Der Wunschzettel - Be Careful What You Wish For
fast lehrbuchmäßige Weise romantisch. Als er mir die Jacke abnimmt, einen Stuhl heranzieht und die Flasche Veuve Cliquot öffnet, bin ich fast ein wenig überwältigt.
»Ein Toast«, verkündet James und reicht mir eine Champagnerflöte.
Ich streiche mein Kleid, das ich zu bügeln vergessen habe, glatt und sehe James in die Augen. Er stößt mit mir an, schaut mir eindringlich in die Augen, und ich weiß, dass eigentlich - na ja - romantische Gefühle in mir auf kommen sollten. »Auf uns«, erklärt er mit bedeutungsschwangerer Stimme.
Doch stattdessen komme ich mir ein klein wenig lächerlich vor. »Auf uns«, flüstere ich, ehe mich mit einem Mal das Bedürfnis überkommt, zu kichern. Oder irgendeinen dämlichen Witz zu reißen, der noch nicht einmal lustig ist. Wie Gabe es neulich getan hat, als ich mir Tatsächlich … Liebe auf DV D angesehen habe und ihn ständig zum Schweigen bringen musste, indem ich mit dem Kissen nach ihm schlug.
»Und«, sagt James und berührt sanft meine Wange, »haben dir die Rosen gefallen?«
»Sie waren sehr schön«, antworte ich und schiebe sämtliche Gedanken an Gabe und seine grottenschlechten Witze beiseite, die mich zu verfolgen scheinen. »Ich habe dir eine Nachricht hinterlassen. Hast du sie nicht abgehört?«
»Doch«, lächelt er, »aber ich wollte ganz sichergehen.« Er beginnt, meinen Hals zu liebkosen.
»Ach ja?«, flüstere ich und stehe reglos da, während das Bedürfnis zu kichern verfliegt. Eines muss man James lassen: Er weiß verblüffend genau, wie er mich an jenen Stellen küssen muss, um … Ohhh. Als sein Mund das zarte Fleisch unter meinem Kinn umkreist, vergesse ich jeden Anflug von Selbstbeherrschung und lege genüsslich den Kopf in den Nacken.
»Weil mir aufgefallen ist …«
Ich genieße das berauschende Gefühl der Champagnerperlen auf meiner Zunge und seiner Lippen, die sich mit zarten fedrigen Küssen über meine Wangen arbeiten, schließe die Augen und entspanne mich.
»… dass es nur neun waren.«
Meine Augen klappen auf.
»Ist dir das nicht aufgefallen?«, fragt er und mustert mich besorgt.
Ich fasse es nicht. Er hat es gemerkt. »Äh … nein, ich glaube nicht«, lüge ich.
Den Kopf noch immer in den Nacken gelegt, starre ich ins Leere.
»Doch, es waren definitiv nur neun«, beharrt James und küsst wieder meinen Hals, nur dass ich es inzwischen eher als irritierend statt aufregend empfinde. »Ich habe sie gezählt, als du dich umgezogen hast. Morgen rufe ich gleich den Floristen an.«
»Nein, tu’s nicht. Ehrlich. Es ist völlig in Ordnung. Und es spielt doch keine Rolle.« Ich weiß nicht, was mich mehr entsetzt: die Aussicht, dass er den Floristen anrufen will oder dass er sie gezählt hat. Ich löse mich von ihm und greife nach der Champagnerflasche, um mir nachzuschenken, nur dass ich sie zu schnell kippe und die Blasen über den Rand des Glases perlen.
»Aber ich habe ein Dutzend rote Rosen bestellt«, beharrt er und greift eilig nach einer Serviette, die er um den Stiel meines Glases legt, um die Flüssigkeit aufzusaugen.
»Keine Sorge, ich habe ja jede Menge davon.« Ich drücke seinen Arm.
»Ich weiß, aber darum geht es nicht«, erklärt er, lässt sich auf den Boden sinken und betupft hektisch den Teppich, obwohl ich sicher bin, dass ich nicht so viel verschüttet habe. Es waren nur ein paar Tropfen. »Man kann doch nicht nur neun schicken«, brummt er.
»Wieso nicht?«, necke ich ihn halb im Scherz, halb im Ernst. Ich greife nach einer zweiten sorgsam gefalteten Serviette und will ihm helfen, doch er verscheucht mich und meint, ich sei doch der Gast. Vages Unbehagen beschleicht mich. »Wer sagt eigentlich, dass es ein Dutzend Rosen sein muss? Was ist falsch an der Zahl neun?«, frage ich, ehe ich mich beherrschen kann.
»Weil es einfach nicht geht«, erwidert er perplex, als wolle ich damit eine universelle Wahrheit in Frage stellen, wie zum Beispiel, dass die Erde vielleicht doch eine Scheibe ist und Männer Multitasking beherrschen. »So funktioniert das nun mal.«
Wie funktioniert was? Romantik?
Als ich zusehe, wie er auf dem Boden herumkriecht, bemerke ich auf einmal, dass meine gesamte Überzeugung ins Wanken gerät. Mein ganzes Leben habe ich mich mit unromantischen Männern herumgeschlagen, obwohl ich so gern Blumen geschickt bekommen und mit romantischen Candlelight-Dinnern verwöhnt werden wollte, und jetzt - ich sehe die Kerzen auf dem Tisch an, die gekühlte Champagnerflasche, die Gläser, auf denen
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