Der Wunsch des Re
Stimme. Ihre Augen glänzten feucht.
»Was, dass er in einer Woche nach Theben kommt?«, entgegnete Sethi, und sie schüttelte den Kopf. »Ach, du meinst, dass er in Meritusir verliebt ist?« Apathisch kratzte er sich an der Augenbraue und schwieg.
»Ja, Sethi! Hat er es dir selbst gesagt?« Bintanats Worte klangen vor unterdrücktem Schluchzen erstickt. Die Tränen liefen ihr nun richtig die Wangen hinab, und mit einem Mal tat sie Sethi leid.
»Nein, er hat es mir nicht gesagt, aber Meritusir hat es mir zu verstehen gegeben«, erklärte er.
Sethi brachte es nicht übers Herz, seine zutiefst verletzte Nichte zu belügen. Eigentlich hatte er ihr eins auswischen und ihr sagen wollen, Amunhotep hätte es ihm selbst erzählt, aber als er sie weinend und am ganzen Körper bebend dastehen sah, brachte er es einfach nicht fertig. Stattdessen erhob er sich und nahm sie in den Arm.
»Vielleicht habe ich es auch nur falsch verstanden«, versuchte er sie zu trösten, und es war auch Trost und Hoffnung für ihn selbst.
Bintanat löste sich aus seiner Umarmung und sah ihn aus geröteten Augen prüfend an. »Wenn du mich belogen hast, Sethi, dann schwöre ich dir, wirst du es eines Tages bereuen.« Sie gab ihm zu verstehen, dass er sie allein lassen sollte.
Resigniert zuckte Sethi mit den Schultern, drehte sich um und verließ leise das Schlafgemach. Er wusste, dass er Bintanat soeben großen Schmerz zugefügt hatte, und er hasste sich dafür.
Er hatte sich seit jenem Tag verändert, an dem Ramses es abgelehnt hatte, Meritusir in seinen Haushalt zu geben. Ein solches Handeln verstieße gegen die Maat, hatte er gesagt. Doch als Herr der Beiden Länder konnte Ramses jede Frau auf sein königliches Lager befehlen, wenn sie nicht gerade verheiratet war. Warum also hatte er nicht seinem Onkel diese Freude bereiten können? Immerhin begehrte er Meritusir. Warum verstieß das eine gegen die Maat und das andere nicht?
Seine Miene verfinsterte sich, und erneut begannen Hass und Neid von seinem Herzen Besitz zu ergreifen. Es waren fremde, seltsame Gefühle, die ihn immer öfter zu beherrschen versuchten und Sethi allmählich zu verändern begannen.
Sethi hasste Ramses, weil dieser ihm nicht Meritusir zur Gemahlin geben wollte, und er hasste inzwischen auch Amunhotep. Der Osiris-Hohepriester hatte ihm die geliebte Frau verwehrt und war nun im Begriff, sie ihm gänzlich zu nehmen. Zudem beneidete er Amunhotep, weil es diesem vergönnt war, Meritusir zu besitzen.
Er begab sich in seine Gemächer und versuchte, die Mittagshitze zu verschlafen, was ihm heute nicht so recht gelingen wollte. Ruhelos wälzte er sich von einer Seite auf die andere. Die beiden nubischen Diener, die ihm mit ihren Fächern etwas Kühlung zuwedeln sollten, hatte er bereits fortgeschickt, denn sie sorgten für keine Erfrischung. Er spielte schon mit dem Gedanken, sich eine Dienerin auf sein Lager zu holen, um sich ein wenig abzulenken, doch selbst danach stand ihm heute nicht der Sinn.
Am späten Nachmittag meldete ihm dann sein Haushofmeister Bintanats Besuch.
Sethi ließ sich seinen alten Lendenschurz reichen, den er achtlos in eine Ecke des Zimmers auf den Fußboden geworfen hatte, und band ihn sich um die Mitte. Anschließend gab er seinem Hausverweser zu verstehen, die Prinzessin hereinzubitten.
»Was kann ich für dich tun?«, wollte er von ihr wissen, als sie vor ihm im Zimmer stand.
Bintanat lächelte matt und starrte auf den Boden.
Sethi entgingen nicht ihre vom Weinen geröteten Augen, obwohl sie tunlichst seinen Blick mied.
»Darf ich mich setzen?«, fragte sie.
»Aber natürlich.« Er nahm sie sanft am Oberarm und geleitete sie zu einem eleganten Sessel, der auf Sitz- und Rückenfläche mit rot bezogenen Kissen weich gepolstert war. »Nimm Platz und erzähle, was ich für dich tun kann.«
Bintanat hob den Blick und sah ihn traurig an. »Stimmt es wirklich, was du mir heute Vormittag erzählt hast?«
»Ja, Bintanat. So leid es mir tut, es ist die Wahrheit. Amunhotep scheint sich in Meritusir verliebt zu haben.«
»
Scheint
?«, fragte sie, und ein Hoffnungsschimmer malte sich in ihr Gesicht. »Also weißt du es nicht mit Bestimmtheit?«
Sethi seufzte leise und ließ sich ihr gegenüber in den anderen Sessel fallen. Anschließend erzählte er ihr von seiner Unterhaltung mit der Wab-Priesterin, und Bintanats Gesicht hellte sich zusehends auf.
»Das bedeutet, dass du dich vielleicht getäuscht haben kannst«, stellte sie erfreut fest und
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