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Der Zauber der Casati

Der Zauber der Casati

Titel: Der Zauber der Casati Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camille de Peretti
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Bilder, aber im Zentrum der Aufmerksamkeit würde Augustus John stehen, er war der Künstler. Dank diesem Nachbarn würde wenigstens einer ihr ein paar schmeichelnde Worte sagen. Die Marchesa war so bedürftig nach einem Kompliment, nach einem stützenden Arm für den Augenblick, in dem sie dieser Vision aus einer versunkenen Vergangenheit gegenüberstehen würde.

    Was geht im Kopf einer Frau vor, die alles verloren hat? Wovon träumt sie, während sie durch den Green Park spaziert? Sie wollte spektakulär sein, doch jetzt ist das Spektakel vorüber. Als die alte, schwarzgekleidete Dame den Saal betrat, war da die altbekannte leichte Neigung des Kopfes, als wäre die Tür ihr zu niedrig. Das Gemälde hob sich von der Wand ganz hinten ab, die Frau mit den roten Haaren war jung und schön, ihre Lippen granatrot, die Welt gehörte ihr. Die alte Marchesa spürt ihr Herz brennen. Ihr gequältes Leben zieht im Blick der Gemalten vorüber, der Champagner, die Abende bei den Gramonts, die Porträtsitzungen bei Augustus, der sie nebenbei noch schnell besprang, auf dem nackten Boden, ohne Liebe, ohne Liebe. Das Spektakel ist vorüber, doch das Echo des Applauses hallt in der Stille nach, in der sie sich ihrem Porträt nähert. Alle treten beiseite, als sie vorüberkommt. Da steht sie im Rampenlicht unter den stummen Hurrarufen und den erstarrten Bravos. Sie macht einen Knicks, sie weiß, das ist ihr letzter Vorhang.

E s war einmal, im Palazzo dei Leoni in Venedig, eine Frau, die mehr Edelsteine besaß als alle Sultane Arabiens. Ihr Leben war nichts als Rausch und Wolllust. Eines Tages beschloss sie, einen großen Ball zu veranstalten …»
    Durch die verlassenen Straßen wandert eine Gestalt. Die Bewunderung ist dem Entsetzen gewichen, die Schatten sind ihr letztes Reich geworden. Dichter, Künstler und Gelehrte, alle haben sie verlassen. Der Legende zufolge soll sie nach Kleopatra und der Jungfrau Maria die am häufigsten gemalte Frau der Kunstgeschichte sein. Sie schließt die Augen. Sie sieht den konzentrierten Blick des Malers noch vor sich, der ihr Porträt verfertigte. Wie sie sich an dem kräftigen Geruch des Terpentins berauschte! Sie schwankt. Jetzt könnte sie ein Glas Gin on the Rocks gebrauchen. Die hagere Gestalt biegt in die Carnaby Street ein. Ihre Arme so lang wie Pendel, die feinen Hände an allzu dünnen Gelenken, wie Blüten, die für ihre Stängel zu schwer sind. Sie ist nicht mehr ganz so jung, und das Londoner Pflaster ist uneben; sie strauchelt in ihrem engen Etuikleid aus abgeschabtem Satin. Unter allerlei schwarzen Schleiern verbirgt sie ihre Augen, die mit Kohle geschwärzten Lider, ihr talkumblasses Gesicht, die allzu roten Haare. Ob sie heute Abend Glück hat? Die an der Wand aufgereihten Mülleimer von Liberty sind noch nicht geleert worden. Fünf dunkelgrüne, randvolle Behälter. Ihr Puls schlägt schneller. Fieberhaft greift sie in den ersten. Allerlei Fetzen und vergilbtes Papier landen zu ihren Füßen. Aspetta … aspetta … Sie wühlt mit gekrümmten Fingern. Zeitungen, Glassplitter, ein Strumpf mit Laufmasche, fleckige Lumpen, ein Stück Bindfaden, ein Pfirsichkern, schimmeliger Karton, klebriges Papier. Sie stemmt sich auf die Zehenspitzen und wäre beinahe vornübergefallen. Wie ein Hund einen Knochen wittert, hat sie etwas Weiches gespürt. Es mit der Spitze des Zeigefingers berührt, doch dann ist es tiefer in den Eimer gerutscht. Die Abfälle ballen sich tückisch zusammen, ihr Ellbogen verschwindet darin. Sie tastet blindlings, flucht zwischen den Zähnen, wird wütend. Dann auf einmal erneut dieses Weiche. Ihre Hand packt zu, zerrt, und es gelingt ihr mit katzenhaftem Geschick, das Gesuchte aus dem Müll zu holen. Sie hält ein Stück Kaschmir empor. Sie wagt ein zahnloses Lächeln. Magnifico. Plötzlich Schritte auf dem Pflaster. Luisa lässt ihren Schleier wieder herab und drückt sich hinter einen Vorsprung. Reglos an der kalten Mauer, wartet die alte Lumpensammlerin, bis der Mann vorüber ist.
    Es war einmal in Venedig ein Palast voller funkelnder Kronleuchter und großer Sträuße rosafarbener Orchideen. Da waren Frauen in federbesetzten Mänteln, goldpuderbestäubte Sklaven, die unter den Sternen Fackeln trugen. Ihre legendäre Menagerie: die Boa constrictor namens Anaxaragus, Geparden, Rosenbrustbartsittiche. Die Gondolieri, Amore mio , mit ihren Hütchen, und die Oberkellner im Ritz, wie sie dienerten: «Zu Diensten, gnädige Frau!» Das war kein Traum, das hat sie

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