Der Zauber eines fruehen Morgens
Schwierigkeiten haben mich abgehalten, sondern die Befürchtung, dass du mich vielleicht nicht sehen willst.«
Sie hatte das Gefühl, in die Enge getrieben zu werden. Versuchte er, sie dazu zu bringen, ihre Gefühle für ihn einzugestehen? Die einfachste Lösung wäre gewesen, ihm zu sagen, dass sie ihn tatsächlich nicht sehen wollte, aber das brachte sie nicht über die Lippen.
»Ich hatte nicht erwartet, Will noch einmal zu begegnen«, fuhr er fort. »Doch das Schicksal hat sich eingemischt, als ich zu dem Depot geschickt wurde, das er verwaltet. Als er mir erzählte, wie sehr dich Mirandas Tod mitgenommen hat, hatte ich das Gefühl, du könntest einen alten Freund gebrauchen. Aber vielleicht sollte ich lieber gehen, wenn dich mein Besuch verunsichert.«
»Du hast mich schon bei deinem letzten Besuch verunsichert«, sagte sie. »Warum?«
»Warum ich dich besuche? Oder warum ich dich verunsichere?«, entgegnete er. Seine klaren blauen Augen schienen direkt in ihreSeele zu sehen. »Ich komme, weil ich nicht anders kann. Die andere Frage kannst nur du selbst beantworten.«
»Warum bist du dann nicht nach England gekommen, um mich zu sehen, nachdem ich Frankreich verlassen hatte?«, brach es aus ihr heraus. »Du musst doch gewusst haben, wie sehr ich darauf gehofft habe.«
Er stieß einen tiefen Seufzer aus. »Ich dachte, dass du Zeit brauchst, um über all das hinwegzukommen.«
»Der eine Brief, den du mir geschrieben hast, hätte von einem Onkel sein können, der sich nach meinem Befinden erkundigt«, rief sie empört.
Er stand auf, trat zu ihr und nahm ihre Hände. »Ich habe dir doch gesagt, dass ich auf Englisch nicht gut schreiben kann«, erinnerte er sie. »Dein Brief war voll mit Jimmy hier und Jimmy da, und noch dazu habt ihr unter einem Dach gelebt. Noah hat mir geschrieben, ihr zwei würdet höchstwahrscheinlich heiraten. Ich wollte, dass du glücklich wirst, und hielt es für das Beste, aus deinem Leben zu verschwinden.«
»Wie konnte ich dir sagen, was ich für dich empfinde, wenn du mich nie auch nur im Geringsten ermutigt hast, in dir etwas anderes als einen guten Freund zu sehen?«, fragte sie. Dass er ihr so nahe war und ihre Hände hielt, ließ sie zittern.
»Hals über Kopf nach Paris zu kommen, um dich zu retten, und in deiner Nähe zu bleiben, bis du dich erholt hattest, war nicht Beweis genug, wie es um meine Gefühle steht?«, gab er zurück. »Nach allem, was du durchgemacht hattest, habe ich mich nicht einmal getraut, dich zu küssen.« Er nahm ihr Gesicht in beide Hände und küsste sie.
Es war ein unglaublich sanfter und zarter Kuss, der gerade lange genug dauerte, um ihr Herz schneller schlagen zu lassen.
»Ich bin verheiratet«, sagte sie, wich aber nicht zurück, und sie wusste, dass sie nicht entrüstet klang.
»Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt, heißt es.« Sein Lächeln war spitzbübisch und jungenhaft. »Wir wissen alle nicht, obwir diesen Krieg überleben. Ich möchte nicht sterben, ohne dir gesagt zu haben, was ich für dich empfinde.«
»Also ehrlich!« Jetzt war sie wirklich empört. »Du glaubst wohl, du brauchst nur herzukommen, damit ich dir in die Arme falle, weil ich ohne meine Freundin einsam bin und Jimmy an der Front ist? Na schön, da liegst du falsch. Du hattest in Paris deine Chance, über deine wahren Gefühle zu sprechen.«
»Wärst du bei mir geblieben, wenn ich es getan hätte?«
Belle rief sich die letzten Minuten mit ihm im Gare du Nord in Erinnerung, das fast schmerzhafte Verlangen nach ihm. »Im Bahnhof habe ich dich gebeten, etwas auf Französisch zu mir zu sagen. Ich habe nicht verstanden, was du gesagt hast, aber ›Ich liebe dich‹ war es nicht.«
»Ich habe gesagt, dass ich durch Feuer und Wasser gehen und jeder Gefahr trotzen würde, um bei dir zu sein«, antwortete er und sah ihr in die Augen. »Wenn das nicht heißt, dass ich dich liebe, was dann? All das würde ich immer noch tun. Ich nehme sogar deinen Unwillen in Kauf, weil ich dich, eine verheiratete Frau, hier besuche.«
Tränen stiegen in Belles Augen. Sie fühlte sich, als würde etwas in ihrem Inneren schmelzen, und obwohl sie wusste, dass es besser gewesen wäre zu gehen, brachte sie es nicht übers Herz.
Er hob seine Hand und wischte schweigend mit dem Daumen ihre Tränen weg, dann senkte er den Mund auf ihren und küsste sie so, wie sie es sich damals in Paris erhofft hatte.
Ihre Arme schlangen sich wie von selbst um ihn. Seine Zunge liebkoste ihre, sein Körper
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