Der Wunschzettelzauber
halten.«
Chloe kochte vor Wut. Giles hatte nicht das geringste Recht, sie zu verspotten. Sie war von Anfang an vor Charlie geflüchtet, weil sie sich vor den Gefühlen fürchtete, die er in ihr auslöste, und sie hatte nach Gründen für diese Flucht gesucht. Charlie würde nie wieder ein Wort mit ihr sprechen, so wie sie ihn behandelt hatte. Und jetzt Guillaume ⦠Chloe schloss verzweifelt die Augen. Oh Gott, was für einen Schlamassel hatte sie angerichtet!
»Lass mich und meine Gefühle aus dem Spiel, Giles. Jetzt geht es um Philip und Sally. Du meine Güte, was hast du da angerichtet!«
»Tut mir leid, Mum«, flötete Giles in einem weiteren Versuch, sich in sorgloses Gebaren zu retten.
»Halt die Klappe und hör mir zu. Du wirst mir helfen, diese Schweinerei in Ordnung zu bringen. Ich suche Sally, und dann â¦Â«
»Chloé!« Bruno steckte den Kopf durch die Tür. »Megan ist am Apparat. Ich verstehe nicht, was sie will. Sie ist so aufgeregt. Du Âsolltest mit ihr sprechen. Und dann geh bitte wieder an die Arbeit. Es ist viel los, und Pascal und ich können nicht alles alleine ma-chen.«
Megan rief zweifellos vom Markt aus an. Seitdem sie ihren eigenen kleinen Stand dort hatte, um ihre Strickjacken zu verkaufen, kämpfte sie mit einer Schwierigkeit nach der anderen. Was war diesmal das Problem? Ein zusammengebrochener Verkaufstisch? Zu wenig Wechselgeld? Chloe warf einen raschen Blick die StraÃe hinunter. Kein Anzeichen von Megan. Seltsam.
»Tut mir leid, Bruno. Giles«, rief sie scharf in ihr Handy, »du sprichst kein Wort mit irgendjemand, bis ich dich zurückrufe.« Dann drückte sie die Verbindung weg und marschierte ins Café.
Sie hatte den Hörer des Telefonapparats hinter dem Ladentisch noch nicht in der Hand, da hörte sie schon wildes Gekreisch herausdringen: » Chlo-eeee! Hiiiilf miiir !«
»Hallo, was ist denn los? Ich sehe dich auf dem Markt gar nicht. Wo ist dein Stand?«, versuchte Chloe zu Megan durchzudringen.
»Ich hab solche Angst! Die bringen sich noch um! Du musst sie aufhalten!«
»Was? Wen meinst du?« Aber schon als Chloe die Frage stellte, wusste sie die Antwort: Sally, Philip und der andere Mann. Megan und Theo wohnten fast direkt nebenan. »Wo sind sie?«
»Sie sind gerade aus dem Haus gerannt«, blökte Megan. »Ich rufe die Polizei.«
In Sallys Haus musste es zur Katastrophe gekommen sein. Philip war, nachdem er Giles getroffen hatte, nach Hause gegangen und hatte sie wohl in flagranti erwischt. Vielleicht waren sogar die Kinder Zeuge des Ganzen geworden! Schrecklich, ganz schrecklich! Chloe sah sich um. Eine lange Schlange wartender Kunden stand vor ihr. Bruno und Pascal waren in der Küche. Sie musste jetzt wirklich aufhören. »Gute Idee. Komm dann hierher auf einen Kaffee, ja? Ist Sally bei dir? Ist sie in Ordnung?«
»Sally?« Megans Stimme klang überrascht. »Nein. Sie ist nicht hier.«
»Ach, Gott sei Dank. Und Philip? Ist er verletzt?«
Chloe konnte Megans Antwort nicht verstehen, denn sie wurde von lautem Rufen und Brüllen drauÃen übertönt. Ihre Kunden drängten sich an der Glasfront des Cafés, um auf die StraÃe hinauszuspähen. Bruno kam aus der Küche.
»Hey, Megan, ich muss aufhören. Da drauÃen auf der StraÃe ist irgendetwas im Gange.«
Chloe und Bruno traten ins Freie. Chloe blickte die StraÃe rauf und runter. Das Gebrüll kam vom anderen Ende der StraÃe her, aus der Richtung von Megans Haus, und es nahm an Lautstärke zu.
Plötzlich kamen zwei Männer um die Ecke gerannt. Der eine jagte in grimmiger Entschlossenheit hinter dem anderen her. Und was alle, die zusahen, am meisten faszinierte, war die Tatsache, dass der hintere Mann, der schrie: »Halt endlich an, du Mistkerl!«, in Anzug und Krawatte war, der Flüchtende hingegen splitterfasernackt. Es war eine ungewöhnliche Szene in dieser sonst so ruhigen Gegend, und sie wäre ein Foto in London, nackt wert gewesen. Kajas Freund David, der Yogi, hätte bei dem Anblick sicherlich beifallspendend den Daumen in die Höhe gereckt.
Das groteske Schauspiel, das die beiden Männer boten, erregte allgemeine Aufmerksamkeit, und überall kamen Leute aus den Läden und Häusern, um sich nichts davon entgehen zu lassen. Die beiden hetzten im Zickzack um Autos und Marktstände herum die StraÃe herunter,
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