Der Wunschtraummann
Laptop …« Ich breche mitten im Satz ab.
Mit besorgtem Gesicht schaut sie mich an, dann beugt sie sich zu mir rüber und drückt meinen Arm. »Ach, halb so wild, dann hätte sich das ja nun erledigt, oder?«, bemerkt sie fröhlich, aber es klingt eher wie eine Feststellung, gegen die man lieber keine Einwände erheben sollte, und weniger wie eine Frage. »So, und nun setz dich doch einfach mal hin, und ich koche uns eine schöne Tasse Tee.« Und dann reicht sie mir ihre heißgeliebte Grazia , drückt eine Schnellwahltaste auf ihrem BlackBerry und fängt an, den Wasserkocher aufzufüllen. »Pippa, Liebes« , höre ich sie zischen. »Was zum Kuckuck war in diesem Fruchtpunsch …?«
Okay, jetzt nur keine Panik. Wie schon auf meiner Tasse steht: Ruhig bleiben und weitermachen wie gehabt. Du hast bloß einen Kater, weiter nichts. Einen wirklich schlimmen Kater. Einen Kater, der offensichtlich bewirkt, dass deine Mitbewohnerin sich nicht mehr an deinen Exfreund erinnern kann.
Oder so.
Nach einer Tasse Tee und mehreren erhellenden Seiten über Peter Andre lasse ich Fiona weiter telefonieren und verschwinde in meinem Zimmer. Ich muss mich unbedingt hinlegen. Das Herz klopft mir bis zum Hals, und ich kann nicht mehr geradeaus denken. Dass Seb mich einfach ignoriert hat, war ja schon schlimm genug, aber dass Fiona sich jetzt auch noch so seltsam aufführt, hat mir den Rest gegeben. Und dann schmiert zu allem Überfluss auch noch mein Laptop ab. Kann dieser Tag noch schlimmer werden?
Vielleicht sollte ich mich einfach ein bisschen ausruhen, vielleicht sogar versuchen, noch ein wenig zu schlafen? Ehrlich gesagt bin ich ziemlich kaputt. Müde streife ich die Turnschuhe von den Füßen und krabbele unter die Bettdecke. In der Mitte, da wo Flea vorhin geschlafen hat, ist es noch warm. Dankbar sinke ich ins Kissen und schließe die Augen. Himmel, ist das herrlich. Mir geht es gleich schon viel besser. Ja, ich bin sogar überzeugt, wenn ich nachher aufstehe, wird alles wieder sein wie immer …
Und dann rühre ich mich nicht mehr. Eingemummelt in meine daunenweichen Federwände verbringe ich den restlichen Nachmittag im Bett und kuriere meinen Kater aus, indem ich alte Schwarzweißfilme schaue, mit Flea kuschele und dann noch ein bisschen weiterschlafe. Irgendwann schleiche ich schließlich in die Küche und mache mir Tee und Toast, die ich dann mit in mein Zimmer nehme und im Bett esse, um nicht zu lange aufbleiben zu müssen. Irgendwann höre ich Fiona »Bye« brüllen und die Tür hinter ihr ins Schloss fallen, aber das nehme ich kaum zur Kenntnis. Verloren in Raum, Zeit und meiner Daunendecke kuschele ich mich noch tiefer in mein warmes weiches Bett, während im Fernseher Ist das Leben nicht schön läuft und mich behutsam wieder in den Schlaf wiegt.
Am Montagmorgen geht es mir schon wesentlich besser. Heute ist ein beweglicher Feiertag, weshalb ich nicht ins Büro muss, und mein Brummschädel ist auch weg, im Badezimmer lauern keine wildfremden Männer, und als ich verschlafen in die Küche tappe, werde ich auch nicht von einer der Stepford-Frauen begrüßt. Alles ist wie immer. Ja, das ganze Wochenende erscheint mir nun fast wie eine ferne, verschwommene Erinnerung, beinahe als sei das alles nie passiert, denke ich erleichtert und hämmere gegen Fionas Zimmertür, um sie zu fragen, ob sie einen Kaffee möchte.
Als sich drinnen nichts rührt, stecke ich kurz den Kopf rein und sehe sie tief und fest schlafend im Bett liegen. Sie ist einfach keine Frühaufsteherin. Genau genommen ist sie bisher nur ein einziges Mal vor Mittag gesichtet worden, und das war, als sie im vergangenen Sommer mit ihrer ganzen Familie nach Spanien fliegen wollte. »Als Freiberufler kann man sich den Luxus leisten, ohne Wecker aufzustehen«, ist einer ihrer Lieblingssprüche.
Leider scheint das allerdings nicht zu den Leitsprüchen von EasyJet zu gehören. Als Fiona nämlich schließlich in Gatwick eintrudelte, ließ man sie wegen ihrer Verspätung nicht mehr an Bord, und so musste sie drei Stunden bei Accessorize totschlagen, während sie auf den nächsten Flug wartete. Angeblich kann sie bis heute den Anblick glitzernder Flipflops nicht ertragen.
Auch als ich schließlich schon auf dem Weg nach draußen bin, ist von ihr noch nichts zu sehen, weshalb ich sie auch nicht noch mal auf Seb ansprechen kann. Wobei das ja auch eigentlich gar nicht nötig ist, sage ich mir streng und muss einen Sprint einlegen, um noch den Bus zu erwischen, der schon
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