Der Zauber des Faun (Gay Romantic Fantasy) (German Edition)
schon mal drin?", er wies in den schwarzen Gang hinein.
"Nicht weit", gab Angelo vorsichtig zu. Das stimmte nicht ganz, doch er wollte seinen Freund nicht von seinem Plan abschrecken.
"Dann weißt du auch nicht, ob er noch intakt ist", meinte Nicolas. "Niemand wird uns da finden, wenn wir in Gefahr geraten", gab er zu bedenken.
Angelo verzog verächtlich das Gesicht. "Bist du jetzt ein Feigling, Hauptmann de Vervier? Ich dachte, du wolltest dem Gefangenen helfen", forderte er ihn spöttisch heraus und entzündete die erste Fackel an der Kerze. Er drückte sie dem sprachlosen Franzosen in die Hand. Mit dieser Bemerkung hatte er Nicolas bei der Ehre gepackt. Nicolas nahm die zweite Fackel, und beide begaben sich in den endlos scheinenden Gang, der beständig bergauf führte zur Burg Codrea.
Unterwegs berichtete Angelo seinem Gefährten, was er alles noch in den Kirchenarchiven herausgefunden hatte. "Offenbar hatte der erste Burgherr panische Angst, durch den Wald zu reiten. Er fürchtete wohl so eine Art Rache nach der Gefangennahme des Fauns. Jedenfalls schlich er sich jeden Sonntag durch diesen Geheimgang zur Kirche, und genauso verschwand er wieder. Das sorgte natürlich für Gerüchte bei den einfachen Leuten, und man sprach sogar von einem Geisterfürsten und von ansteckenden Krankheiten. Natürlich war das Unsinn. Aber der Pfarrer damals musste versprechen, den Fürsten nicht zu verraten, Also hielt sich das Gerücht bis heute. Die Leute haben Angst vor den Codreas."
"Die sind also nicht sehr beliebt. Wundert mich überhaupt nicht", stellte Nicolas fest, der gebückt durch den Gang laufen musste, während der kleinere Angelo weniger Probleme hatte. Der kicherte jetzt wie ein kleiner Bub auf dem Jahrmarkt.
"So könnte man es nennen. Bis auf die Prinzessin Caralina wurde keiner von denen sehr gemocht. Sie war wohl die einzige, die sich überhaupt um die Bevölkerung gekümmert hat. Jetzt gärt es im Dorf, weil man das ganze Holz nach England verkaufen will. Im Wirtshaus redet man hinter vorgehaltener Hand, Fürst Codrea aus dem Land zu jagen. Aber das wird sich keiner trauen, denn die Burg gilt als uneinnehmbar."
"Hm", machte Nicolas nur. "Und die alten Legenden tun ihr übriges", ergänzte er.
"Es könnte allerdings sein, dass man die Fremden angreift", gab Angelo zu bedenken. "Und dann gibt es garantiert Krieg."
Nicolas schrak zusammen. "Was hast du gehört, Angelo?"
"Naja", kam es zögernd aus dem Mund des Zigeunerjungen. "Es kann natürlich nur das Gehabe von einigen Betrunkenen gewesen sein. Aber Vaslav, der Wirt, hat ihnen vorgeschlagen, die Engländer verschwinden zu lassen. Der hat immer so ein großes Mundwerk. Wenn der Vertrag England nicht erreicht, sagt er, werden auch die Wälder nicht abgeholzt."
"Das ist Unsinn. Fürst Codrea wird in seinem Tun nicht innehalten, egal, wer das Holz kauft. Der Mann ist wahnsinnig." Endlich hatte Nicolas das ausgesprochen, was er innerlich seit langem befürchtet hatte. Und sein Sohn vermutlich auch, ergänzte er in Gedanken. Ihn schauderte, als er daran dachte, wie sehr der Prinz ihn bedrängt hatte.
Angelo, der vor ihm herging, nickte. "Ja, die ganze Familie scheint nicht ganz normal zu sein. Mit Ausnahme der Prinzessin. Die hat es bestimmt nicht ausgehalten und ist weggelaufen. Ich würde auch niemand heiraten, den ich nicht liebe. Weder für meinen Vater noch für sonst wen. "
Unbeschwert plauderte Angelo weiter, doch seine Worte drangen längst nicht mehr an Nicolas Ohren. Dieser spürte, dass ihr Tun wichtig und richtig war, den wahren Herrscher dieser Wälder aus dem Kerker zu befreien. Nur Aurel kannte die Wahrheit und die Vergangenheit. Er konnte seine Heimat retten und damit auch das einfache Volk.
* * *
Nach etwa einer Stunde mehr oder weniger mühsamen Vorwärtskommens erreichten sie eine Wand mit grob behauenen Quadern. Zwischen den Steinen waren oben und unten runde, eiserne Halterungen angebracht, als wollte man Gefangene an ihnen anketten. Doch Angelo wusste sofort, was er zu tun hatte. Kurzerhand zog der kleine Spanier an zwei parallelen Ringen der unteren Halterungen, als wollte er sie aus den Steinen reißen.
Offenbar ist er diesen Weg schon einmal ohne mich gegangen, ohne mir die Wahrheit zu sagen, dachte Nicolas und wusste nicht, ob er darüber enttäuscht sein sollte. Hatte Angelo wirklich gedacht, er würde kneifen?
In der Mitte der Wand sprang erneut ein Mechanismus auf, und
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