Der Wunschtraummann
ich Pippa.
»Mist, die Treppe hatte ich ganz vergessen.«
Gefolgt von Fiona: »Wenn du willst, helfe ich dir beim Tragen …«
Energisch knalle ich ihr die Tür vor der Nase zu und bedenke Fiona mit einem Blick, der ihr sagen soll: »Wage es ja nicht«.
Schweigend gehen wir beide wieder in die Küche. Ich schnappe mir den Wein und fülle mein Glas auf, dann mache ich eine Geste in Fionas Richtung, die sich ihrer Regenbogendiät zum Trotz gerade über die Pilz-Vol-au-vents hermacht. Sie nickt dankbar und hält mir ihr Glas hin, das ich bis zum Rand vollgieße. Sie trinkt einen großen Schluck.
»Das ist wirklich ein süßes Hündchen«, meint sie kleinlaut mit einem Blick auf Tallulah, die sie daraufhin leise anknurrt und versucht, nach Flea zu schnappen. Der macht einen Katzenbuckel und stößt ein lautes, furchteinflößendes Zischen aus, worauf Tallulah sich verschreckt unter das Sofa verkrümelt.
Wir schauen uns an. Fiona reicht mit das Blech mit den Vol-au-vents, und ich nehme mir eins. Wortlos sitzen wir da und kauen.
Irgendwie habe ich das Gefühl, das wird ein verdammt langes Wochenende.
Zwanzigstes Kapitel
Als ich am Samstagmorgen aufwache, liege ich noch eine Weile dösend im Bett und mache mir wunderbar wohlige Gedanken. Ich wünschte, ich wäre bei Seb. Stelle mir vor, er würde neben mir liegen.
Aber das würde er ohnehin nicht, stimmt’s?, denke ich plötzlich. Der wäre schon längst in seinen Trainingsanzug gestiegen und würde draußen eine Runde joggen. Und zwar mit mir.
Schnell kuschele ich mich noch tiefer in die schläfrigen Untiefen meiner Daunendecke. Wobei, wenn ich jetzt so darüber nachdenke, ist es doch eigentlich ein gutes Zeichen, wenn man jemanden vermisst, oder nicht? Durch die Entfernung wächst die Liebe und so. Und außerdem kann ich so wenigstens ausschlafen. Ich umarme meinen Federkissenfreund und versuche einen beunruhigenden Gedanken zu verdrängen. Wobei ich nicht weiß, wie lange mir das noch gelingen wird – bald gehört Ausschlafen der Vergangenheit an.
Eine ganze Weile bleibe ich liegen, schlummere noch mal ein und wache wieder auf, bis ich mich schließlich aufrappele, aufstehe und in die Küche tappe, um mir einen Kaffee zu machen. Ich greife nach dem Espressokocher, dann erstarre ich.
»Ähm … Fiona«, rufe ich.
»Wasn …?«, hört man ein gedämpftes Ächzen aus ihrem Zimmer.
»Es hat wohl … ähm … einen kleinen Unfall gegeben.«
»Hä?« Man hört es rumpeln, und dann erscheint Fiona, ganz verschlafen und mit zerstrubbelten Haaren, in ihren Tierpantoffeln und einem Morgenmantel mit Kaffeeflecken. Ich schwöre Ihnen, ich staune immer wieder aufs Neue, wie sie es schafft, sich von dieser Erscheinung – die ich als »normal« bezeichne – in die »Die Nacht mit einem Mann verbracht«-Sirene zu verwandeln. Dann steht sie morgens im Kimono in der Küche, mit frisch gefönten Haaren und Lipgloss. Es ist fast, als seien das zwei völlig verschiedene Menschen.
Mit einem gewaltigen Gähnen schaut die normale Fiona erst mich an und dann den Küchenboden.
»Ach du Scheiße.«
»Das kannst du laut sagen«, entgegne ich, hocherfreut, dass sie mir das Wort aus dem Mund genommen hat und ich nichts mehr zu erklären brauche.
Tallulah ist allem Anschein nach noch nicht stubenrein und hatte des Nachts einen kleinen Unfall. Genauer gesagt, gleich mehrere, wie mir dann auffällt, als mein Blick über das Linoleum wandert, auf dem kleine Häufchen verteilt sind, als wäre ein Maulwurf am Werk gewesen.
»Wo ist sie?«
»Hm, der Spur nach zu folgen muss sie da langgegangen sein.« Ich weise hinter das Sofa.
Verschlafen schlurft sie durch die Küche, als ich plötzlich – »Pass auf!« – versteckt hinter der Yucca-Palme ein weiteres Häufchen entdecke.
Aber es ist zu spät.
»Verdammter Mist!«, flucht sie, als sie mit ihrem plüschigen Tierpantoffel mitten hineintritt. »Dieser Drecksköter!«
»Hast du nicht zu Pippa gesagt, sie sei so ein süßer Hund?«, entgegne ich mit einem amüsierten Zucken um die Mundwinkel.
Mit einem Fuß in Hundescheiße stehend beißt Fiona die Zähne zusammen. Ich kann förmlich sehen, wie ihre Loyalität ins Wanken gerät, und im ersten Moment glaube ich wirklich, sie hat die Nase voll von Pippa. Aber dann: »Nun ja, Tallulah ist natürlich sehr süß«, sagt sie, macht eine Kehrtwende, und aus ihrer Grimasse wird ein angestrengtes Lächeln. »Tallulah, Süße …«, ruft sie und balanciert auf einem Bein, während sie
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