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Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition)

Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition)

Titel: Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Hodder
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manchen Menschen als »Opa Langbein« bezeichnete Spinnentier diente als einsitziges Lieferfahrzeug. Die Schale des kleinen ovalen Körpers, die in sechs Meter Höhe schaukelte, war zu einem schüsselförmigen Fahrersitz geschnitzt worden, hinter dem ein Dampfmotor tuckerte. Unter dem Körper baumelte in einem Netz eine Holzkiste. Die beiden Schlote des Fahrzeugs pumpten dichte Rauchschwaden in die Luft, und eine davon sank herab, umhüllte die Männer und verbarg kurzzeitig Mr Grub. Als er wieder in Sicht geriet, hielt er sich die Hand an die Stirn, und sein Gesicht wirkte schmerzverzerrt.
    »Warum hauen Sie nich’ einfach alle ab?«, murmelte er, als das bizarre Gefährt um eine Ecke verschwand.
    »Ich verhafte Sie hiermit wegen …«, setzte Detective Inspector Honesty an.
    »Nein«, fiel ihm Burton ins Wort und packte den Arm des kleineren Mannes. »Lassen Sie ihn, er ist ein anständiger Bursche. Gehen wir weiter.«
    »Aber …«
    »Kommen Sie!«
    Burton führte den Mann von Scotland Yard weg, gefolgt von Swinburne und Trounce. Letzterer schaute verwirrt zum Straßenverkäufer zurück.
    »Donner und Doria! Was für eine unvorstellbare Unhöflichkeit!«, brummte er.
    »Und vollkommen untypisch für ihn«, merkte Burton an. »Vielleicht hat er zu Hause Ärger.«
    »Der gehört verhaftet!«, erboste sich Honesty. »Einen Polizeibeamten zu beleidigen.«
    »Es schwimmen größere Fische im Teich«, meinte Burton zu ihm.
    Sie liefen weiter die Gloucester hinab, bis die nordöstliche Ecke des Hyde Parks in Sicht geriet. Dort hatte sich eine große Menschenmenge eingefunden, die fast ausschließlich aus Vertretern der Arbeiterklasse mit hochgerollten Hemdsärmeln, Hosenträgern und Leinenmützen bestand. Einige Herren mit Zylindern hielten sich an den äußeren Rändern der Versammlung auf. Dr Kenealy und der Anspruchsteller waren in der Nähe eines Podiums zu sehen. Sie wurden von einigen geckenhaft gekleideten Personen umringt – offensichtlich Aufrührern –, die anscheinend als Leibwächter dienten.
    »Was für eine Menge!«, entfuhr es Trounce, als sie sich den Weg durch die Massen bahnten.
    »Und alle sind gekommen, um die Missgeburt zu beglotzen«, meinte Swinburne.
    Ein Mann mit pockennarbiger Haut und schlechten Zähnen lehnte sich zu ihm rüber und sagte: »Ditt is’ keene Missjeburt, Sie Flitzpiepe. Ditt is’ ’n Adliger, den die verflucht’n Winkeladvokaten um ditt jeprellt hamm, was rechtmäßig ihm jehört.«
    »Ich muss doch sehr bitten!«, protestierte der Dichter.
    »Scheren Sie sich um Ihre eigenen Angelegenheiten«, befahl Trounce.
    Der Mann grinste garstig, wandte ihnen den Rücken zu und humpelte leise fluchend davon.
    Sie standen da und warteten.
    Zehn Minuten später fragte Burton: »Bilde ich mir das ein, oder werden uns ziemlich feindselige Blicke zugeworfen?«
    »Pst!«, gab Swinburne zurück. »Der Anspruchsteller spricht gleich!« Er holte einen silbernen Flachmann aus der Jackentasche und nahm einen gewaltigen Schluck.
    Der unglaublich fettleibige Mann hievte sich auf das Podium. Die Menge stimmte spontan ein Lied an.

    »Viel Frohsinn kannte mein Leben schon,
    Gar viele heitere Stunden,
    Nur hab ich trotzdem bis heute noch
    Kein Eheweib gefunden.
    Am besten beherrsch ich das Spiel der Freuden,
    Bin darin begnadet.
    Nachts wird gefeiert, tagsüber geschlafen
    Und in Champagner gebadet!«
    Swinburne lachte und stimmte laut in den Refrain ein:

    »Denn Champagner Charlie ist mein Name,
    Champagner Charlie ist mein Name.
    Oh Jungs, bin nachts für Spiele gut,
    Oh Jungs, bin nachts für Spiele gut.
    Champagner Charlie ist mein Name,
    Champagner Charlie ist mein Name.
    Oh Jungs, bin nachts für Spiele gut,
    Sagt, wer es mir noch gleichtut.«
    »Sei still, du Idiot – du lenkst Aufmerksamkeit auf uns!«, zischte Burton.
    Dr Kenealy kletterte neben seinem Klienten auf das improvisierte Podium und bedeutete der Menge zu schweigen. Zögerlich taten die Menschen, wie ihnen geheißen.
    »Ich möchte Ihnen einen Mann vorstellen«, begann er mit lauter Stimme, »der mit den Adelsfamilien dieses Landes gut bekannt ist, weil er selbst als einer der ihren geboren wurde.«
    »Buh!«, johlte jemand in der Nähe Burtons und seiner Kollegen.
    »Er ist sogar«, fuhr Kenealy fort, »ein entfernter Vetter meines Klienten!«
    »Hurra!«, brüllte der Mann, der gerade gebuht hatte.
    »Bitte erübrigen Sie ein wenig Ihrer Zeit für Mr Anthony Biddulph!«
    Kenealy trat zurück, und ein kleiner dürrer Mann

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