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Der Zauber des Engels

Der Zauber des Engels

Titel: Der Zauber des Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hore
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löffelte.
    »Harriet ist sehr verärgert, dass sie ihr Lebensmittel gestohlen hat«, antwortete ihr Vater. »George möchte, dass sie sie entlässt. Ein solches Vergehen sei nicht zu dulden. Aber ich habe ihm einen Brief geschrieben und ihn gebeten, die Sache noch einmal zu überdenken. Kann man einem jungen Mädchen mit einem weichen Herz Vorwürfe machen, weil es seinem Vater gehorcht hat? Doch sicher nicht. Ich habe vorgeschlagen, es zu bestrafen, aber nicht ohne Referenz auf die Straße zu setzen. Ich hoffe, George wird Gnade vor Recht ergehen lassen.«
    »Ich hoffe es auch.« Laura seufzte. »Irgendetwas Gutes muss dieses ganze Elend doch haben.« Dass auch ihr eigenes Schicksal etwas Gutes haben könnte, konnte sie sich im Moment nicht vorstellen.
    Und noch während sie über all das nachdachte, machte Anthony Bond ihr zum dritten Mal einen Heiratsantrag. Im Hinblick auf das Wohl ihrer Familie und zermürbt von seiner Hartnäckigkeit, versprach Laura ihm zu Weihnachten eine Antwort.
    Mitte Oktober, als auf dem Platz die Blätter von den Bäumen zu fallen begannen, erhielt sie einen Brief von Philip.
    Seit unserem schmerzhaften Verlust ist ein Monat vergangen, und ich komme erst jetzt langsam wieder zur Besinnung. Ich muss Sie sehen, Laura.
    Aber sie hatte sich entschieden. Sie schrieb ihm zurück und teilte ihm mit, dass es das Beste für sie beide sei, wenn sie sich nicht mehr träfen.

36. KAPITEL
    Es ist nicht ungewöhnlich, dass Engel dann erscheinen, wenn Menschen an der Schwelle zum Tod stehen.
    Gary Kinnaman, Engel – Hell und Dunkel
    Nachdem ich den Brief meines Vaters gelesen hatte, ging ich jeden Tag ins Krankenhaus. Seit ich Dads Geschichte kannte und verstanden hatte, wie er mir gegenüber immer empfunden hatte, wollte ich so viel Zeit wie möglich mit ihm verbringen. Vielleicht ließ sich die Kluft des Schweigens zwischen uns, von der er geschrieben hatte, doch noch überwinden. Ich sagte ihm, dass Jeremy mir den Brief gezeigt habe und dass ich mir wünschte, mein Dad hätte nicht so viel vor mir verborgen, dass ich aber trotzdem froh sei, nun endlich alles zu wissen.
    Dabei war ich in Wahrheit völlig verwirrt. Ich war auch böse auf ihn, und je mehr ich darüber nachdachte, desto übler nahm ich ihm, dass er mein Leben beherrscht und mit seinen Geheimnissen und seinen Schuldgefühlen meine Kindheit belastet hatte. Aber er war nun ein hilfloser alter Mann, der im Sterben lag, und es erschien mir unangemessen, ihm Vorwürfe zu machen. Ich wurde immer frustrierter, dass wir nun, wo die Wahrheit endlich aufgedeckt war, unsere Gedanken und Gefühle nicht mehr austauschen konnten. Wir hatten die Gelegenheit verpasst, die Wunden unserer Vergangenheit zu heilen und uns auszusprechen. Am Ende konnte ich ihm nur aufmunternde Worte zuflüstern, ihm sagen, dass ich ihn liebte und ihm alles verzieh. Jeremy sagte, dass mehr nicht nötig sei, und ich nahm ihn beim Wort. Was hätte ich auch sonst tun sollen?
    Zac begleitete mich manchmal. Ich zeigte ihm Dads Brief, wenige Tage nachdem ich ihn von Jeremy bekommen hatte. Unter den misstrauischen Blicken Luzifers saßen wir in der Küche der Quentins, während er ihn las. Mit bestürzter Miene gab er ihn mir zurück. »Davon hatte ich keine Ahnung«, sagte er. »Dein Vater hat nie ein Wort darüber verloren.«
    »Ich bin so froh, dass er sich Jeremy anvertraut hat«, antwortete ich.
    Zac und ich waren bei Dad, als er starb. An einem Freitagmorgen in der zweiten Novemberwoche rief mich eine Schwester aus dem Hospiz an, um mich zu informieren, dass er immer schwächer würde. Ich benachrichtigte Zac und erklärte ihm, ich sei bereits auf dem Weg nach Dulwich.
    Wir verbrachten den ganzen Tag dort, und in jener schrecklichen Zeit des Wartens kamen mir immer wieder Passagen aus Der Traum des Gerontius in den Sinn. Dad würde vermutlich nicht mitbekommen, dass er starb. Aber wer wusste das schon so genau? Vielleicht spürte er doch unbewusst, wie er ins Licht und ins Freie hinüberglitt. Vielleicht spürte er unsere Anwesenheit; aber vielleicht hatte er uns auch bereits verlassen und befand sich in den Armen eines starken Engels, der ihn in die Ewigkeit forttrug.
    Ein Schatten draußen erregte meine Aufmerksamkeit. Ein Schwarm Wildgänse erhob sich mit lautem Geschnatter und Flügelschlagen, um die Reise in den Süden anzutreten. Als ich Dad erneut anschaute, sah ich, dass auch er nun fort war.
    Zac legte seine Hand auf meine, und ich lehnte mich an ihn und weinte.
    Am

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