Der Zauber eines fruehen Morgens
»Wie lange hast du schon Wehen?«
Der Schmerz ließ lange genug nach, dass Belle es ihr sagen konnte, und während Mog zuhörte, zündete sie das Gaslicht an der Wand an, nahm ein sauberes Laken aus einer Truhe und schob es unter Belle.
»Ich gehe Garth wecken, damit er den Doktor holen kann«, sagte sie, trotz dieser Krise gefasst. »Dann ziehe ich mich schnell an und komme gleich wieder. Halt durch, es dauert nicht lange!«
Belle nahm vage wahr, dass Garth draußen auf dem Treppenabsatz mit Mog sprach, und hörte seine schweren Schritte auf den Stufen und das Zuschlagen der Haustür. Kurz darauf kam Mog mit einem Krug heißem Wasser und ein paar Handtüchern zu ihr.
»Ich könnte diesen Bastard, der dir das angetan hat, eigenhändig aufknüpfen«, sagte sie, während sie Belles Gesicht und Hände mit einem Flanelllappen wusch. »Aber im Moment müssen wir zusehen, dass wir das gemeinsam durchstehen.«
Die Wehen, eine stärker als die vorhergehende, kamen und gingen in immer kürzeren Abständen. Mog hielt Belles Hand, tupfte ihr das Gesicht mit kaltem Wasser ab und versicherte ihr, dass der Doktor bald da sein würde.
Belle konnte nichts erwidern, weil sie sich zwischen den einzelnen Wehen für die nächste wappnete, und wenn sie kam, dann war es eine einzige grauenhafte Tortur, an der Belle zu sterben glaubte.
Dr. Towle traf ein, als das Baby gerade aus ihr herausglitt. Belle sah, wie Mog ihr Gesicht in den Händen verbarg, als der Arzt die Bettdecke zurückschlug, und obwohl Belle nicht sehen konnte, was Mog sah, spürte sie etwas Warmes, Glitschiges zwischen ihren Beinen, gefolgt von Flüssigkeit.
Von da an wurde alles vage und verschwommen. Das Nächste, was sie mitbekam, war, dass der Arzt mit seinem Stethoskop ihr Herz abhorchte.
»Es tut mir so leid, Mrs. Reilly«, sagte er. »Ich hatte so sehr gehofft, dass die Verletzungen, die Ihnen beigebracht wurden, nicht zu einer Fehlgeburt führen würden, doch in diesen Dingen sind uns leider die Hände gebunden.«
Sie musste nicht fragen, ob das Baby tot war; es hatte keine Chance gehabt. »War es ein Junge oder ein Mädchen?«, brachte sie heraus.
»Ein Mädchen, aber viel zu klein, um zu atmen«, antwortete er mit brüchiger Stimme.
Jimmy hatte auf ein Mädchen gehofft; er hatte es Florence nennen wollen. Tränen strömten unaufhaltsam über Belles Gesicht. Sie fühlte sich, als wäre ihr alles genommen worden.
»Mrs. Franklin und ich werden Sie jetzt reinigen, und dann bekommen Sie etwas, damit Sie ein bisschen schlafen können«, sagte der Arzt und fühlte ihren Puls. »Ich wünschte, es läge in meiner Macht, auch etwas gegen Ihren Kummer zu unternehmen, doch ich fürchte, diesen Verlust kann nur die Zeit heilen.«
Belle spürte, wie neuerlich ein Schwall Blut aus ihr herausströmte, und schloss die Augen, um nicht das Entsetzen auf Mogs gütigem Gesicht zu sehen.
Es war zehn Uhr morgens, als Mog Dr. Towle nach unten begleitete, um ihn zur Tür zu bringen. Beide taumelten vor Erschöpfung. Mogs weiße Schürze war mit Blutflecken übersät, und der Doktor war weit entfernt von seinem üblichen untadeligen Aussehen, da er dunkle Bartstoppeln auf dem Kinn und rot geränderte Augen hatte.
Der Himmel war tiefgrau, und es war sehr kalt. Sie konnten hören, wie Garth Fässer in den Keller schleppte, weil er die Tür offen gelassen hatte.
»Wird sie wieder gesund?«, fragte Mog ängstlich. Belle hatte ungeheuer viel Blut verloren, und einmal hatte es fast so ausgesehen, als würden sie sie verlieren. Aber der Arzt hatte sie fest mit Gaze verbunden, und alles Weitere lag in Gottes Hand.
»Sie ist jung und stark«, sagte Dr. Towle mit einem tiefen Seufzer, als kostete es ihn Mühe, etwas Positives zu äußern. »Wenn sie die nächsten vierundzwanzig Stunden ohne weitere Blutung übersteht und es zu keiner Infektion kommt, denke ich, dass sie sich vollständig erholen wird. Ich werde veranlassen, dass eine Krankenschwester kommt, um sie zu pflegen. Sie leisten Großartiges, Mrs. Franklin, doch Sie sind erschöpft, und Belle braucht spezielle Pflege.«
Mog nickte. »Was immer am besten für sie ist. Ich könnte es nicht ertragen, sie zu verlieren.«
»Sind Sie Ihre Tante?«, fragte er und sah sie neugierig an. Er wusste, dass Mr. Franklin Jimmy Reillys Onkel war, aber er hatte die tiefe Liebe dieser Frau zu seiner Patientin gespürt, die weit stärker zu sein schien, als man es von einer angeheirateten Verwandten erwarten konnte.
»Ich war die
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