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Der Wunsch des Re

Der Wunsch des Re

Titel: Der Wunsch des Re Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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reichte, das er vor dem Baden stets abnahm und auf den Tisch neben seinem Bett legte, führte sie die goldene Figur verstohlen an ihren Mund und drückte ihr ihre Lippen auf.
    »Ich danke dir, o Großer Gott Osiris, und auch dir, Großer Gott Amun, dass ihr den Hohepriester beschützt habt«, flüsterte sie und drehte sich wieder Amunhotep zu.
    Dieser nahm sein Amulett und betrachtete es einen kurzen Moment lang stumm. Dann hängte er es sich um den Hals und begab sich, gefolgt von Meritusir, hinaus zur Tempelpforte, wo bereits Hekaib auf die beiden wartete. Zu dritt legten sie eilig den Weg zum Heiligen Becken zurück, der sie vorbei an den Werkstätten und Küchen sowie den Unterkünften der Priester und der Dienerschaft führte.
    Die anderen Gottesdiener waren bereits dabei, sich für das erste Ritual zu reinigen. Erstaunte und freudige Ausrufe wurden laut, als sie des Hohepriesters ansichtig wurden.
    Netnebu trat auf ihn zu, und die beiden Freunde umarmten sich.
    »Schön, dass du heil und gesund wieder aus Theben zurückgekehrt bist«, begrüßte er Amunhotep. »Niemand hat geglaubt, was über dich die Runde machte, obwohl es sicherlich in Abydos genug Schwatzmäuler gegeben haben wird, die es für möglich gehalten und weitergetratscht haben.«
    Amunhotep winkte ab. »Es wird meinem Ruf und meinem Ansehen schon nicht zu sehr geschadet haben. Der Freispruch durch das Orakel des Amun dürfte allerdings beides bei denen wiederherstellen, bei denen mein Name gelitten hat.« Er lächelte verschmitzt. »Außerdem kennst du mich, Netnebu«, raunte er dem Heri-tep ins Ohr. »Es kümmert mich herzlich wenig, was solche Leute über mich reden.«
     
    * * *
     
    Am Abend kam Amunhotep müde und hungrig in sein Haus zurück. Er hatte sich den ganzen Tag um seine liegen gebliebenen Aufgaben gekümmert und war mit Meritusir auf der Baustelle des Tempels gewesen.
    Als sie auf ihn zutrat, befahl er ihr, ein Abendmahl für zwei Personen aus den Tempelküchen zu holen.
    »Erwartest du Besuch?«, rutschte es ihr heraus, und er schmunzelte.
    »Nein, denn du bist schon hier.«
    Verwirrt sah sie ihn an. »Ich verstehe nicht, was du meinst, Gebieter.«
    »Wirklich nicht?« Er lächelte. »Du bist heute Abend mein Gast. Ich möchte mit dir zusammen speisen.«
    Überrumpelt starrte Meritusir ihn an, sagte aber kein Wort und verschwand, um seinen Befehl auszuführen.
    Als Amunhotep erfrischt und sauber eine halbe Stunde später in die Haupthalle trat, standen auf zwei flachen Tischen Platten mit leckerem Nierenragout, gebratenem Geflügel und scharf gewürzten Rindersteaks, die in einer kräftigen Soße mit viel Knoblauch und Zwiebeln angerichtet waren. Dazu gab es frisches Gemüse, warmes Brot, einen kräftigen roten Wein und als Krönung des Ganzen warmes, mit Honig und Melonensaft beträufeltes Gebäck.
    Dankbar sah Amunhotep zu Meritusir, die mit gesenktem Blick in ihrer Ecke stand und ihn bereits erwartete. Sie hatte sich ein frisches Kleid angezogen und sich die Augen mit ein wenig Kohol umrandet. Dazu hatte sie sich die Lider passend zur Farbe ihrer Augen geschminkt und die Lippen in einem zarten roten Ton gefärbt. Amunhotep fragte sich, woher sie Lippen- und Lidschminke hatte, denn in seinem Haus gab es solche Dinge nicht. Er verscheuchte diese Überlegung, denn es war ihm egal. Meritusir sah hinreißend aus. Er konnte kaum den Blick von ihr wenden.
    »Komm her und setze dich«, forderte er sie freundlich auf, und sie gehorchte. »Du hast dich hübsch gemacht.«
    Schön, dass du das bemerkst, dachte sie und errötete leicht. Noch immer hielt sie ihren Blick gesenkt und wagte nicht, Amunhotep in die Augen zu blicken, damit dieser ihre Unruhe nicht bemerkte. Ihr Herz raste, die Knie zitterten ihr, und sie hatte feuchte Handflächen, so aufgeregt war sie.
    Was wollte er von ihr? War das der Ausdruck seines Dankes?
    O Großer Gott Osiris!, betete sie stumm, als sie sich auf dem mit einem Kissen gepolsterten Stuhl vor einem der Tische niederließ. Wie habe ich mir gewünscht, mit Amunhotep zusammen zu Abend zu essen. Nun wünschte ich, ich wäre nicht hier.
    Kaum hörbar seufzte sie.
    Es war nicht das erste Mal, dass sie gemeinsam mit dem Hohepriester speiste. Während der Zeit, als sie an den Plänen für das Westliche Haus des Herrschers gearbeitet hatten, hatten beide die Mahlzeiten stets zusammen in Amunhoteps Arbeitszimmer eingenommen. Das hier aber war etwas völlig anderes. Das war, um es in ihrer Sprache auszudrücken, ein

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