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Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition)

Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition)

Titel: Der wundersame Fall des Uhrwerkmanns: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Hodder
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auf der grünen Insel wütete. Eine Seuche hatte innerhalb weniger Wochen zunächst die komplette Kartoffelernte vernichtet, bevor sie sich auf andere Pflanzen ausgebreitet und die Insel praktisch in eine Wüstenlandschaft verwandelt hatte. Die Quelle allen Übels blieb ein Rätsel, wenngleich der Umstand, dass die Geißel nie auf die britische Insel übergegriffen hatte, eine Erkrankung des Erdbodens vermuten ließ.
    Die Eugeniker hatten in Zusammenarbeit mit dem Botaniker Richard Spruce an zwölf Teststätten speziell angepasste Samen gesät. Diese keimten innerhalb von Stunden, und die Pflanzen wuchsen dermaßen rasant, dass sie nach zwei Wochen die volle Reife erlangten. Gegen Ende April waren sie erblüht und bestäubt. Im Verlauf des Monats Mai breiteten sich ihre Samen und Sporen im gesamten Land aus, und Anfang Juli glich Irland von Küste zu Küste regelrecht einem Dschungel.
    Unerklärlicherweise beschränkten sich die Pflanzen – wie schon die Seuche selbst – auf die Insel; nirgendwo sonst keimten ihre Samen. Was sich als Glücksfall erwies, denn wie bei jedem anderen Experiment der Eugeniker brachten die Vorteile auch diesmal einen unerwarteten Nebeneffekt mit sich.
    Die neue Flora entpuppte sich als fleischfressend.
    Das Experiment wurde ein unvergleichliches Desaster.
    Im Juni und Juli wurden über fünfzehntausend Menschen getötet. Giftige Dornen wurden auf die Insulaner abgefeuert, sie wurden von Ranken erdrosselt, von säurehaltigem Pflanzensaft verbrannt, blumigen Düften vergast oder von Wurzeln durchbohrt und ausgesaugt. Die Wissenschaftler wussten weder ein noch aus. Irland wurde unbewohnbar. Die Bevölkerung floh.
    Während der mittleren Sommermonate erzitterte die britische Insel unter einem gewaltigen Flüchtlingszustrom. Barackensiedlungen aus Holzhütten, um die Geflohenen unterzubringen, wurden in Südwales, entlang der Ränder von Dartmoor, in den schottischen Highlands und in den Yorkshire Moors errichtet. Rasch verkamen sie zu von Krankheiten verseuchten Elendsgebieten – und boten eine Kulisse für erbärmliche Zustände, Gewalt und Armut.
    Lord Palmerstons Lösung für das Problem war sowohl erfindungsreich als auch sehr, sehr gefährlich.
    Burton konnte sich lebhaft vorstellen, wie der Premierminister über zwei Berichten gebrütet hatte, von denen einer den Titel Die Irland-Krise und der andere Die Trent-Affäre trug, und er konnte sich das Funkeln in den Augen des Mannes ausmalen, als ihm der radikale und gewagte Plan in den Sinn gekommen war.
    Die Trent-Affäre hatte im vorigen Dezember begonnen, als zwei Diplomaten der Konföderierten, John Slidell aus Louisiana und James Mason aus Virginia, nach London entsandt wordenwaren, um Palmerston davon zu überzeugen, dass eine unabhängige Konföderation mit Großbritannien einen für beide Seiten vorteilhaften Wirtschaftsbund eingehen würde. Sie waren gerade mit dem britischen Postschiff Trent unterwegs, als dieses vom Unionsschiff USS San Jacinto abgefangen wurde. Das britische Schiff wurde geentert, mehr oder weniger gewaltsam durchsucht, und die Gesandten wurden gefangen genommen. Der Zwischenfall wurde in ganz Europa als unerhörte Beleidigung und eklatante Provokation empfunden. Palmerston forderte daraufhin empört eine Entschuldigung von der Union. Während er auf Präsident Lincolns Antwort wartete, befahl er der Armee, die Truppen an der kanadischen Grenze aufmarschieren zu lassen, und der Royal Navy, weltweite Angriffe auf amerikanische Schiffe vorzubereiten.
    Ende Januar reagierte Lincolns Außenminister, indem er Slidell und Mason freiließ und in einem Brief erklärte, das Entern und Durchsuchen der Trent sei womöglich auf eine etwas unglückliche Weise durchgeführt worden, aber laut Seerecht vollkommen legal gewesen.
    Palmerston war dadurch keineswegs besänftigt. Er berief eine Dringlichkeitssitzung des Kabinetts ein, stapfte in den Raum, ließ seinen Zylinder auf den Tisch niedersausen und verfiel in einen seiner berüchtigten Wutanfälle. »Ich weiß ja nicht, ob Sie das dulden wollen«, brüllte er, »aber ich will eher verflucht sein, als das zu tun!«
    Die Aufrüstung ging weiter.
    Der Premierminister ordnete den Bau von zwölf flachkieligen, gepanzerten, dampfbetriebenen Kriegsschiffen an, eigens dafür entworfen, amerikanische Küstengewässer zu befahren. Auch sechs neue Rotorschiffe für den Kampfeinsatz wurden gebaut, alle mit Bombenkammern.
    Am 4. Juli 1862 gab Palmerston zwei Erklärungen ab. Die

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