Der Wunschzettel - Be Careful What You Wish For
bewaldete Grundstück mit den Rosensträuchern, einem Pavillon und einem riesigen, in makellose Streifen gemähten Rasenstück hinausgehen. Ein in jeder Hinsicht wirklich schönes Haus.
Ich jedoch hasse es. Es gehört Rosemary und ist, ebenso wie seine Besitzerin, kalt und abweisend. Bevor sie und Dad geheiratet haben, hat er in unserem behaglichen Cottage in Cornwall mit schiefen Wänden, winzigen Fenstern und einem Reetdach gewohnt. Inzwischen wird es nur noch in den Ferien und zu Familienzusammenkünften genutzt - Rosemary hat sich beschwert, es sei zu klein für all ihre Möbel.
Was sie damit sagen wollte, war, dass es sie zu sehr an meine Mutter erinnert.
Lionel hatte das Häuschen gekauft, als meine Mutter ihre Diagnose bekam. In der Hoffnung, das warme Klima und die Seeluft täten ihr gut, hat er unser Haus in Yorkshire verkauft und ist mit der ganzen Familie ins hunderte Kilometer südlicher gelegene Port Isaac gezogen. Ed und ich waren damals noch Kinder und hatten es schrecklich gefunden, aus unserer Umgebung gerissen zu werden und Freunde, Leeds United und Fred, unsere zahme Rennmaus, zurücklassen zu müssen, den wir im Garten beerdigt hatten. Unsere Mutter hingegen verliebte sich sofort in das Haus, und ihr Glück war ansteckend, so dass wir unsere Meinung änderten, auch wenn der Umzug keinen Einfluss auf ihre Krankheit hatte. Nicht einmal drei Jahre später war sie tot.
»Also, wie lange bleibst du?«
Wir sitzen am Küchentisch, mein Vater, ich und meine Stiefmutter, die mein unangemeldetes Erscheinen mit dem gewohnt flüchtigen Kuss auf die Wange quittiert hat, ehe sie sich darüber beschwerte, sie hätte wahrscheinlich nicht genug zu essen im Haus, da sie nicht im Supermarkt gewesen sei. »Ich hatte keinen Besuch erwartet«, erklärte sie mit einem hölzernen Lächeln und kaum verhohlenem Vorwurf in der Stimme.
Ich wende mich meinem Vater zu, dessen fleischige Finger das Käsemesser wie eine Säge umklammern, als er sich ein großes Stück Brie abschneidet.
»Nur heute«, antworte ich. »Heute Abend muss ich wieder in London sein.«
»Heute Abend?« Enttäuschung breitet sich auf seinem Gesicht aus.
»Oh, wie schade«, gurrt Rosemary.
Aber mich kann sie nicht täuschen. Ich weiß, dass sie sich diebisch darüber freut.
»Aha, jetzt verstehe ich!« Lionels Miene erhellt sich, und er schlägt mit der Faust auf den Tisch. »Du hast eine Verabredung mit einem jungen Mann.«
»Nicht ganz«, wiegle ich ab, zupfe ein paar Trauben von dem Bund auf dem Käsebrett und schiebe sie mir nacheinander in den Mund.
»Du trauerst doch nicht immer noch diesem Halunken nach, oder?«
»Er heißt Daniel«, erinnere ich ihn ruhig. Erst jetzt, ein Jahr danach, gelingt es mir, seinen Namen ohne dieses entsetzliche Gefühl der Atemlosigkeit auszusprechen, als wäre ich in den tiefen Teil eines Pools gesprungen und müsse mich an die Oberfläche kämpfen. »Und, nein, damit habe ich längst abgeschlossen.«
Na gut, dann habe ich ihm eben letzte Woche eine SMS geschickt, halte ich mir beschämt vor Augen, aber ich war betrunken, also zählt das nicht.
»Und wann kriegen wir deinen Neuen zu Gesicht?«
»Lionel!« Plötzlich fühle ich mich wieder wie eine Dreizehnjährige. Damals hat er mich immer vom Jugendclub abgeholt und mich über die Jungs ausgefragt, während wir zu unserem Häuschen am Hafen zurückgingen. Mum war gerade erst gestorben, und mit einem Mal war er derjenige, der mich durch die Pubertät, die ersten Jungs und die Aufklärung bugsierte. Es war für uns beide ein Lernprozess.
Lionel war nie ein besonders präsenter Vater gewesen - als wir noch klein waren, hatten mein Bruder und ich rasch begriffen, dass er auf »Lionel« schneller reagierte als auf »Daddy«, obwohl er, wenn er in seinem Atelier saß und malte, tagelang für niemanden ansprechbar war. Deshalb war es ein ziemlicher Schock für ihn gewesen, von einem Tag auf den anderen als allein erziehender Elternteil dazustehen - ein Mann, der noch nie eine Windel gewechselt hatte und nun gezwungen war, Binden für seine Teenagertochter zu kaufen.
Aber irgendwie haben wir diese Phase durchgestanden. Wenn wir den Verlust der Ehefrau und Mutter durchstünden, würden wir alles durchstehen, hatte er mir versichert, als ich mich unter Tränen mit meinem ersten BH im Badezimmer verbarrikadiert hatte.
Einschließlich dieses Mittagessens.
»Ich war zu sehr mit meiner Arbeit beschäftigt, um mir einen Freund zu suchen.«
»Heather ist das, was
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