Der Wunsch des Re
nur etwas mitzuteilen, was dich sicher erfreut hätte, glaube mir.« Er musterte sie und legte den Kopf dabei schief. »Aber wie ich sehe, gefällt dir dein Dasein im Tempel.«
»Ja, Hoheit, in der Tat. Ich bin zufrieden mit meinem Leben. Ich werde von klugen Männern unterrichtet und habe einen guten Gebieter, der nett und freundlich zu mir ist. Was kann sich jemand wie ich sonst noch wünschen?«
»Ich weiß nicht, Meritusir. Vielleicht würdest du es angenehmer finden, wenn nicht mehr du den Rücken vor anderen beugen müsstest, sondern die anderen vor dir, wenn nicht du einem Herrn dienen bräuchtest, sondern wenn du die Herrin wärst?«
Meritusir hatte die Stirn kraus gezogen und sah Sethi fragend an. »Ich verstehe nicht, was du mir sagen willst?«
Der Prinz nahm seinen ganzen Mut zusammen. »Meritusir ...« Verlegen senkte er den Blick und trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. »Was ich dir jetzt zu sagen habe, wollte ich dir schon so lange erzählen, traute mich aber nie.« Er seufzte verzagt. »In Theben hatte ich es mir fest vorgenommen, aber du kamst leider nicht. Nun, durch die lange Trennung, weiß ich jedoch, dass es aus tiefstem Herzen kommt.« Er sah wieder hoch und blickte in ihre grünen Augen. »Ich liebe dich, Meritusir, und ich möchte, dass du meine Gemahlin wirst.«
Die junge Priesterin stand da und glaubte sich einer Ohnmacht nahe. Sie hätte mit allem gerechnet, nicht aber mit einem Heiratsantrag von Prinz Sethherchepeschef.
Hilflos zuckte sie mit den Schultern, ihre Arme bewegten sich unkontrolliert auf und ab, und sie machte den Mund auf und zu, aber kein Ton kam heraus.
»Ich weiß, meine liebe Meritusir, das kommt jetzt alles ziemlich unerwartet für dich, aber ich meine es ernst«, fügte Sethi hinzu, dem Meritusirs Verwirrung nicht entgangen war.
Sie räusperte sich und versuchte, den Kloß in ihrem Hals loszuwerden, an dem sie förmlich zu ersticken drohte. »Ich ...«, begann sie und stotterte weiter, »... ich ... aber ... wieso ich ... warum?«
Der Boden schien unter Meritusirs Füßen nachzugeben, sodass sich Sethi genötigt fühlte, sie sanft am Arm zu nehmen und in den Schatten des Säulengangs zu führen. Dort lehnte sich Meritusir an einen Pfeiler, um nicht zu fallen.
»Verzeih mir, Hoheit«, brachte sie endlich heraus, »aber das kam in der Tat etwas zu überraschend für mich. Das muss ich jetzt erst einmal verdauen.«
Sie stieß sich von der Säule ab, deutete eine ungelenke Verneigung an und schlurfte zurück über den Hof zu der Pforte, die zu den Unterkünften der Priester führte. Dabei warf sie der großen Granitstatue des Gottes einen Hilfe suchenden Blick zu und war kurz darauf aus dem Blickfeld des Prinzen verschwunden.
Nachdem sie durch die Pforte getreten war, begann sie zu laufen und strebte geradewegs Amunhoteps Haus zu. Als sie durch den Zugang in der wuchtigen Umfassungsmauer stürmte, stieß sie beinahe mit Hekaib zusammen.
»Kannst du nicht aufpassen?«, schnauzte der Hausverweser sie an, und sie entschuldigte sich bei ihm. Dann eilte sie weiter.
Sie wollte gerade im hinteren Teil des Anwesens verschwinden, als Amunhotep aus dem Haus trat und sie zu sich rief.
»Was rennst du hier umher, als wäre ein böser Dämon hinter dir her? Musst du nicht zum Unterricht?«, fragte er sie streng und sah in ihre weit aufgerissenen Augen. »Du scheinst tatsächlich einen gesehen zu haben«, stellte er alsdann schmunzelnd fest.
»Nein, Herr, ich habe nur Prinz Sethherchepeschef getroffen«, erwiderte sie, und aus Amunhoteps Schmunzeln wurde ein breites Grinsen.
»So grauenhaft sieht der Prinz nun auch nicht aus.« Seine Miene wurde wieder undurchdringlich. »Hat er dir etwa erzählt, was er dir in Theben so dringend mitteilen wollte?«
Meritusir nickte. »Ja, Gebieter, er hat gesagt, dass er mich liebt und mich zu seiner Gemahlin machen will«, platzte sie heraus und blickte zu Amunhotep, bei dem diese Mitteilung wie ein Blitz des Großen Gottes Seth einzuschlagen schien, denn er machte ein Gesicht, was man landläufig als blöd bezeichnen würde.
»Sethi hat gesagt, dass er dich heiraten will?«, brachte Amunhotep krächzend heraus und räusperte sich, um seiner Stimme wieder die gewohnte Festigkeit zu verleihen. »Na, dann meinen herzlichen Glückwunsch, Meritusir.« Er deutete eine Verbeugung an. »Dann bin ich es jetzt wohl, der sich vor dir verneigen muss, Hoheit«, fügte er sarkastisch hinzu.
»Aber nicht doch, Herr«,
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