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Der wunderbare Massenselbstmord

Titel: Der wunderbare Massenselbstmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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gerungen. Lassinantti hatte gewon­ nen.
    Uula erklärte, das Nordkap sei seines Wissens eine der berühmtesten Landspitzen der Welt, es sei genauso bekannt wie Kap Horn an der Südspitze des amerikani­ schen Kontinents.
    Nun setzte eine regelrechte Diskussion um das Nord­ kap ein. Die Fahrt dorthin fand breite Unterstützung, zumal ein Mitglied der Gruppe auf die Idee kam, dass man an Ort und Stelle mit dem Bus direkt ins Meer fahren könnte. Wenn man Uula Lismanki glauben konn­ te, wäre es dort leicht, sich umzubringen, denn die Uferfelsen waren hoch und steil, und die Landstraße verlief unmittelbar am Rande des Abgrunds. Man könn­ te den Bus auf Hochtouren bringen und durch die Ab­ sperrung in die Tiefe donnern.
    Uula Lismanki erklärte, dass er selbst wahrscheinlich nicht auf diesen letzten Sturzflug mitkommen werde. Eigentlich habe er niemals an Selbstmord gedacht, er sei mehr aus Zufall in diese Gruppe geraten.
    Die anderen fragten erstaunt, warum er dann trotz­ dem mitkam, und ob ihn die düstere Stimmung nicht deprimierte. Und sie wollten auch wissen, wie es mög­ lich war, dass jemand an einem Selbstmordseminar teilnahm, wenn er nicht mit ganzem Herzen hinter der Idee stand. Uulas Lebenslust erregte bei den Reisege­ fährten leisen Unmut. Auch Seppo Sorjonens positive Weltsicht erregte Befremden, sie wurde als Leichtfertig­ keit ausgelegt.
    Uula Lismanki erzählte, dass nicht er, sondern sein Nachbar, der für seinen fiesen Humor bekannte Schmuggler und Rentierräuber Ovla Aahtungi, auf die Zeitungsannonce geantwortet hatte.
    Vielleicht hatte Ovla sich bei ihm für eine ähnliche Geschichte aus früheren Jahren rächen wollen. Uula hatte damals aus Jux Aahtungis Großmutter für die samischen Misswahlen angemeldet, Austragungsort war Trondheim in Norwegen gewesen. Die alte Frau hatte sogar Reisevorbereitungen getroffen, war aber leider Gottes kurz vor der Misswahl an Rotz erkrankt, sodass sie auf ihre Teilnahme hatte verzichten müssen.
    Als nun die Einladung des Oberst mit der Post ge­ kommen war, hatte Uula sich gedacht, dass nichts dagegen sprach, wenn er tatsächlich am Treffen teil­ nahm. Er war zuletzt im Jahre 1959 in Helsinki gewe­ sen, das war nun drei Jahrzehnte her. Seit Jahren schon hatte er nach einem passenden Grund für einen Besuch in der Hauptstadt gesucht, und hier war er. Uula hatte ein bisschen Geld eingesteckt, ein paar hun­ derttausend Mark, und war von Ivalo nach Helsinki geflogen.
    »Als ich mir eure Gespräche in der Gaststätte ange­ hört hab, da hab ich mir gedacht, Donnerwetter, das ist ja ein Ding, da muss ich doch mal sehen, wie alles läuft. Und es war ‘ne Menge los, ich hab die Sache noch kei­
    nen Augenblick bereut.«
    Über seinen eigenen Tod wollte Uula jedoch noch ent­ scheiden. Er erklärte, dass er die gemeinsame Idee aber ernsthaft prüfen werde. Der Gedanke, sich umzubrin­ gen, sei vielleicht gar nicht übel, die Welt sei wirklich kein besonders guter Ort.
    Uula erging sich in Erinnerungen an die Landschaft am Nordkap. Sie eignete sich ausgezeichnet für den Selbstmord. Wenn der Bus mit hundert Sachen über den Abhang hinwegfahren würde, dann würde er be­ stimmt erst mal einen halben Kilometer durch die Luft fliegen, so hoch waren die Felsen. Die Insassen hätten garantiert keine Chance, mit dem Leben davonzukom­ men. Das wurde als gute Nachricht gewertet.
    In Urjala fuhr der Busfahrer an eine Tankstelle und pumpte zweihundert Liter Dieselöl in das Fahrzeug. Er ging ins Café der Tankstelle, telefonierte anscheinend, trank einen Kaffee und bezahlte. Als er wieder in den Bus gestiegen war, griff er zum Mikrofon und erklärte kurz und bündig, dass er auf keinen Fall ein solches Gesindel nach Nordnorwegen fahren werde.
    »Sie sind keine seriösen Reisenden. Ich habe be­ schlossen, nach Helsinki zurückzukehren. Als ich mei­ nen Chef über die Vorgänge informiert habe, hat er mir Anweisung gegeben, sofort umzukehren. Niemand in Finnland kann gezwungen werden, Verrückte durch die Gegend zu kutschieren.«
    Trotz der barschen Befehle des Oberst blieb der Fah­ rer bei seinem Standpunkt. Er werde keinen Meter weiter nach Norden fahren. Alle Hoffnungen auf eine Fahrt ins Meer seien vergebens. Er habe außerdem Familie und baue sich gerade ein Eigenheim. Am näch­ sten Tag sollte das Fundament gegossen werden. Die Reise zum Nordkap komme nicht infrage.
    In dieser Situation blieb der Gruppe nichts weiter üb­ rig, als über eine ansprechendere

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