Der Wunschtraummann
fürchterlich herablassender Snob. Weshalb ich auch nicht verstehe, warum Fiona auf Teufel komm raus mit ihr befreundet sein will. Aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen ist sie schwer von ihr beeindruckt.
»Mummy züchtet Lamas, und Pferde liegen mir im Blut, verflohte alte Katzenviecher wären also so gar nicht meins.« Dann kichert sie blöde, und die restlichen Mädels stimmen ein wie eine Herde blökender Schafe.
Auf einmal möchte ich mich schützend vor sie werfen. Vor Flea und Fiona.
»Ach, ich weiß nicht, du kannst bestimmt ganz schön die Krallen ausfahren, wenn dir danach ist«, entgegne ich mit Unschuldsmiene.
Abrupt erstirbt das Gegacker, und man hört nur noch vereinzeltes nervöses Kichern. Aus den Augenwinkeln sehe ich Fionas entsetztes Gesicht, als Pippa sich umdreht und mich anstarrt, als sähe sie mich gerade zum ersten Mal. Sie kneift die Augen zusammen und fragt spitz: »Was machst du noch mal genau?«
»Nichts, was auch nur annähernd so faszinierend wäre wie das, was du machst …«, setze ich kess an, werde aber von Fiona gnadenlos abgewürgt.
»Ach, schau mal, Tess, dein Glas ist ja schon leer«, kreischt sie mit schriller Stimme. »Komm, wir holen uns schnell was zu trinken.« Und damit packt sie mich am Ellbogen und dirigiert mich entschieden nach drinnen.
»Tut mir leid«, sage ich, kaum sind wir wieder im Haus. »Ich weiß, Pippa ist deine Freundin, aber ich konnte einfach nicht zulassen, dass sie Flea so schlechtmacht.« Und dich auch nicht, füge ich insgeheim hinzu.
»Ach, das hat sie doch nicht so gemeint, so ist sie eben. Sie ist bloß ein bisschen schüchtern, weiter nichts«, beeilt Fiona sich, sie in Schutz zu nehmen.
»Schüchtern?« , wiederhole ich ungläubig. »Wenn Pippa schüchtern ist, dann könnte man das auch von Lady Gaga behaupten.«
Fiona tut, als hätte sie mich nicht gehört, und stürzt sich stattdessen auf den Kellner mit dem Champagner. »Zwei Gläser, bitte.«
»Danke, für mich nicht, ich glaube, ich gehe lieber nach Hause«, falle ich ihr ins Wort.
Schon ein Glas in jeder Hand wirbelt Fiona auf dem Absatz herum und verschüttet dabei den Champagner. »Nach Hause?«, ruft sie entgeistert. »Du kannst nicht nach Hause gehen: Es ist doch noch nicht mal Mitternacht! Du verpasst ja den Countdown.«
»Genau das beabsichtige ich damit«, meine ich mit einem schiefen Lächeln.
Worauf sie mich so tief enttäuscht anschaut, dass es mir gleich schon wieder leidtut. Schließlich kann sie ja auch nichts dafür, dass ich mich auf dieser Party nicht amüsiere. Egal, wie sehr ich mich auch bemühe, Liebeskummer und Silvester passen einfach nicht zusammen.
»Es tut mir leid«, sage ich und zucke entschuldigend die Achseln, »aber ich glaube, ich stehe das nicht durch, wenn alle bis ›eins‹ runterzählen und ich mir jemanden zum Küssen suchen muss.«
»Du kannst mich küssen«, erbietet sie sich ganz ernst, »nur nicht auf die Lippen.«
»Danke, Fiona, das ist wirklich sehr lieb von dir«, sage ich mit gespielter Dankbarkeit. »Ich liebe dich sehr, aber so sehr nun auch wieder nicht.«
»Schon okay, ich werde es verkraften, wenn du mir einen Korb gibst«, meint sie achselzuckend und steckt die Nase in ihr Champagnerglas. Sie trinkt ein paar Schlucke, dann stupst sie mich in die Rippen. »Ach komm schon, Tess, bleib doch und trink noch was«, versucht sie mich zu beschwatzen und hält mir verführerisch das Glas Champagner unter die Nase. »Betrinken wir uns einfach und lachen über die anderen Gäste.«
Bisher hat es eigentlich immer geholfen, mich mit Fiona zu betrinken – zumindest bis zum Kater am darauffolgenden Tag –, doch heute Abend ist mir einfach nicht danach. Daran kann nicht mal der kostenlose Champagner was ändern.
»Ein andermal«, sage ich und schüttele den Kopf.
»Aber es ist Silvester, da bekommst du sicher nie im Leben ein Taxi«, versucht sie mich umzustimmen. »Also bleib einfach hier.«
Just in dem Augenblick leuchten jedoch die Scheinwerfer eines Taxis auf, das vor dem Haus anhält und aus dem einige verspätete Partygäste purzeln. Perfekt, das wird mein Fluchtwagen.
»Und jetzt hör mir genau zu, du hast strikte Order, dich heute Abend zu amüsieren und dich schrecklich zu betrinken«, weise ich sie an und umarme sie fest, ehe sie dagegen protestieren kann. »Und nebenbei bemerkt, ich glaube, Heinrich VIII . hat ein Auge auf dich geworfen.« Womit ich quer durch den Raum auf einen Kerl in Leggins deute, mit
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