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Der Wunschtraummann

Der Wunschtraummann

Titel: Der Wunschtraummann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Potter
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vorsichtig den anderen Fuß aus dem kontaminierten Pantoffel zieht. »Komm zu Mamis Freundin.«
    Man hört es rascheln und dann ein lautes Miau, worauf Tallulah unter dem Sofa hervorschießt, verfolgt von Flea, der sie wohl mit einer winzigen Ratte verwechselt hat. »Och, schau doch mal, ist sie nicht niedlich«, gurrt Fiona und hebt sie hoch. Dann hält sie den Hund irritiert auf Armeslänge von sich weg, als Tallulah knurrt und die Zähne fletscht. Fiona kann nicht besonders gut mit Tieren umgehen. Die machen sie nervös. Nicht weiter verwunderlich, wenn man bedenkt, dass sie in der Schule nicht einen, nicht zwei, nein, gleich drei Wüstenrennmäuse auf dem Gewissen hatte, die sie durch Überfütterung ins Jenseits befördert hat, bis Miss Douglas, unsere Lehrerin, die ein wahres Rennmausmassaker fürchtete, ihr verbieten musste, weiter als Rennmausbeauftragte zu fungieren. Natürlich war das damals keine Absicht. Ich glaube, sie kompensierte damit die Tatsache, dass sie selbst ständig hungern musste.
    Hoffen wir einfach, dass Pippas Welpen nicht dasselbe Schicksal ereilt wie Flopsy, Topsy und Mitzy, denke ich und beobachte leicht beunruhigt, wie sie dem Hund ein Leckerli zusteckt.
    »Siehst du, sie mag mich«, meint sie und bedenkt mich mit einem Blick, als wolle sie mir beweisen, dass sie sehr wohl mit Tieren umgehen kann.
    »Ähm, ja, das sehe ich …«, sage ich und weise nach unten.
    Verständnislos schaut sie mich an und folgt dann meinem Blick. »Ach du Scheiße!«, jammert sie.
    »Nein, diesmal nicht.« Ich kann mir das Lachen nicht mehr verkneifen, und so sehen wir beide ohnmächtig zu, wie Tallulah ihren ganzen Bademantel vollpinkelt.
    Nachher tut es mir glatt ein bisschen leid, dass ich gelacht habe, und ich biete an, ihr beim Saubermachen zu helfen, aber Fiona zeigt mir mit großer Geste die erhobene Hand, um mich zum Schweigen zu bringen. »Pippa ist meine Freundin, und für Tallulah bin ich verantwortlich«, erklärt sie hochnäsig. »Und außerdem, das mit Flopsy, Topsy und Mitzy war ein Unfall«, fügt sie gekränkt hinzu. »Woher sollte ich denn wissen, dass sie keine Pizza fressen dürfen? Ich war erst acht.«
    Also lasse ich sie in der Küche allein, wo sie großzügig ein teures Designer-Parfum versprüht, das sie zugeschickt bekommen hat, damit sie in ihrer Kolumne darüber schreibt – eigentlich sollte sie Lufterfrischer kaufen, doch wie üblich hat sie es vergessen, und nun haben wir keinen mehr. Ich seh zu, dass ich mich aus dem Staub mache. Mein Opa hat gestern ganz aufgeregt angerufen und mir gesagt, er habe genau die richtigen Knöpfe für meine Tasche gefunden, also habe ich ihm versprochen, heute vorbeizukommen.
    Aber zuerst will ich noch in den Laden, wo ich den Stoff gefunden habe.
    »Ach, an Sie erinnere ich mich noch«, werde ich von der Dame hinter der Theke begrüßt, »Sie haben den alten Mehlsack gekauft, stimmt’s?«
    »Ja, das war ich«, entgegne ich lächelnd.
    »Habe ich’s mir doch gedacht. Gesichter vergesse ich nicht so schnell. Ich weiß noch, wie komisch es war, dass Sie nur den Sack wollten und nicht die Kleider darin.« Sie lacht herzlich, sodass die Brille, die ihr an einer Kette um den Hals baumelt, auf ihrer mohairbehaarten Brust auf und ab hüpft. »Also, was kann ich für Sie tun?«
    »Ich wollte fragen, ob Sie vielleicht noch mehr von den Säcken haben«, sage ich hoffnungsvoll.
    »Nun, komisch, dass Sie das fragen, aber die alte Dame war vorhin erst da und hat noch ein paar Sachen gebracht«, erklärt sie mit einem strahlenden Lächeln. »Sie haben sie gerade verpasst. Sie ist entzückend, aus Frankreich, wissen Sie …«
    Verdammt, wie gerne hätte ich diese geheimnisvolle Französin kennengelernt, überlege ich mit einem Blick auf die aufgestapelten Kartons, die sie hergebracht hat.
    »Ihr Mann ist wohl kürzlich verstorben, und sie mistet gerade aus.«
    Die nächste Viertelstunde wühle ich mich durch die Habseligkeiten eines fremden Lebens: Teller, von denen jemand mit Familie und Freunden gegessen hat; eine Vase, in der Blumen lieber Menschen standen; ein rotes Seidenkleid für eine besondere Gelegenheit, eine Party vielleicht … ich stelle mir vor, dass die alte Dame dieses Kleid getragen hat, als sie noch viel jünger war, und wie ihr Mann sie in einem glamourösen Hotel über das Tanzparkett gewirbelt hat, unter Kristalllüstern, während im Hintergrund die Band spielte und er ihr sagte, wie wunderschön sie ist …
    Meine Gedanken schweifen ab.

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