Der Wunsch des Re
lächelte Sethi glückselig an. »Denn ehrlich gestanden kann ich nicht glauben, dass sich Amunhotep in so eine verliebt haben soll.« Verächtlich rümpfte Bintanat bei diesen Worten die Nase und sah triumphierend zu Sethherchepeschef. »Amunhotep stammt aus einer alten Adelsfamilie. Warum sollte er sich ausgerechnet in eine unbedeutende Dienerin verlieben? Ihm liegen, genau wie dir, lieber Onkel, die Frauen zu Füßen, doch nur mich wird er ewig lieben!«
Resigniert schüttelte Sethi den Kopf, da er nicht begreifen konnte, wie verblendet seine Nichte in Bezug auf diesen Priester war.
»Gib dich nicht diesem Trugschluss hin«, empfahl er schlicht und beugte sich ihr zu. Seine rechte Hand strich liebevoll über ihr halblanges schwarzes Haar, das wie das Gefieder eines Raben in Res Strahlen glänzte, die durch die hoch liegenden Fenster in den Raum fielen. »Amunhotep ist genau wie ich. Wir beide haben uns keine Gemahlin genommen, weil wir noch nicht die Richtige gefunden haben.«
»Und was ist mit der Tochter des Wesirs? Immerhin warst du mit ihr verheiratet«, warf Bintanat protestierend ein.
»Das stimmt, aber sie war auch eine Frau, wie ich sie vorher noch nie getroffen hatte, und ...«
»Und diese Meritusir ist genau wie sie?«, unterbrach Bintanat ihn erneut und lachte schrill. »Sie war Nehis Tochter, Sethi! Doch was ist diese Frau? Sie ist die Tochter des Seth, nichts weiter!«
»Nein, Bintanat, sie ist etwas Besonderes. Meritusir hat etwas, was den anderen Frauen an Ramses’ Hof fehlt. Auch Amunhotep hat das erkannt, denn er ist bei der Wahl seiner Frauen wie ich.«
»
Seiner Frauen?
« Die Prinzessin hatte belustigt den Kopf schief gelegt und musterte spöttisch ihren Onkel. »Hat Amunhotep vor, sich wie Ramses einen Harim zuzulegen?« Sie kicherte vergnügt, und auch Sethi musste lachen.
»Das sicher nicht. Ich wollte damit nur sagen, dass Amunhotep bei der Wahl einer Gemahlin auf Klugheit und Bildung bedacht ist. Auch ich bevorzuge solche Frauen.«
»Ach wirklich?«, platzte Bintanat verächtlich heraus. »Das ist mir bisher nicht aufgefallen, lieber Onkel. Ich dachte immer, sie müssen nur jung, hübsch und willig sein.«
Sethi warf Bintanat einen missbilligenden Blick zu, und sie erwiderte ihn mit einer hämischen Grimasse.
»Ich sprach von der Frau, mit der ich durchs Leben gehen will«, tadelte er sie.
»Und mit einer unbedeutenden Dienerin hast du das vor?« Ungläubigkeit sprach aus Bintanats Miene. »Dann erkläre mir doch mal, was diese Meritusir besitzt, das weder ich noch die jungen Frauen bei Hofe haben! Was ist so anders an ihr?«
»Sie ist klug«, stellte Sethi lapidar fest, und Bintanat prustete belustigt auf.
»Das bin ich auch. Der Große Horus hat mich in die Palastschule geschickt, damit ich etwas lerne. Ich kann lesen und schreiben, und ich bin auch in der Lage zu rechnen.« Ihre Augen funkelten Sethi plötzlich böse an. »Ich mag zwar nicht ganz so viel gelernt haben wie du, weil ich eine Frau und kein Mann bin, trotzdem bin ich keine ungebildete Frau!« Sie sprang auf und begann aufgebracht im Zimmer auf und ab zu laufen. Da Sethi nichts erwiderte, setzte sie sich wenig später wieder und sah ihn herausfordernd an. »Das kann nicht der Grund sein, Sethherchepeschef!«
»Es stimmt, dass du nicht dumm und ungebildet bist«, gab der Prinz zögernd zu, »aber Meritusir ist es ebenfalls nicht.« Er legte die Beine übereinander und verschränkte die Arme vor der Brust. »Wusstest du eigentlich, dass Meritusir als einzige Frau in die Priesterschaft des Osiris aufgenommen wurde?«
Seiner Nichte blieb der Mund offen stehen.
»Nein, das ist nicht wahr!«, antwortete sie, nachdem sie ihre Sprache wiedergefunden hatte.
»O doch, meine Liebe. Sie wurde mit Ramses’ Zustimmung als Wab-Priesterin im Osiris-Tempel in Abydos aufgenommen und das vor bereits über einem Jahr.« Zufrieden registrierte Sethi Bintanats Verwirrung. Also bohrte er seinen Finger noch etwas tiefer in ihre Wunde und fügte hinzu: »Sie wird wie ein Mann im Haus des Lebens unterrichtet. Zudem habe ich erfahren, dass sie täglich mit Amunhotep die Baustellen des Tempels besucht. Und das ist es, was ich dir klarzumachen versuche – diese Frau ist ungewöhnlich. Wenn man sich mit ihr unterhält, merkt man ihrer Wortwahl an, dass sie ...« Sethi suchte nach den richtigen Worten, doch sie wollten ihm nicht einfallen, und so sagte er nur kurz und bündig: »Meritusir ist eben anders, und damit basta,
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