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Der wunderbare Massenselbstmord

Titel: Der wunderbare Massenselbstmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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bettete Helena Puusaari im Bus unter eine Reisedecke. Rauno Korpela schnarchte friedlich auf seiner Bank.
    Kemppainen wankte auf das neblige Feld hinaus, stolperte über irgendwelche Gräben, fand aber schließ­ lich das Zelt und kroch hinein.
    Eine Nachtwache hatten die Selbstmörder nicht auf­ gestellt. In diesem Lager fürchtete niemand den Tod.
    Es war tiefe Nacht, die Vögel schliefen auf ihren Zwei­ gen. Nur das eintönige Summen eines Ziegenmelkers war zu hören.
    14
    Landwirt Urho Jääskeläinen trat schläfrig in seinen Kuhstall. Es war erst sechs Uhr, aber für den Rinder­ züchter hieß es, zeitig mit der Arbeit zu beginnen. Die Kühe mussten gefüttert und gemolken, der Stall ausge­ mistet werden. Dann mussten die Viecher auf die Weide getrieben werden.
    Urho Jääskeläinen war ein dreißigjähriger Savolaxer, Bauer mit Leib und Seele. Er wohnte im entlegenen Dorf Röntteikkösalmi. Urho hatte von den Eltern einen recht gut gehenden Hof geerbt, er bebaute zwanzig Hektar Land, davon den größten Teil mit Gras und Futtergetrei­ de, außerdem hatte er noch einen großen Schlag mit Zuckerrüben bepflanzt. Im Stall standen zwölf Kühe. Es hätten gern mehr sein können, der Stall war neu, und Futter produzierte der Betrieb über den eigenen Bedarf hinaus, aber das Milchkontingent war unerbittlich. Urho musste mit dem jetzigen Bestand auskommen. Und nirgends waren Arbeitskräfte zu bekommen. Die Zeitun­ gen schrieben dauernd von Arbeitslosigkeit, wollte man aber einen Knecht einstellen, verschwanden die Arbeit Suchenden in den Verstecken der Kartei. Man konnte von Glück reden, wenn man im Sommer für eine Woche eine Urlaubsvertretung bekam, damit man mal schnell nach Teneriffa düsen konnte. Aber nicht mal das war jedes Jahr drin.
    Urho wusch die Euter der Kühe und setzte die Saug­ näpfe der Melkmaschine an. Milch begann in den Tank zu strömen. Eigentlich wäre dies die Arbeit Katis, seiner Frau, gewesen, aber von der hatte er keine Hilfe in Haus und Hof zu erwarten. Die heiratsfähigen Mädchen von Röntteikkösalmi waren gleich nach der Schule in die Welt hinausgegangen, auf dem Lande hatte Urho keine Frau gefunden. Er hatte befürchten müssen, Junggesel­ le zu bleiben. Auf der Landwirtschaftsausstellung von Pieksämäki vor ein paar Jahren hatte er dann doch noch einen Treffer gelandet, oder wie man es nun nen­ nen wollte. Mithilfe des Computers war er auf die hei­ ratswillige junge Städterin Kati gestoßen, wohnhaft in Helsinki, Stadtteil Kallio. Kati wollte gern aufs Land ziehen, sie schwärmte fürs Reiten und für ökologischen Feldanbau. Eine ehemalige Gaststättenhilfskraft aus der Pengerkatu.
    Kati konnte sich nicht recht mit der ländlichen Arbeit anfreunden. Das Melken ekelte sie, und sie hatte Angst vor Kühen. Schweine durften auf dem Hof gar nicht erst gehalten werden, denn sie stanken so unangenehm. Vom Mai bis in den späten Herbst hinein lief der jungen Frau die Nase, sie war ungefähr gegen alles allergisch, gegen Kuhhaare, gegen den Raps auf der Wiese. Vor einer Staublunge fürchtete sie sich so sehr, dass sie erst gar nicht im Heu arbeitete. In Gummistiefeln schwitzten die Füße, auch das war ein Grund, der Arbeit fernzu­ bleiben. Ein Kind hatte sie immerhin gebären können, ein ewig greinendes Gör mit Milchschorf. Und als ehe­ malige Gaststättenhilfskraft war Kati eine ausgezeichne­ te Köchin: Sie servierte Urho, so oft es ging, Würstchen mit Kartoffelbrei und Buletten mit Pommes frites. Manchmal sonntags überraschte sie ihn, indem sie hochherrschaftlich ein Blättersteak auftischte!
    Urho Jääskeläinen war an diesem Morgen nicht in be­ ster Stimmung. Kati war wie üblich im Bett liegen ge­ blieben. Sie pflegte zu sagen, dass sie auch in der Gast­ stätte nicht im Morgengrauen mit der Arbeit anzufangen brauchte. Und jede einzelne Überstunde, die sie dort gemacht hatte, hatte sie extra bezahlt bekommen. Be­ zahlte Urho ihr etwas dafür, wenn sie mitten in der Nacht aufstand, um sein Frühstück zu machen? Eins zu null für Kati.
    Der Landwirtschaftsberater des Bezirkes hatte Urho Jääskeläinen vorgeschlagen, sich ein Computerterminal anzuschaffen, aber er hatte sich für den Gedanken nicht recht erwärmen können. Er hatte gesagt, dass er vor ein paar Jahren bei der Landwirtschaftsausstellung in Pieksämäki das Vertrauen in Computer verloren habe.
    Als Urho die Arbeit im Kuhstall erledigt hatte, trieb er die Tiere nach draußen und dann weiter durch

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