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Der Zauber des Engels

Der Zauber des Engels

Titel: Der Zauber des Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hore
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Er war verheiratet. Sie hatte keinen Anspruch auf ihn. Alles, was über eine bloße Freundschaft hinausging, war schlicht unmöglich. Sie hatte einfach nur keine Lust mehr, von seiner Frau Marie zu hören, das war alles. Sie wollte nicht daran erinnert werden, dass Marie immer noch seine Träume beherrschte, auch wenn sie ihn betrogen hatte. Vielleicht würde Marie eines Tages zu ihm zurückkehren. Laura wusste, dass es ihre Pflicht war, für diesen Tag zu beten, ohne daran zu denken, welche Folgen dies für ihre Freundschaft haben würde. Wenn doch nur das Licht, das auf seine rotgoldenen Haare schien, ihr Herz nicht so zum Rasen bringen würde, würde sie das alles viel besser ertragen können.
    An einem milden Julinachmittag machten sie einen Spaziergang zur Westminster Abbey, vorbei am Royal Aquarium. Sie trug ihr goldenes Kleid, in dem sie sich immer besonders schön fühlte.
    »Ich war mal mit Marie zu einer Hochzeit hier«, sagte er, als sie gemeinsam die schwindelnden Höhen des Westwerks betrachteten. »Damals habe ich zum ersten Mal bemerkt, was für eine wunderschöne Stimme sie hat. Aber sie hat nur ganz selten gesungen. Eine Schande.« Seine Augen waren traurig.
    Laura verspürte einen Stich. Sie raffte die Röcke zusammen und lief auf die Treppe zu. Dabei scheuchte sie ein paar Tauben auf, die so plötzlich aufflogen, dass sie sich schützend die Hände vors Gesicht halten musste.
    Ich will nichts mehr von Marie hören, wollte sie ihm sagen. Er griff nach ihr und hielt sie fest.
    »Warum haben Sie das getan?«, fragte er ärgerlich.
    »Ich hatte Lust dazu«, antwortete sie möglichst unbefangen, erlaubte ihm jedoch kleinlaut, wieder ihren Arm zu nehmen.
    »Sie hätten sich verletzen können«, sagte er nun etwas sanfter, so als rügte er ein Kind. »Aber jetzt muss ich Ihnen noch eine Neuigkeit erzählen.« Seine Augen funkelten. Bitte nicht noch mehr von Marie, flehte sie stumm. Aber es war etwas ganz anderes. »Ich habe meinem Freund Ihre Geschichten gezeigt. Sie gefallen ihm. Er kann sie zwar nicht selber verlegen, weil sie nicht in sein Programm passen, sagte er. Aber er rät Ihnen, sie an Alfred Loseley von Ladies’ World zu schicken. Er glaubt, dass sie genau sein Stil sind, vor allem die mit den toten Blumen und der verzweifelten Frau.«
    Laura sah ihn an. War sprachlos. Freude und Angst wechselten sich in ihr ab. Ihre Geschichten gefielen einem richtigen Verleger! Aber was war, wenn dieser Loseley diese Meinung nicht teilte? Oder wenn doch, und er veröffentlichte sie? Was würden ihre Eltern dazu sagen? Nicht dass die beiden im Moment ihre Kraft daran verschwenden konnten, über etwas anderes als ihre eigenen Probleme nachzudenken.
    »Meinen Sie, ich soll sie tatsächlich an Mr. Loseley schicken?«
    »Natürlich.«
    »Ich werde darüber nachdenken«, antwortete sie. Dann lächelte sie ihn an. »Danke.«
    Lauras Eltern mochten tatsächlich zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt sein, um etwas vom Treiben ihrer Tochter mitzubekommen. Ihre Schwester jedoch nicht.
    Als Laura an diesem Nachmittag zu Hause eintraf, stellte sie fest, dass Harriet spontan zu Besuch gekommen war. Sie reichte Polly ihren Mantel und die Handschuhe und hörte Gelächter aus dem Salon. Zu ihrer großen Überraschung stellte sie fest, dass es von ihrer Mutter stammte. Sie spähte um die Ecke und sah Mrs. Brownlow auf dem Sofa sitzen. Im Schoß hielt sie Baby Arthur, der inzwischen vier Monate alt war und krähend vor Freude mit seinen speckigen Beinchen auf ihrem Schoß strampelte. Als Laura ins Zimmer kam, drehte er ihr den Kopf zu und verzog den kleinen Mund zu einem zahnlosen Lächeln.
    »Laura, wo warst du?«, fragte Harriet und kam auf sie zugelaufen, um sie zu umarmen.
    »Nur ein bisschen spazieren«, antwortete Laura ausweichend. »Ist Ida heute nicht da?«
    »Sie fühlt sich nicht wohl. Ich habe sie zu Polly in die Küche geschickt.«
    »Ich hoffe, sie ist nicht ernsthaft krank.« Alle schauten besorgt zu Arthur, der nun friedlich auf Theodoras Schoß saß.
    »Du solltest ihn auf jeden Fall vorerst von ihr fernhalten, Harriet«, riet Theodora. »Wo ist denn mein Süßer?«, flötete sie und lachte, als Arthur einen tiefen Seufzer ausstieß, der sich in ein Jammern verwandelte. Bald wurde klar, dass er Hunger hatte. Theodora machte sich auf den Weg zu Mrs. Jorkins, um sie zu bitten, eine Flasche Milch aufzuwärmen.
    Harriet lief im Zimmer umher und versuchte, ihren Sohn zu beruhigen. »Wo warst du, Laura?« Ihre

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