Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Zauber des Engels

Der Zauber des Engels

Titel: Der Zauber des Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hore
Vom Netzwerk:
sie gesegnet würde.
    Am Nachmittag des St.-Luzia-Tages ging Laura zutiefst beunruhigt in die Kirche, denn sie wusste, dass sie Philip wiedersehen würde.
    Als sie mit ihrer Mutter und Mr. Bond das Gebäude betrat, sah sie, dass die hinteren Bankreihen von älteren Männern in Schwarz besetzt waren: Freunde und Bekannte von Mr. und Mrs. Fotherington, vermutete sie. Die Kirche war gut gefüllt. Bis auf die flackernden Kerzen war es winterlich dunkel.
    Zum eigentlichen Akt der Segnung wurden alle in die Marienkapelle gebeten. Aus der Menge hörte man überraschte Laute. Andächtig bewunderten die Besucher die anmutigen Gesichter von Maria und dem Jesuskind über dem Altar und betrachteten Raphael mit der zum Segen erhobenen Hand, der in dem schwachen Licht geheimnisvoll leuchtete.
    Laura hielt sich höflich zurück, als sich die Kirchenbesucher nach vorn drängten, um besser sehen zu können. In diesem Moment traf ihr Blick auf Philip, der etwas entfernt an die Kapellenwand gelehnt stand. Als er ihren Blick bemerkte, lächelte er.
    Das Kerzenlicht spiegelte sich in seinen Augen, brachte sein rotgoldenes Haar zum Glänzen. Seine blasse Haut schimmerte, was ihm die Aura eines Engels verlieh, eines Engels in Mantel und weißem Kragen. Dann verschwamm sein Gesicht in einem Tränenschleier, und sie musste wegschauen.
    Danach waren viele Leute da, die sie begrüßen musste – Menschen, die Caroline gekannt hatten, Freunde ihrer Eltern, Schulfreunde der Brownlow-Schwestern. Schließlich kam Mr. Bond, um sich zu verabschieden, weil er in sein Büro zurückmusste. Laura sprach mit Mrs. Fotheringtons Neffen, Mr. Jefferies, ein Mann mit klaren Ansichten, und seiner Tochter Prudence.
    »Ein ganz außerordentlicher junger Mann, Ihr Vater, Miss Brownlow«, sagte Mr. Jefferies. »Meine verstorbene Tante hat immer gut über ihn gesprochen. Und die Angelegenheit mit dem Fenster ist zu unserer Zufriedenheit vonstattengegangen. Sie werden feststellen, dass wir in Zukunft häufiger zum Beten kommen werden.«
    »Wir würden uns freuen, Sie zu sehen«, versicherte Anthony Bond.
    »Normalerweise besuchen wir St. Mary’s«, flüsterte Prudence Laura zu. »Aber ich fürchte, Papa hat an dem neuen Pfarrer Anstoß genommen.«
    »Verdirbt einem den Appetit mit seinen verfluchten liberalen Ansichten«, wetterte Jefferies. »Ich lasse mir doch nicht vorschreiben, was ich mit meinem schwerverdienten Geld zu machen habe.«
    »Oh Papa.« Besänftigend tätschelte Prudence seinen Arm. »Du tust nur deine christliche Pflicht. Hören Sie nicht auf ihn«, bat sie die anderen. »Mein Vater ist der freundlichste, großzügigste Mensch, den man sich vorstellen kann.«
    »Ich bin ganz sicher, dass Sie recht haben, Miss Jefferies«, antwortete Anthony ernst, aber mit funkelnden Augen.
    »Was soll ich mit ihr machen?«, fragte Jefferies mit freundlichem Gesichtsausdruck. »Seit dem Tod meiner Frau vor drei Jahren gibt sie mir Halt und Trost.«
    Prudence wurde rot. »Das ist eine leichte Aufgabe.«
    »Die Tugenden einer Frau«, sagte Anthony kopfschüttelnd. Und dann lächelte er Miss Jefferies so freundlich an, dass Laura auf einmal ein bisschen eifersüchtig wurde.
    Später sah sie zu, wie er sich verabschiedete und sich vor einer Gruppe kichernder Mädchen an der Tür steif verbeugte. Er war unglaublich ernst, fast langweilig, aber ihre Zuneigung zu ihm wuchs. Tag für Tag entdeckte sie neue Qualitäten an ihm. Sie wusste, wie loyal er in den dunkelsten Momenten ihrem Vater gegenüber gewesen war; wie hart er arbeitete, wie aufmerksam er ihr gegenüber war. Sesam und Lilien hieß eins der ersten Werke von John Ruskin, das er ihr geschenkt hatte. Sie hatte immer noch nicht den Mut gefasst, ihm das zu zeigen, was sie selbst geschrieben hatte, aus Angst, ihre eigenwilligen Frauenfiguren könnten ihn irritieren. Ebenso wenig hatte sie es gewagt, etwas davon an den Verleger des Magazins zu schicken, den Philip ihr genannt hatte. Ihre Familie brauchte im Augenblick weniger öffentliches Interesse, nicht noch mehr.
    Sie wollte nicht zugeben, dass sie sich nun, da Anthony fort war, befreiter fühlte. Die Jefferies unterhielten sich mit George und Harriet, und sie war eine Zeit lang allein. Aus den Augenwinkeln beobachtete sie Philip. Er war umgeben von Bewunderern, die Männer schüttelten ihm begeistert die Hand, die Frauen lächelten scheu.
    »Miss Brownlow! Ich bin froh, dass ich Sie gefunden habe.« Ihre Gedanken wurden unterbrochen, als Miss Badcoe auf sie

Weitere Kostenlose Bücher