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Der Zauber des Engels

Der Zauber des Engels

Titel: Der Zauber des Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hore
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seine Tochter, wagte aber nicht, ihn zu fragen.
    Irgendwann bot er mir jedenfalls an, uns bei den neuen Entwürfen für Minster Glass zu helfen, und ich nahm sein Angebot erfreut an.
    »Wenn es Zac wieder besser geht, musst du unbedingt mal zum Essen zu uns kommen«, sagte er. »Janie würde sich freuen.«
    Es dauerte sechs Tage, bis Zacs Temperatur wieder normal war, und nochmals ein paar Tage, bis er kräftig genug war, um im Bett zu sitzen. Aber er wirkte matt und niedergeschlagen und immer noch viel zu schwach, um etwas zu tun. Nicht mal lesen konnte er. Im Laufe der Zeit wurde er zunehmend stabiler, aber die Niedergeschlagenheit ging nicht weg.
    »Das sind die Nachwirkungen der Grippe«, versuchte ich, ihn aufzumuntern. »Es wird sicher bald besser.«
    »Vielleicht«, antwortete er seufzend, und ich fragte mich, ob etwas anderes dahintersteckte.
    Inzwischen war es für mich zur Gewohnheit geworden, jeden Tag mit dem Bus zu ihm zu fahren. Ich hatte ein Engagement bei einem Orchester, dessen Tuba-Spieler sich den Arm gebrochen hatte. Daher musste ich jeden Tag zur Probe und fuhr meist erst gegen Abend zu Zac.
    Einmal versuchte er gerade, etwas zu zeichnen, als ich kam. Als ich Interesse bekundete, schob er den Block schnell unter einen Topf mit Hyazinthen, den Janie ihm mitgebracht hatte.
    »Ich kann mich auf nichts konzentrieren«, beklagte er sich und gähnte, aber dann lächelte er plötzlich. Zu meinem Bedauern stellte ich fest, dass er endgültig auf dem Weg der Genesung war. Bald würde ich nicht mehr herkommen müssen, was mich irgendwie traurig stimmte.
    Um mir nichts anmerken zu lassen, ging ich in die Küche und räumte die Lebensmittel ein, die ich mitgebracht hatte. Durch das Fenster sah ich einer Möwe zu, die sich ziellos im Wind treiben ließ. Sie erinnerte mich ein bisschen an mich selbst. In meinem Leben hatte es so viele Veränderungen gegeben, dass ich jegliche Orientierung verloren hatte.
    »Wie läuft’s im Laden?«, fragte Zac, als ich ihm Tee brachte. Er rückte ein Stück, damit ich neben ihm auf dem Sofa Platz hatte. Es war ganz natürlich, mich an ihn zu lehnen, so wie ich mich damals an Ben gelehnt hatte. Wir waren einfach gute Freunde.
    »Die Renovierungsarbeiten beginnen nach Weihnachten«, sagte ich.
    Ich war gern mit ihm zusammen. Seine frühere Unbeholfenheit wertete ich inzwischen als Schüchternheit und als Sorge um meinen Vater.
    »Du hattest recht, was mich und Dad angeht«, sagte ich ein wenig traurig. »Ich war nicht oft genug bei ihm, oder? Du hast sicher gedacht, ich würde mich nicht für ihn interessieren.«
    »Er hat gewusst, dass du ihn liebst«, antwortete Zac und drückte meinen Arm. »Du hattest es schwer mit ihm. Er hat nie jemanden an sich herangelassen, oder?« Er nieste plötzlich und griff nach einem Papiertuch. »Ich fühle mich immer noch grässlich«, seufzte er.
    Er sah auch noch immer schrecklich aus. Seine Nase war geschwollen, die Haut fahl und grau, die Haare fettig und leblos.
    »Glaub mir, du wirst bald wieder ganz der Alte sein«, versprach ich ihm. »So, jetzt muss ich aber gehen. Ich habe heute Abend eine wichtige Probe. Morgen ist das Konzert, da kann ich leider nicht kommen.«
    »Ich werde dich vermissen«, sagte Zac. »Aber ich werde morgen mal versuchen, hier rauszukommen, notfalls auf allen vieren. Ich bin jetzt seit zehn Tagen in der Wohnung eingesperrt. Und noch was, Fran«, er hievte sich hoch, um mich zur Tür zu bringen, »sobald ich fit genug bin, werde ich dich zum Essen einladen. Nimmst du an?«
    »Na klar.« Ich wollte ihn umarmen, aber genau in diesem Moment nieste er wieder.
    Zur Abwechslung kam der Aufzug dieses Mal sofort. Bevor ich unten aussteigen konnte, drängte sich eine Horde furchterweckend aussehender Teenager hinein, sodass ich mir erst mühsam einen Weg hinausbahnen musste. Als ich danach instinktiv meine Handtasche überprüfte, stellte ich fest, dass ich noch immer Zacs Schlüssel bei mir hatte. Verdammt! Nun, ich würde jetzt nicht mehr nach oben fahren. Außerdem gefiel mir die Vorstellung, seinen Wohnungsschlüssel zu behalten.

38. KAPITEL
    O sprich noch einmal, holder Engel! Denn über meinem Haupt erscheinest du Der Nacht so glorreich, wie ein Flügelbote.
    William Shakespeare, Romeo und Julia
    »Das Generalvikariat hat sich nun endlich doch für unser Fenster entschieden«, rief Jeremy am letzten Samstag im November, hängte seinen Mantel auf und setzte sich zu uns an den Küchentisch. Er war im Pfarrbüro

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