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Der Zauber des Engels

Der Zauber des Engels

Titel: Der Zauber des Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hore
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legte ich die Pflaster ins oberste Fach. Dabei stieß ich etwas um, eine kleine Holzschale. Ich versuchte, sie festzuhalten, aber es war zu spät: Der Inhalt rollte über den Fußboden.
    »Mist!« Ich ging in die Hocke. Etwas Glitzerndes erregte meine Aufmerksamkeit. Ich wusste sofort, was es war. Das Stück Glas, das ich Ben geschenkt hatte, als er damals bei uns in der Werkstatt gewesen war. Ich hielt es hoch und betrachtete fasziniert das schöne Pfauenblau.
    Unten erreichte die Nocturne das Finale. Dann war es still. Ich legte das Stück Glas wieder zurück in die Schale und hob die anderen Teile auf – ein paar Sicherheitsnadeln, der Deckel einer Zahnpastatube, eine Nagelschere, ein Uhrenarmband. Vorsichtig stellte ich die Schale in den Schrank zurück. Aber sie war irgendwie nicht gerade, und dann sah ich, dass sie mit einer Seite auf irgendetwas stand. Ich tastete ein wenig und zog zwei viereckige Stücke weiß bemaltes Glas von der Größe eines Kekses heraus. Mit zunehmender Erkenntnis betrachtete ich die beiden Teile. Eins hatte ein Muster. Ich drehte das andere um und schaute schockiert in ein Augenpaar. Es waren Raphaels Augen.
    Unten setzte unter Bens langen Fingern eine traurige Ballade von Chopin ein.
    Ewigkeiten, so schien es mir, stand ich im Bad und starrte auf die beiden Augen, die auf mich zurückstarrten. Meine Gedanken rasten. Dann schloss ich vorsichtig die Hand über ihnen, nahm auch das Stück blaues Glas und ging langsam nach unten.
    Ben saß im Lichtschein einer einzelnen Tischlampe, die Augen geschlossen, völlig versunken in der Musik. Ich sah, wie das Pflaster an seinem Daumen sich auf und ab bewegte, während er spielte. Das sanfte Licht dämpfte die harten Ecken des Notenständers und spiegelte sich auf den gerahmten Zeugnissen an der Wand. Ich lehnte mich gegen den Flügel. Ben spürte meine Anwesenheit, öffnete erstaunt die Augen, spielte jedoch weiter. Schließlich kam er zum Ende, und wir hörten zu, wie die letzten Töne verebbten.
    Ich zeigte ihm, was ich in der Hand hielt. »Die habe ich gefunden«, sagte ich. »Du hast sie mitgenommen, stimmt’s?«
    »Oh Gott«, antwortete er entsetzt, »das habe ich ganz vergessen. Fran, das ist ja schrecklich. Es tut mir wirklich leid.«
    »Ich verstehe das nicht.«
    »Es war damals, als ich bei euch im Laden war und du mir dieses schöne …«, ich holte das blaue Stück Glas hervor, »… ja, das.« Er nickte. »Für mich war das ein Zeichen, weißt du. Dass du mich gernhast.«
    »Das habe ich auch«, antwortete ich leise. »Aber die Augen? Warum? Wir hatten schon befürchtet, sie aus Versehen weggeworfen zu haben. Zac hat tagelang nach ihnen gesucht. Warum um alles in der Welt hast du sie einfach weggenommen? Ich verstehe das nicht. Du musst doch gewusst haben, dass sie wichtig sind.«
    Er senkte den Kopf, seine Füße scharrten an den Pedalen des Flügels. Er wirkte echt zerknirscht, das musste ich ihm zugestehen. »Keine Ahnung. Es sollte ein Art Spaß werden.« Er hob den Kopf und schaute mich an. »Damals war ich wütend auf das verdammte Fenster, und diese Augen sahen in dem Haufen Scherben so blöd aus, so höhnisch. Da habe ich sie einfach aufgehoben und … mitgenommen. Fran, es tut mir wirklich leid.«
    »Ben.« Ich suchte nach den passenden Worten. »Du hättest sie nicht einfach mitnehmen dürfen. Nicht mal zum Spaß.«
    »Ich weiß. Ich wollte sie auch nicht behalten, aber dann … ich hatte vergessen, wo ich die blöden Dinger hingeräumt hatte. Ich habe sie überall gesucht. Wo hast du sie denn her?«
    »Aus dem Badezimmerschrank.«
    »Ich kann mir gar nicht erklären, wie sie da hingekommen sind«, antwortete er knapp. »Echt zu blöd.«
    »Du hättest mir wenigstens sagen können, dass du sie hast«, hörte ich mich lamentieren. »Ach, was soll’s.« Dann zwang ich mich zu glauben, dass es nur ein Spaß werden sollte und keine böse Absicht war. Aber es gelang mir nicht. Und er tat so, als wäre es nur eine Belanglosigkeit.
    Ben stand auf, klappte den Deckel des Flügels zu und trat hinter mich. Er fing an, mir die Schultern zu massieren, presste sein Gesicht in mein Haar und flüsterte erneut, wie leid ihm alles täte. Unwillkürlich drängte ich mich an ihn.
    »Es war doch nur ein dummer kleiner Scherz, Liebling«, raunte er.
    Es war das erste Mal, dass er mich Darling nannte. Genau genommen hatte es noch nie zärtliche Worte zwischen uns gegeben. Und nun dieses »Liebling«. Aber vielleicht war es jetzt zu

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