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Der Wunsch des Re

Der Wunsch des Re

Titel: Der Wunsch des Re Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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und mit Amunhoteps Geduld war es vorbei.
    Er rief eine der Wachen zu sich und befahl dem Mann, die Dienerin mit fünfzehn Stockhieben zu bestrafen. Dann stapfte er wütend hinaus in den Garten, überlegte es sich, und trat wieder in die Haupthalle zurück.
    Sein Blick schweifte über die beiden liebevoll angerichteten Tische, und sein Zorn verrauchte. Rerut hatte sie mit frischen Blumen dekoriert, die einen betörenden Duft verströmten.
    Er trat auf den Tisch zu, an dem Meritusir speisen würde, und griff in seinen Schurz. Zum Vorschein kam ein goldenes Amulett in Form eines Djed-Pfeilers, das an einer Kette mit einem Gegengewicht in Form eines Udjat-Auges befestigt war. Verträumt lächelnd legte er es auf das Tischchen.
    Wenig später erschien die Wab-Priesterin.
    Nachdem sie sich ihm gegenüber auf ihren Stuhl gesetzt hatte, bemerkte sie das Kleinod. Erstaunt nahm sie es in die Hand und betrachtete es. Dann wanderte ihr Blick verwirrt zu ihm.
    »Das ist für dich«, sagte er freundlich lächelnd. »Ich will es dir schenken.«
    »Und wofür, wenn ich fragen darf?« Meritusir hatte den Kopf schief gelegt und sah ihn misstrauisch an.
    Verdutzt riss Amunhotep die Augen auf. »Wofür? – Das gehört sich so, wenn man mit einer Frau das Lager geteilt hat«, erwiderte er und dachte an die vergangene Nacht zurück, in der er mit Meritusir das erste Mal geschlafen hatte.
    Bisher war sie nicht dazu imstande gewesen. Zu stark hatten sie noch die Erinnerungen aus dem Haushalt des Kaufmanns geplagt, sodass er ihr die Zeit gelassen hatte, die sie brauchte, um die schrecklichen Erlebnisse zu verarbeiten. Und so hatten sie in den Nächten zuvor nur nebeneinander im Bett gelegen und sich vor dem Einschlafen unterhalten. Er hatte sie sanft gestreichelt und ihr Gesicht liebkost, aber nie etwas getan, das sie nicht wollte, oder sofort damit aufgehört, wenn er bemerkt hatte, dass es ihr unangenehm war. Er hatte Meritusir nicht drängen wollen, und Meritusir schien ihm dankbar dafür zu sein. Doch heute Nacht hatte sie sich ihm das erste Mal hingegeben.
    Ein Poltern holte ihn in die Gegenwart zurück.
    Meritusir war von ihrem Platz aufgesprungen, sodass der niedrige Tisch umgefallen war und das Essen sich auf dem gefliesten Boden verteilte.
    »Was?«, schrie sie ihn an. »Du schenkst mir ein Amulett, weil ich mit dir das Lager geteilt habe?« Sie warf das Amulett auf seinen Tisch, wo es in einer Schale mit Linsensuppe landete. Dann drehte sie sich um und lief wütend aus der Halle.
    Völlig verstört sah ihr Amunhotep hinterher.
    Was hatte er bloß falsch gemacht? Hatte er irgendetwas zu ihr gesagt, das sie beleidigt hatte? Er wusste sich keinen Reim auf ihr Verhalten zu machen.
    Etwas umständlich fischte er die Kette aus der Linsensuppe heraus und legte sie neben die Schüssel.
    Was war nur in sie gefahren?
    Amunhotep überlegte, ob er ihr nacheilen sollte, ließ es dann aber bleiben. Er ahnte, dass Meritusir ihn jetzt nicht sehen wollte.
    Der Appetit war ihm gehörig vergangen. Er ließ das unberührte Frühstück stehen und begab sich hinaus zur Baustelle.
    Von Meritusir hörte und sah er den Rest des Tages nichts mehr. Sie erschien auch nicht zum Abendmahl, und allmählich begann sich Amunhotep Sorgen zu machen. Er wollte schon Maiherperi beauftragen, nach ihr zu suchen, als sie plötzlich vor ihm in seinem Schlafgemach stand, als er sich zu Bett begeben wollte.
    »Bitte, verzeih mein Benehmen von heute Morgen, Gebieter. Es tut mir leid, dass ich so unbeherrscht und wütend war, aber du hast etwas getan, das mich tief verletzt hat.« Sie stand vor seinem Bett und blickte ihn abbittend an. »Ich vergaß jedoch in jenem Moment, dass es von dir nicht böse gemeint war.«
    Verwundert stützte sich Amunhotep mit den Händen auf die Matratze. »Was war es, Meritusir? Was habe ich falsch gemacht?«
    »Du hast mir ein Amulett schenken wollen, um dich bei mir zu bedanken. Der Grund aber, den du angeführt hast, setzt mich in der Zeit, aus der ich komme, auf die Stufe eines Mädchens aus den Bierhäusern, die sich damit ihren Lebensunterhalt verdienen«, erklärte sie ihm und sah ihm eindringlich in die Augen. »Keine Frau würde für das Zusammensein mit einem Mann ein Geschenk entgegennehmen oder es auch nur erwarten. Das machen in meiner Zeit nur gewisse Frauen, die ihren Körper an liebeshungrige Männer verkaufen. Und zu denen gehöre ich nicht.« Meritusir hockte sich vor ihn hin und strich ihm mit dem Zeigefinger über seinen

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