augenbrauen, dann schüttelte sie den Kopf. »Ich wusste, dass Ihr skrupellos seid«, sagte sie, »aber erst jetzt erkenne ich, wie sehr.«
»Also, wie sieht es aus?«, fragte Yanagisawa. »Sind wir Partner?«
»Ich sage Ja!«, rief Chocho, die nur zu gern bereit war, auf Yanagisawas Vorschläge einzugehen, obwohl sie gar nicht wusste, um was es ging.
Setsu jedoch erwiderte: »Ich möchte keine übereilte Entscheidung treffen. Schließlich steht nicht nur unsere Zukunft auf dem Spiel, sondern auch die anderer Menschen.«
»Gewiss«, lenkte Yanagisawa ein. »Selbstverständlich liegt mir das Wohlergehen aller Parteien am Herzen. Verzeiht, falls ich einen anderen Eindruck erweckt habe. Ich wollte ohnehin gerade vorschlagen, dass alle Beteiligten sich treffen und über meinen Plan abstimmen.«
Einen Moment lang starrte Setsu den Kammerherrn in stummem Zorn an. Es war unfassbar, dass dieser Mann sämtliche Regeln der Höflichkeit außer Acht ließ und versuchte, sie zu seiner Verbündeten zu machen. Aber Yanagisawa wusste nur zu gut, wie sehr Setsu sich vor der Zukunft und vor dem Unbekannten fürchtete. Es war besser, sich mit einem Dämon zu verbünden, den man kannte, als sein Schicksal von den Launen wildfremder Menschen abhängig zu machen.
»Also gut«, sagte Setsu. »Ich werde den nächsten Schritt mit Euch zusammen gehen, aber mehr könnt Ihr vorerst nicht von mir erwarten.«
»Das genügt mir«, erwiderte Yanagisawa. »Lasst uns darauf anstoßen!«
»Oh ja!«, rief Chocho.
Yanagisawa nahm eine Karaffe vom Tisch und schenkte Sake ein. Bevor sie tranken, zog Setsu heimlich ein Fläschchen unter dem Ärmel ihres Gewandes hervor, das ein opiumhaltiges Schmerzmittel enthielt, und gab ein paar Tropfen davon in ihren Sake.
»Trinken wir darauf«, sagte Yanagisawa, »dass wir unsere Kräfte in naher Zukunft verbinden!«
»Ich kann es kaum erwarten«, kicherte Chocho und bedachte den Kammerherrn mit lockenden Blicken.
Sie tranken. Dann verbeugten sie sich voreinander und verabschiedeten sich. Die beiden Damen verließen das Teehaus zuerst. Kurz darauf folgten ihnen Yanagisawa und seine Männer. Als er durch den Regen heimwärts ritt, beglückwünschte er sich, dass
seine Mission kurz vor dem erfolgreichen Abschluss stand.
*
In einer Gasse neben dem Teehaus, unter dem Fenster des Raumes, in dem Yanagisawa sich mit den beiden Frauen getroffen hatte, bewegte sich plötzlich ein Müllhaufen wie von Geisterhand. Faulige Bretter rutschten zur Seite, und eine Tüte voller verrottender Fischinnereien rollte auf den Boden und ergoss ihren stinkenden Inhalt, während sich eine zerlumpte Gestalt aus dem Abfallhaufen erhob.
Toda Ikkyu, der Meisterspion, schüttelte die
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