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Der Zauber der ersten Seite - Cossé, L: Zauber der ersten Seite - Au bon roman

Titel: Der Zauber der ersten Seite - Cossé, L: Zauber der ersten Seite - Au bon roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Cossé
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Investitionsrendite ist mir zu gering.
    »Das wundert mich gar nicht«, kommentierte Van. »Sie verstehen ja, was er meint: Er hat erschrocken festgestellt, dass ein Business wie Der gute Roman keinen großen Coup erlaubt. Für Sie wie für mich besteht der finanzielle Unternehmenserfolg immer nur aus kleinen Gewinnspannen bei Tag für Tag abgesetzten preiswerten Produkten. Ein Typ, der zehn Jahre lang Broker war, ist für so etwas nicht mehr geeignet. Er würde vor Ungeduld sterben. Man könnte genauso gut einem professionellen Pokerspieler empfehlen, sich auf die Forstwirtschaft zu verlegen.«
    De Winter lieferte seine Zusatzliste noch vor dem Termin ab und legte ihr ein Schreiben bei, das in mehr als einer Hinsicht seine Handschrift trug.
    Es war schwer für uns, schrieb er, mit ansehen zu müssen, wie einem Unternehmen dermaßen gewaltsam zugesetzt wird, genauer gesagt, Menschen, für die wir alles tun würden, aber eben nichts tun durften, weil wir uns zuvor zum Verzicht auf jedes Eingreifen verpflichtet hatten. Welch ein Paradox: Wir sind als Einzige zur Tatenlosigkeit verdammt, wir, für die Der gute Roman fast wie Fleisch und Blut ist. Ich kam mir vor wie ein Vater, dessen Kind vor seinen Augen gequält wird, der aber weder schreien noch eingreifen kann, denn er ist geknebelt und an Händen und Füßen gefesselt.
    Bitte wundern Sie sich nicht, dass ich so zwischen dem Ich und dem Wir hin- und herspringe. Der Pluralis Majestatis ist sonst nicht mein Stil. Ich spreche in meinem eigenen Namen, aber obwohl ich meine zum Schweigen verdammten Verbündeten nicht kenne, kann ich mir kaum vorstellen, dass eine(r) von ihnen anders reagieren würde.
    Le Magot
    PS Es hat aus der Welt der Literatur so viel Unterstützung für Ihre Buchhandlung gegeben, dass man, glaube ich, die Zusammensetzung des Komitees am sichersten herausfindet, wenn man diejenigen identifiziert, die sich einer Stellungnahme enthalten haben.
    PPS Wäre es dann nicht besser, wenn sich die eine oder der andere oder mehrere von uns zu Wort meldeten, allein schon, um die Spuren zu verwischen? Wären Sie bereit, mich von meinem Versprechen zu entbinden?
    »Auf gar keinen Fall«, beschied Francesca de Winters Anrufbeantworter, »mein lieber …« Sie brach ab, denn fast hätte sie »Le Magot« gesagt.
    Neu zwischen Anis und ihm war immerhin das Du, sagte sich Van. Anis redete jetzt mit ihm, sie beantwortete seine Fragen.
    »Es ist schwer zu erklären«, sagte sie zum Beispiel. »Ich will nicht in der Falle sitzen. Ich fing wieder an zu atmen in Grenoble, ich hatte ein Zimmer für mich, zu dem nur ich den Schlüssel hatte. Eine gemeinsame Wohnung bedeutet für mich: Noch jemand hat den Schlüssel. Ich ertrage es nicht, wenn man mich in der Hand hat.«
    Van protestierte nicht. Er sagte nicht: »Mit mir ist das anders.«
    Er sagte: »Ich habe eine Idee. Du behältst dein Zimmer in der Rue du Bol-en-Bois. Wir suchen eine Wohnung, die größer ist als mein Atelier. Ich miete sie und ziehe ein, und du kommst dorthin, wann immer du willst, du bleibst oder bleibst nicht. Du richtest sie ein, wie du willst, bringst darin unter, was du willst. Und wenn du willst, habe ich keinen Wohnungsschlüssel, dann hast nur du ihn. Wenn wir weggehen, schließen wir nicht ab, wir finden schon irgendwas, einen Magnet oder so, damit die Tür nicht weit offen steht, während wir weg sind.«
    Anis nickte wortlos.
    »Nehmen Sie Urlaub, Ivan«, sagte Francesca. »Oscar wird sich dann mit seinem Urlaub nach Ihnen richten. Verreisen Sie mit Anis.«
    Das war Vans Traum. Ich warte darauf, dass sie mich darum bittet, dachte er.
    »Ich suche eine Wohnung«, sagte er. »Das dauert. Ich möchte sie vor dem Ende der Sommerpause gefunden haben. Und dann ist alles so zerbrechlich, ich meine, was Anis angeht. Ich bin eher geneigt zu sagen: Schön stillhalten.«
    Zu diesem Zeitpunkt im Sommer hatte Van auch noch einen b eruflichen Grund, in der Buchhandlung zu bleiben. Der Artikel, in dem Carey dem Guten Roman Lorbeerkränze gewunden hatte, war bei einer Amerikanerin auf so fruchtbaren Boden gefallen, dass sie sich in ein ähnliches Abenteuer stürzen wollte. Diese Frau – mit junger Stimme – rief eines Tages Mitte Juli an. Die Verbindung war schlecht, Ivan hörte nicht viel, er hatte nur Come and see gesagt und seine Mailadresse genannt. Darauf war nichts mehr gekommen, nicht die kleinste Mail. Aber drei Tage später stand eine fröhliche Rothaarige in der Buchhandlung: Here I am.
    Sie hieß

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