Der Wuestenplanet - Paul Atreides
als ein Ghola«, sagte er, »und mehr als eine Person. Dr. Ereboam hat mir ganz bestimmte molekulare Erinnerungen eingegeben, aus den Zellen historischer Gestalten, mit deren Hilfe er mich zu seiner übermächtigen Marionette machen will. Ich spüre, dass ich Gilbertus Albans bin, der den Orden der Mentaten gründete. Ich bin Jool Noret, der größte Schwertmeister der Geschichte von Ginaz. Ich bin auch Kronprinz Raphael Corrino – und tausend andere.«
»Ich ziehe Thallo als Spielgefährten vor«, sagte Marie und klang dabei mit Absicht kindlich. »Lass uns Dr. Ereboam rufen. Er kann dafür sorgen, dass du dich besser fühlst. Oder lass meine Mutter ihre Bene-Gesserit-Techniken bei dir ausprobieren.«
»Ich will mich nicht besser fühlen. Ich will etwas klarstellen. Wie soll man den Tleilaxu sonst zeigen, was sie geschaffen haben, wie soll man ihnen bewusstmachen, dass ihr Glaube, ein derart mangelhaftes Volk könne etwas Perfektes erschaffen und anschließend kontrollieren, pure Hybris ist?«
Sie versuchte ihn abzulenken. »Wir können von hier fliehen. Wir können Thalidei verlassen, diesen Planeten verlassen – wir können die ganze Galaxis sehen, nur wir zwei.«
»Wohin ich auch gehe, hier oben werde ich immer ein Gefangener sein.« Er tippte sich mit dem Finger an die Stirn. »Physisch zu entkommen hilft dem, was in mir ist, nicht. Oder dem, was in ihnen sein wird.« Er zeigte auf die Arrestzellen.
Marie versuchte ihn von der Konsole wegzulocken. »Mir gefällt dieses Spiel nicht.«
»Spiel? Nenn es so, wenn du möchtest. Und jetzt schau dir an, wie ich gewinne.« Als seine Finger über die Kontrollen huschten, schrien die Thallo-Kopien in unheimlichem Einklang, ein durchdringender Laut, der Marie in den Ohren wehtat. »Die Tleilaxu sind sehr effizient im Töten. Sie führen viele Experimente durch. Hast du ihr Giftverzeichnis gesehen?« Der hohe Ton veränderte sich, und Blut strömte aus den Augen und Nasenlöchern der Kopien. Nach außen hin zeigte Thallo keinerlei Freude oder Trauer darüber, dass er ihnen solche Qualen bereitete. »Das Nervengift sollte schnell wirken. Ich habe diesen Vorgang schon zuvor beobachtet.«
Die Ersatz-Thallos zuckten, schlugen mit verkrümmten Fingern an die gewölbten, undurchdringlichen Plazwände ihrer Zellen und sackten dann tot zu Boden, wobei ihre Körper zu kleinen Häufchen zusammenklappten wie fallengelassene Marionetten.
»Warum musstest du sie töten?« Marie war eher neugierig als entsetzt.
Thallos Porzellangesicht glühte vor Erregung. »Ich habe sie befreit. Und jetzt befreie ich mich selbst – und auch dich, Marie. Ich weiß, welche unmöglichen Erwartungen deine Eltern auch in dich setzen. Wir beide sind genau gleich.«
»Nein!« Sie legte ihm eine Hand auf den Arm. »Das will ich nicht.«
Doch seine Finger huschten schon wieder blitzartig über die Kontrollen und aktivierten eine tief verborgene Subroutine, die rumpelnde und schnurrende Maschinen zum Leben erweckte. Boden und Steg erzitterten. »Das Kwisatz-Haderach-Programm der Tleilaxu kann niemals perfekt sein.«
»Ich bin auch nicht perfekt«, sagte Marie, »aber ich kann trotzdem tun, was ich zu tun habe. Meine Eltern haben mich ausgebildet. Du selbst bist hervorragend ausgebildet. Stell dir vor, was wir gemeinsam erreichen könnten.« Sie dämpfte ihre Stimme und wiederholte: »Stell dir vor, was wir erreichen könnten ...«
»Ich habe es bereits getan. Ich habe die Biogeneratoren für alle Labors in Thalidei hochgefahren, dazu die für die Leitungen des atmosphärischen Verteilungssystems, die unter den Straßen und Gebäuden verlaufen. Ein höchst wirkungsvolles Nervengift, das sofort tötet und für einen Mann namens Thorvald hergestellt wurde, der es bei seiner Rebellion gegen Muad'dib verwenden will. Doch Thorvald wird sein Gift niemals erhalten. Die gesamte Ladung wird mit einem Schlag über die Stadt verteilt. Die Tleilaxu haben allen Grund, stolz auf ihre Gifte zu sein – dieses hier ist so toxisch, dass ein Hauch genügt, um den größten Mann niederzuwerfen.« Er lächelte, berührte die Konsole vor sich und spürte erschauernd die Vibrationen. »Die Großbehälter werden in diesem Moment unter Druck gesetzt, um eine weite Verteilung zu gewährleisten.« Thallo tätschelte Maries verkrampfte Schulter. »Damit wird alles ausradiert, alles gesäubert. Die Luftströmungen werden das Gas vielleicht sogar bis nach Bandalong tragen, bevor es seine Wirkung verliert.«
Marie schaute auf
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