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Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition)

Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition)

Titel: Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Hodder
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legte sich mit den Händen hinter dem Kopf zurück und starrte an die Decke.
    *
    Zwei Wochen vergingen.
    Burton arbeitete an einer erweiterten Ausgabe seines Buches Die Seenregion von Zentralafrika . Allmählich gelangte er wieder zu Kräften. Seine schwer geprüfte Haushälterin, Mrs Iris Angell, kochte ihm fabelhafte Mahlzeiten und kam der Verzweiflung nahe, wenn er sie kaum angetastet zurückschickte. Sein Appetit war schon immer gering gewesen, aber jetzt brauchte er – wie sie ihm jeden einzelnen Morgen und jeden einzelnen Abend mitteilte – dringend Nahrung.
    Sie unterschätzte seine Rossnatur.
    Nach und nach bekamen die eingefallenen, zernarbten Wangen wieder eine gesunde Farbe, die dunklen Schatten unter seinen Augen verblassten, und seine Hände wurden ruhig.
    Algernon Swinburne, der mittlerweile zurück in seine eigene Wohnung in der Grafton Street am Fitzroy Square gezogen war, besuchte ihn regelmäßig und stellte zufrieden fest, dass der übliche dunkle Teint seines Freundes zurückkehrte und die gelblich-fahle Gesichtsfarbe nach und nach verdrängte.
    Schließlich kam Burton endlich so weit zu Kräften, dass er einen Bericht über seine Konfrontation mit Sir Charles Babbage schreiben konnte. Er verschwieg dabei nichts. Als er geendet hatte, rollte er das Dokument zusammen und steckte es in einen zylindrischen Behälter, den er in eine merkwürdig aussehende Vorrichtung aus Kupfer und Glas auf seinem Schreibtisch schob. Er wählte die Nummer 222 und drückte einen Knopf. Ein Zischen ertönte, eine Dampfwolke stieg auf, es ratterte, und der Behälter schoss eine Röhre entlang geradewegs in Richtung Büro des Premierministers.
    Burton hatte sich gerade in seinem Lehnsessel niedergelassen und griff nach einer Zigarre, als es an der Tür klopfte und Mrs Angell eintrat.
    »Eine Komtesse Sabina ist hier und wünscht, Sie zu sehen, Sir.«
    »Du meine Güte, sie ist hier? Bitte schicken Sie die Dame herauf!«
    »Soll ich sie als Anstandsdame begleiten?«
    »Das ist nicht nötig, Mrs Angell. Die Komtesse und ich sind miteinander bekannt.«
    Wenig später betrat eine Frau das Arbeitszimmer. Sie war groß und mochte einst eine kantige Schönheit besessen haben, doch sie präsentierte sich verhärmt – in ihren Zügen prangten Sorgenfalten, graue Fäden durchzogen ihr kastanienbraunes Haar, ihre Fingernägel waren abgekaut und unlackiert. Ihre Augen jedoch waren außergewöhnlich – groß, leicht schräg und von einem überaus dunklen Braun.
    Sie galt als Londons führende Handleserin und Wahrsagerin und hatte Burton während des Spring-Heeled-Jack-Falles einiges Kopfzerbrechen bereitet.
    »Komtesse!«, rief er. »Was für ein unverhofftes Vergnügen. Bitte setzen Sie sich. Kann ich Ihnen etwas anbieten?«
    »Nur Wasser bitte, Captain Burton«, antwortete sie mit melodischer Stimme und leichtem Akzent.
    Er ging zur Kommode und schenkte ihr ein Glas ein, während sie Platz nahm, ihren schwarzen Reifrock glatt strich und ihren Schutenhut zurechtrückte.
    »Es tut mir leid, Sie zu stören«, sagte sie, als er ihr das Glas reichte und sich ihr gegenüber niederließ. »Meine Güte, Sie sehen krank aus!«
    »Ich bin auf dem Weg der Besserung, Komtesse, und ich versichere Ihnen, dass mir Ihr Besuch höchst willkommen ist und keine Störung darstellt. Kann ich Ihnen irgendwie zu Diensten sein?«
    »Ja … nein … doch! Ich weiß es nicht. Vielleicht ist es umgekehrt. Ich … ich habe Visionen gehabt, Captain.«
    »Und sie betreffen mich?«
    Sie nickte und trank einen Schluck Wasser. »Als Sie mich letztes Jahr aufgesucht haben«, fuhr sie fort, »da sah ich, dass Sie einen Kurs eingeschlagen hatten, der zwar nie für Sie bestimmt war, aber trotzdem zu größerer Zufriedenheit führen würde.«
    »Ich erinnere mich daran. Sie haben gesagt, dass für mich der falsche Weg der richtige Weg sei.«
    »Ja. Aber in den letzten Tagen wurde mir zunehmend die Alternative bewusst, Captain, womit ich den ursprünglichen Weg meine. Nicht nur Ihren, sondern jenen, den zu beschreiten uns allen bestimmt war, bis der Stelzenmann uns davon abgebracht hat.«
    »Edward Oxford. Er hat sich an der Zeit zu schaffen gemacht.«
    »An der Zeit«, wiederholte sie mit leiser Stimme. Ihr Blick schien in weite Ferne gerichtet zu sein. »Tut mir leid«, flüsterte sie. »Ich hatte vor, zuerst mit Ihnen zu reden, aber es überwältigt mich. Ich kann es nicht aufhalten. Ich muss … ich muss …«
    Burton sprang vorwärts und fing das Glas

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