Der wunderbare Massenselbstmord
so düsteren Gesellschaft nicht von Übel war, Sorjonen sollte ruhig mitkommen, vorausge setzt, er machte keinen Ärger. Dem musste sich auch der Oberst beugen.
Nach einer knappen Stunde erschien Rellonen und verkündete, dass der Bus auf dem Marktplatz warte. Man konnte aufbrechen. All jene, die am Vortag ein Hotelzimmer gemietet hatten, gingen, die Rechnung zu bezahlen und ihr Gepäck zu holen. Wer in Helsinki wohnte, holte sich von zu Hause ein paar Sachen für die Reise. Zwei Leute waren in der Gruppe, die behaupteten, nichts zu besitzen, das sie von zu Hause holen könnten. Einer von ihnen war der Aushilfskellner Seppo Sorjonen.
In Tikkurila machten sie einen Abstecher zur Schwimmhalle. Der Oberst forderte alle, die Lust hatten, auf, zu schwimmen und zu saunieren, der Bus werde eine Dreiviertelstunde warten. Die Teilnehmer an der nächtlichen Abgastour nutzten gern die Möglichkeit, sich zu reinigen. Das Führungstrio blieb im Bus. Der Oberst sagte müde:
»Eine schöne Kriegstruppe, die ich da zu befehligen habe… schade, dass ich mich neulich am Johannistag nicht aufgehängt habe.«
Onni Rellonen sah an der ganzen Angelegenheit auch positive Seiten:
»Keine Sorge, Hermanni. Die Leute sind doch ganz nett, und sie haben dieselben Absichten wie wir damals. Uns ist es auch beim ersten Mal nicht geglückt. Und jetzt haben wir sogar Geld, mehr als hundertzwanzig tausend Mark, wir werden schon klarkommen.«
Helena Puusaari wollte wissen, wohin die Fahrt ging. Dasselbe hatte auch der Busfahrer schon mehrmals gefragt. Der Oberst sagte, man werde erst mal auf der Autobahn Nummer drei nach Norden fahren. Einen genaueren Bestimmungsort könne er dem Fahrer noch nicht nennen.
Die Selbstmörder kehrten aus der Schwimmhalle zu rück. Sie dufteten gut, waren erfrischt, wirkten wie ganz neue Menschen. Jemand fing sogar an zu scherzen, bis allen wieder die Ereignisse der letzten Nacht einfielen. Die Fahrt ging weiter.
Die nächsten zwei Stunden fuhr man aufs Geratewohl in nördliche Richtung, vorbei an Järvenpää, Kerava, Hyvinkää und Riihimäki. In Hämeenlinna machten sie eine Pause.
Als der Oberst hinter dem Bus eine Zigarette rauchte, gesellte sich der Fahrer zu ihm und fragte wieder nach dem Ziel der Reise. Der Oberst knurrte, dass er das selbst nicht wisse. Jetzt sei die Bewegung und nicht das Ziel am wichtigsten. Damit musste sich der Fahrer zufrieden geben.
Von Hämeenlinna wurde die ziellose Fahrt nach Norden fortgesetzt. Da es in Richtung Toijala ging, wollte Helena Puusaari kurz bei sich zu Hause reinschauen. Das würde doch nicht zu viel Zeit beanspruchen? Sie wollte sich gern einige persönliche Kleinigkeiten holen und auf die Fahrt mitnehmen.
In Toijala setzten sie Helena Puusaari vor ihrer Haus tür ab. Während sie ihre Sachen zusammensuchte, führte der Oberst die übrige Gesellschaft zum Mittages sen in die örtliche Gaststätte. Im Angebot waren Dill fleisch und Schweinekotelett, doch da die Gruppe aus mehr als zwanzig Personen bestand, reichte das Dill fleisch nicht für alle Interessenten. Nun, was tat’s, da wurde eben Schwein gegessen. Die meisten tranken zur Mahlzeit Wasser oder Buttermilch, der Oberst bestellte sich Bier. Für Helena Puusaari wurde Essen eingepackt und in den Bus mitgenommen.
Wieder ging es weiter, jetzt in südwestliche Richtung, man fuhr gen Urjala. Einigen Reisenden gefiel der Kurs wechsel nicht recht, aber der Oberst sagte, dass er es satt habe, den ganzen Tag in dieselbe Richtung zu fah ren. Außerdem sei Urjala ebenso gut wie jeder andere Ort. Jemand schlug vor, in einem durch bis nach Nord norwegen, zum Nordkap, zu fahren. Man könnte den schönen Sommer nutzen und zum Vergnügen herumrei sen, der Gedanke war ja schon früher aufgekommen. Jetzt war die gute Gelegenheit da, sich richtig zu amü sieren! Man hatte genug im Trüben gefischt und das eigene jämmerliche Schicksal beklagt.
Der Rentiermann Uula Lismanki unterstützte wärm stens den Gedanken, in den nördlichsten Winkel Euro-pas zu fahren. Er pries die Landschaft am Nordkap, war selbst einmal dort gewesen, und zwar im Jahre 1972 auf der Sommerexkursion der Samenvertretung der Nordka lotte, mit von der Partie war auch Ragnar Lassinantti, Gouverneur des schwedischen Norrbotten, gewesen. Ein netter Mann, obwohl Vertreter der Obrigkeit. Nachts im Hotel hatte der Gouverneur ihn, Uula, zum Ringkampf aufgefordert, sie hatten in der Empfangshalle des Hotels zwei Stunden lang
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